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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Braun, Irene: Textilkünste auf der Gewerbeschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0178

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Textilkünste auf der Gewerbeschau.

iit/

5um Ausgleich für die
Zeit des Jugendstils,
der uns fast nur
Stengel bescheerte?

Den Wuchs einer

Pflanze zu zeigen, den feinen Kräften nach-
zugehen, die ihren Aufbau bedingen, wie
dies Obrist so wundervoll verstanden hat,

— das schickt sich heute nicht mehr.

Mancher, der früher im engeren Anschluß an die
Natur Brauchbares geleistet hat, entgleist heute, weil
er, der Mode folgend, „aus der Tiefe seines Gemüts"
komponiert. Nielleicht kommt einmal einer unsrer
Führenden ans die Idee, das Pflanzenornament wieder
zu erlauben; dann wird vielen geholfen fein und
weniger gezwungen originelles Ornament entstehen.

Der neue Schul-
zeichenunterricht hat erst
das Pflanzenstilisieren
stark begünstigt; durch
die neuesten Lehrpläne
für Volks- und Ulitte!
schulen ist es wieder so
ziemlich ausgeschaltet, und
das Musterentwerfen, das
in Mädchenschulen einen
großen Raum einnimmt,
mehr auf geometrische
Grundlagen gestellt. Die
Folge ist, daß die Kinder,
die doch eine natürliche
Freude an Blumen und
Pflanzen haben, sich lang-
weilen, und die Resultate
selten amüsant ansfallen.

282. Gürtel; von Marie tjels. Gben beginnend: au.b
kastanienbraune Seide; a mit länglichen roten und runden
violetten bsolzperlcn; d mit runden hell- und dunkelblauen
Holzperlen; c grau, mit grünen und grauen Holzperlen;
6 dunkelgelbe Seide, in der Mitte hell gelbgrün, außen graue
Perlen. (Vs d. wirkl. Größe).

Freie Forntphantasie
ist nicht jedem ge-
geben unter kleinen
Leuten so wenig wie
unter den großen;
iin schulpflichtigen Alter ist sie noch wenig
entwickelt. Selbständige Arbeit ist also
nur von einzelnen zu erwarten, und der
Einwirkung des Lehrers bleibt zuviel
überlassen. Man hört in Lehrerkreisen öfter über
diese Beschränkung klagen; vielleicht stehen wir noch
nicht am Ende der Reform des Zeichenunterrichts.

Dies gehört scheinbar nicht hierher, aber die
Schule mit ihrer vermehrten pflege des Zeichnens
und Malens legt doch den Grund zu späterer Be-
tätigung. Es ist erstaunlich, mit wieviel „erblicher

Belastung", mit wievie
Neigung zu kleinlicher,
überladener Verzierung
die jungen Mädchen schon
in die ersten Zeichenklassen
kommen, wie schwer es
hält, ihnen die Schönheit
einfacher Dekoration klar
zu machen. Wenn es
gelingt — und es sind
viele tüchtige Kräfte mit
gutem Willen am Werk

— so werden die Mäd-
chen künftig weder ge-
schmacklose Dinge sticken,
noch solche kaufen, und
damit wäre viel gewonnen

— im Sinne der Ge-
werbeschau.

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