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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Segmiller, Ludwig: Der Fingerring
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0197

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Der Fingerring.

2gy.

299—302. Ägyptische Fingerringe.

299. Siegelring mit gravierter Metallplatte (Beginn
der ;8. Dynastie). — 300 bis 302. Skarabäen an
Ringen mit goldenen Bügeln. (300. Skarab: grauer
durchsichtiger Stein. — 30;. brauner durchsichtiger
Stein.) — 302. Skarabäus aus Gold.

302.

Der Grund für das Fehlen des Siegelringes ist
darin zu suchen, daß der prähistorische Bewohner des
Nillandes eine Siegelperle am Halsschmuck trug. In
der Übergangszeit zum mittleren Reich gebrauchte
nian den Knopf an der Gewandung als Siegel.
Diesen ersetzte in: mittleren Reich eine kleine Stein-
plastik des Mistkäfers, der sogenannte Skarabäus
siehe Abbildungen 300—302). Solche Skarabäen be-
festigte man in der Frühzeit vernrittelst einer Schnur,
später an einem Draht, der durch den durchlochten
Skarabäus ging, am Finger. Alsdann wurde, um
ein Verrutschen des Steines hintanzuhalten, der Draht
links und rechts desselben umwickelt. Der nächste
Schritt der Entwicklung bestand darin, daß man den
Ringbügel verdickte (in Silber oder Blaßgold) und
in Ösen auslaufen ließ, durch welche ein den Skara-
bäus oder eine Platte haltender Draht gezogen wurde
(Abb. 299). Um etwaiges Absplittern zu vermeiden,
traten als Schutz seitliche Platten ein. So verfuhr
man etwa seit der \5. Dynastie. Eigentliche Siegel-
ringe mit gravierter Metallplatte und einem festen
Bügel treten zu Beginn der s8. Dynastie auf (siehe
Ring mit Löwe), jedoch scheinen wirkliche Siegelringe
auf Einsiüsse der mykenischeu Kultur hinzuweisen.
Bei Perstellung derselben goß man Siegelplatte und
Bügel besonders und verband sie durch zwei Nähte.
Es kam aber (nach Vernier) auch vor, daß eine runde
Platte, deren Mitte man ausbohrte, geschmiedet wurde.
Endlich goß man den Ring in einem Stück in drei-
teiliger Form.

Zn Nubien, im Goldschatz von Meroe fand sich
eine höchst eigentümliche Art von Ringen, der Platten-
oder Schildring, wie er von anderer Seite bezeichnet
wird. Ein einfacher, manchmal geschmackvoll ver-
zierter Ring umschließt den Finger. Daran ist dann,
in einem Gelenk befestigt, eine reich mit Glasfluß und
Mrnamentik, zum Teil in Pochrelief (Widderkopf)
gezierte Platte angebracht, die oft drei Finger bedeckt.
Außer diesen eigenartigen Plattenringen fand in dieser

ägyptisch-hellenistischen Zeit auch die Perstellung von
Siegelringen statt. Es gibt sogar Ringe, welche Fay-
encesiegelplatten von einer Länge bis zu 8 cm besitzen.

Der frühgriechische Zeitabschnitt bringt vor allem
einen Typus hervor, von dem wir fünf Abbildungen
aus Mykenä aufnahmen, die rund dem 3. bzw. 2.Jahr-
tausend v. Thr. angehören (Abb. 298). Das zumeist
große, länglich-ovale Mittelstück zeigt in strenger,
wundervoller Stilisierung Kriegs- und Jagd-, auch
Gpferszenen. Päufig erscheint ein säulengestütztes Ge-
rät als Gpfertisch, Pflanzenständer oder Gitter um
den unteren Teil des Lebensbaumes. Der Bügel (Reif)
der Ringe ist rund, jedoch so klein, daß man fast zur
Vermutung berechtigt ist, sie seien am oberen Finger-
glied getragen worden *). Zm allgemeinen war der
Grieche mit dem Ringschmuck, wie mit Schmuck über-
haupt, zurückhaltend. Ringe kommen aber vor, meist
mit Kameen und Amulettsteinen geschmückt. Nach
den Perserkriegen bürgerten sie sich mehr ein; Siegel-
ringe sind nicht selten und die Steinschneidekunst er-
lebte eine Blütezeit (6. Zahrh.). Die Frauen trugen
fast nur in den Kolonien Ringe. Der Goldring ist
kräftig gehalten, aber in der Regel hohl geformt und
mit parz ausgegossen; eine Ausnahme bildet der aus
massivem Gold gefertigte Ring mit dem tanzenden
Dyonis (Abb. 303).

Die etruskischen Edelschmiede bedienten Männer
und Frauen, die sich alle Finger beider pände schmück-
ten, ausgenommen den Mittelfinger. Es ist nicht
selten, daß auch der Daumen mit deni Ring geziert
wurde. Auch erscheint dieser sowohl an der Finger-
wurzel wie ain Mittelglied. Die in Frage stehenden
Arbeiten zeichnen sich ebenso wie die übrigen Schmuck-
stücke Etruriens durch geschickte Montierung mit

9 Alle Abbildungen sind nach Briginalen hergestellt, die sich
im Museum der Großh. Runstgewerbeschule in Pforzheim be-
finden, ausgenommen die mykenischen Ringe, die nach ebenda
befindlichen Nachbildungen der Geislinger Metallwarenfabrik
aufgenomme» wurden.
 
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