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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Chronik des Bayer. Kunsgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0267

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Lhronik des Bayer.

Natur kann uns helfen", ein Grundsatz, auf dem sich die Schule
der Naturalisten aufbaute. Die Beleuchtungsprobleme bildeten in
dieser Schule einen ksauptgegenstand des Studiums; während aber
die Italiener das Licht meist nur als f o r m bildendes Element
verwendeten, sucht Elsheimer das Licht als raum bildendes
Element zu verwerten. Seine Werke zeigen gerade in der
Lichtbehandlung unverkennbar den Vorläufer Remdrandts, der
den deutschen Meister durch seine Lehrer Swanenburgh und
Pieter Lastman kannte. Rembrandt selbst ist immer uner-
müdlich in der Erfindung neuer Lichtprobleme, bei welchen er
die Lichtquelle bald im Bilde selbst (durch eine Kulisse versteckt)
anbringt, bald darüber ganz im unklaren läßt, bald ungünstige
Schatten einfach verleugnet, bald überhaupt nur mit einem
idealen Lichte arbeitet, bald Lichtzentren annimmt, wo er sie
eben brauchte. Im Helldunkel hat weder vor ihm, noch
nach ihm einer ein solches Geschick erreicht. Zahlreiche Licht-
bilder nach Werken von Elsheimer, Honthorst Rembrandt, be-
stätigten die Worte des Redners, der reichen Beifall erntete.

(Elfter Abend — den ;s. Februar — Vortrag des Schiffs-
offiziers Kränzlin vom Norddeutschen Lloyd über Werft und
Bau eines modernen Gzeandamxfers. Als Einleitung erinnerte
der Vortragende daran, daß zu der Zeit, da die Dampfergesell-
schasten der Hamburg-Amerika-Liuie und des Norddeutschen
Lloyd gegründet wurden (i8-t? und ;85S) die Schiffe im Aus-
land gebaut werden mußten; die „Lahn" war das erste Schiff,
das regelmäßige Fahrten machte und zur Postbeförderung benutzt
wurde. Die Ausstattung der Schiffe in bezug auf Schönheit,
Bequemlichkeit und erhöhte Sicherheit wurde mehr und mehr
gesteigert; die konstruktive Durchbildung der Schiffe des Nord-
deutschen Lloyd ist derart, daß im Kriegsfälle diese Schiffe der
Kaiserlichen Marine zur Verfügung gestellt und armiert werden
können. Die deutschen Wersten sind den englischen durchaus
ebenbürtig, ja in mancher Hinsicht überlegen, nachdem der Nord-
deutsche Lloyd eine (auch der Konkurrenz zugängliche) Modell-
versuchsstation eingerichtet, in welcher die im Maßstab ; : ;oo
ausgeführten Schiffsmodelle von Ingenieuren im Wasser auf
ihre Tauglichkeit geprüft werden. Die während des Vortrags
gezeigten Lichtbilder ließen binnen eines Stündchens von dem
allmählichen Entstehen des Schiffes und namentlich von der
Inneneinrichtung mehr beobachten als dem Reisenden während
einer ganzen Dzeanfahrt gewährt werden kann. In der Aus-
stattung der Kabinen rc. sind in den letzten 20. Jahren außer-
ordentliche Änderungen vor sich gegangen, indem besonders der
Norddeutsche Lloyd sich bemühte, durch Wettbewerbe und direkten
Auftrag künstlerische Kräfte ersten Ranges — wie Rich. Riemer-
schmid, Bruno Paul u. a. zur Mitarbeit heranzuziehen. Die
deutschen Passagierschiffe erfüllen damit eine künstlerisch und
wirtschaftlich bedeutsame Aufgabe, indem sie gerade den zahlungs-
fähigeren internationalen Kreisen von der Schönheit und der
Solidität deutscher Arbeit eine deutliche Vorstellung geben. Nicht
zuletzt aus diesem Grund errang der Vortrag den ungeteilten
Dank der Zuhörerschaft, der sich in lebhaftem Beifall kundgab.

Außerordentliche Generalversammlung, Freitag den
2;. Februar.

Die Tagesordnung dieser Generalversammlung umschloß
nur den einen Punkt, Ernennung eines Ehrenmitgliedes; und
da man wußte, daß in diesen Tagen Gberbürgermeister Dr. v.
Borscht sein 2S jähriges Amtsjubiläum begehen werde, konnte
kein Zweifel sein, um wen es sich dabei handle. Der Vorsitzende,

Kunstgewerbevereins.

