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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Beilage zu Heft 3: Ansprache von F. von Thiersch gehalten bei der Gedenkfeier für Weiland Prinzregent Luitpold von Bayern
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0105

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Deshalb ist es auch eine Ehrenpflicht und ein Herzenswunsch des bayerischen
Kunstgewerbevereins, der Trauer um den Eingang seines ehrwürdigen und geliebten
Protektors einen gebührenden Ausdruck zu verleihen.

Kunst und Kunstgewerbe sind in München so eng verwachsen, daß das Wohl
und Wehe des einen Standes in dem des anderen begründet ist. Auch dieser beschei-
dene Saal ist ein Abbild dieser Zusammengehörigkeit; sehen wir doch die Künstler-
hände unseres verewigten Gedon, eines A. Kaulbach, eines Ferdinand von Miller
und noch manches anderen vereinigt.

Galt auch die rein persönliche Teilnahme unseres verewigten Regenten vor-
wiegend der freien Kunst, so war er doch von gleichem Wohlwollen auch für die
angewandte beseelt.

In den Akten unseres Vereins findet sich die Urkunde vom 25. Juli H886,
mit welcher unser verewigter Regent das Protektorat des Vereins übernommen hat
und welche wohl würdig ist, ihrem Hauptinhalt nach in unser Gedächtnis zurück-
gerufen zu werden. Sie ist der Ausdruck der Freude über die an den Regenten
gerichtete Bitte um Übernahme des Protektorats des Bayerischen Kunstgewerbe-
vereins, die es mit den Worten gewährt:

Indem ich dieser Bitte hiemit willfahre, gebe ich auch zugleich gerne meinen
aufrichtigen Wünschen für das fortschreitende Gedeihen des so ersprießlich wir-
kenden Vereines Ausdruck.

Möge das bayerische Kunstgewerbe sich steter Blüte erfreuen und möge ins-
besondere München, wo dasselbe unter der Mitwirkung trefflicher Meister zu so
hoher Entfaltung gelangt ist, allezeit den hervorragenden Ruf bewahren, den
es sich zu meiner Freude, auch in diesem Zweige künstlerischer Tätigkeit er-
rungen hat.

Das starke Interesse und die feine Beobachtung bei allen Dingen in Kunst
und Gewerbe war ein Erbstück der Dynastie, und Prinzregent Luitpold war sich der
Pflicht vollkommen bewußt, das Erbe der Kulturpflege hochzuhalten, welches ihm
der Schöpfer der neuen Kunststadt München, sein Vater König Ludwig I., hinter-
lassen hatte. Dadurch fühlte er sich der Kunst und den Gewerben in gewissem Sinne
nahe verwandt, ja wahrhaft befreundet.

Mit heiligem Eifer wachte er auch darüber, daß die Schöpfungen seines hoch-
feligen Vaters in Ehren gehalten wurden, und wir alle wollen von Perzen hoffen,
daß dieser treue Bewahrersinn unserem perrscherhaus erhalten bleibe, ohne daß
dadurch die pflege von Kunst und Gewerbe unserer Zeit Not leidet.

Der verstorbene Prof. Furtwängler hatte einmal die Idee, die Bauten unseres
Königsplatzes mit Pallen zu verbinden und darin auch das Gipsmuseum unter-
zubringen. Als er mit Prof. Bühlmann die Pläne bei den: verewigten Regenten
vorlegte, da wußte dieser in freundlicher Art das Projekt zu verabschieden mit den
Worten: Wir wollen es doch lieber beim alten lasten, denn mein sel. Vater hat es
besser verstanden, als wir drei miteinander.

Der feine Sinn und die Weisheit des Regenten bekundete sich auch darin,
daß er mit seinem persönlichen Urteil über Kunst und Gewerbe niemals schroff
an die «Öffentlichkeit trat, daß er auch die Arbeit des bescheidenen Mannes, des
 
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