Prof. Pfeifer eröffnete die Versammlung, stellte die ordnungs-
mäßige Einberufung fest und wandte sich — nachdem Bildhauer
Ferd. Hauser zum Beisitzer gewählt worden war — mit einer
Ansprache au die Versammelten, indem er zunächst betonte, daß
der Kunstgewerbeverein zu unserem Gberbürgermeister noch
mehr Beziehungen als dis eines langjährigen Mieters dem
wohlwollenden Hausherrn gegenüber habe. Kurz bevor vr. v.
Borscht berufen wurde, die Leitung der Stadtgemeinde mit zu
übernehmen, stand er in regster Arbeitsgemeinschaft mit dem
Verein, denn er war damals Bureauchef für die zweite deutsch-
nationale Kunstgewerbe-Ausstellung, und es war von großer
Bedeutung, daß mit ihm ein Mann an die Spitze unseres Ge.
meinwesens trat, der engste Fühlung mit der führenden Münchner
Künstlerschaft hatte und selbst ein warmes Gefühl für alle Arten
der Kunst init in seine Stellung übernahm. Wir wissen, daß
künstlerisch zwingende Ideen sich durchringen, aber es ist ein
großes Glück für eine Stadt, wenn in ihr den Künsten der
Boden geebnet wird. In dieser Hinsicht haben wir unserem
Gberbürgermeister sehr viel zu danken auf dem ganzen Gebiete
künstlerischer Kulturtätigkeit in unserer Stadt während des
letzten Vierteljahrhunderts.

Wir wissen alle, wie sehr das Kunstgewerbe von dem all-
gemeinen künstlerischen Niveau abhängt; diesem entsprechend
hat es die Zeit der Gärung, als der neue Stil einsetzte, relativ
schnell und im günstigen Sinne überwunden, von großer Be-
deutung für uns waren die Ausstellungen von ty08 und \l){2
und die Zwischenausstellung von t9;o. Die außerordentlich
günstigen Abschlüsse der beiden erstgenannten Ausstellungen
sind neben der verdienstvollen Tätigkeit des Herrn Kommerzien-
rats Bühler auch darauf zurückzuführen, daß Gberbürgermeister
v. Borscht die Wege dazu geebnet hat; ihm ist zum großen
Teil die Schaffung des ganzen Ausstellungsgeländes zu danken
und auch die Beseitigung der kolossalen Schwierigkeiten, die der
ersten Ausstellung in künstlerischen wie in finanziellen Fragen
entgegentraten. Der große Überschuß der letzten Ausstellung
ist auch unserem Verein in erfreulicher weise zugute gekommen.
Es ist eine Daukespflicht, daß wir unserem Gberbürgermeister
zu seinem Iubiläumstage eine besondere Ehrung zuteil werden
lassen, und darum beantragt der Ausschuß, ihn zum Ehren-
mitglied des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu ernennen.

Der Antrag wurde ohne Debatte einstimmig unter lautem
Beifall der Versammlung angenommen.

Line Abordnung hat am darauffolgenden vormittag den
Gberbürgermeister von diesem Beschluß in Kenntnis gesetzt und
ihm die Glückwünsche des Vereins überbracht. Die Urkunde für
die Ehrenmitgliedschaft wird in einem originellen kunstgewerb-
lichen Schaustück bestehen, dessen Modell-Skizze, von den Herren
Düll und Pezold gefertigt, erkennen läßt, daß es eine reizvolle,
unserer Kunststadt und ihres kunstsinnigen Gberhauptes würdige
Gabe sein wird.

Programm für die kehlen (Wochenversammkungen.

Die Versammlungen finden jeden Dienstag abends 81li Uhr
im Festsaal des Kuustgewerbehauses statt.

April: Vortrag von Prof. Vr. M. Halm: Thema noch
unbestimmt.

8. April: Gesellige Zusammenkunft.

; 5. April: Grdentliche Generalversammlung.

2;. April: Lehrlingsxreisverteilung und Schlußfeier.

Verantrv. Red. — ausgenommen Anzeigeteil: — Prof. £. G meli n. — Herausgegeben von: Bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck und Verlag von

R. V l d e n b 0 u r g, München.
 
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