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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Chronik des Bayer. Kunsgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0227

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

H\2. Lüster aus versilbertem Messing; nach Entwurf von
Brüder Ludwig ausgeführt von Steinicken 6: Lohr.

(Vio d. wirkt. Größe.)

gaben lehrreiche Beispiele daraus, wie auch von den bisweilen
überaus malerischen Landschaften.

siebenter Abend — den Januar — Vortrag von
Dr. Rich. Paulus über „die Karmeliterkirche in München". Der
Gegenstand des Vortrags war wohl den meisten Zuhörern wenig
bekannt, so nahe er auch — im buchstäblichem Sinn — den Vereins-
besuchern liegt; ja es werden gar manche Vereinsmitglieder
kaum geahnt haben, daß es sich um einen Bau handelt, der
vom Vereinslokal nur durch eine Straße getrennt ist. Um so
dankenswerter war es, daß einmal von berufener Seite die
Aufmerksamkeit auf die zunicist verschlossene sog. Studienkirche
gelenkt und das Werden und Sein des wenig beachteten Baues
geschildert wurde. Die Errichtung des Karmeliterklosters geht
auf ein Gelübde zurück, das Kurfürst Maximilian bei Beginn des
böhmischen Feldzuges (;s;d) getan; es dauerte aber ;o Jahre bis
die ersten patres kamen, und über 20 Jahre, bis durch Abbreche»
der Nikolaskirche mit der Zubereitung des Bauplatzes begonnen
wurde. Nach dem Tode Maximilians (t650 trat eine Stockung
ein, so daß erst mit dem Klosterbau begonnen wurde, der
dann am 7. Juni ;6S7 eingeweiht werden konnte. Die Pläne
der Kirche, deren Genehmigung am 2. März ;ss5 erfolgte, hat
der Vortragende unter verstaubten Akten gefunden; der Bau
der Kirche erfolgte von ;sZ7—{668. Sie zeigt innerlich noch
manche gotische Züge (;. B. Kreuzgewölbe) und bildet ein
„Bindeglied der Entwicklung zwischen der Michaels- und der
Theatinerkirche, die deutsche Schöpfung zwischen den beiden
Denkmalen der Auslandskunst"; Baumeister des Klosters war
kjans Konrad Asper aus Konstanz, der — ursprünglich Bild-
hauer — (57 Jahre alt) ksofbaumeister wurde, {666 aber

wegen Kränklichkeit außer Dienst trat; die Pläne zur Kirche
rühren von kjofbaumeister Max Schinnagl (geb. 12) her, der

(68; starb. Die Kriegszeiten zu Anfang des ;g. Jahrhunderts
wurden der Kirche zum Verhängnis. Seit (80; lagen Frau-
zosen in der Stadt, für welche die Karmeliter ihr Kloster räumen
mußten; und als die fremden Gäste wieder weg waren, weigerten
sich die Patres, in die entweihten Räume zurückzukehren. Darauf
wurde die Kirche zur Studienkirche und das Kloster zum Lyzeum
erklärt, wobei Bberbaudirektor Nikolaus von Schedel (bis ;8;;)
das Außere der Kirche in den, damaligen klassizistischen Stil
umgestaltete. Seither ist der Zustand der Kirche immer schlechter
geworden, und der Redner hatte recht, als er am Schluß seiner
Ausführungen den Wunsch aussprach, daß die Kirche zugänglicher
werde und man in einer gründlichen Restaurierung das nach-
hole, was seit einem Jahrhundert versäumt worden ist.

Der Dausball des Bayer. Lunltgewerbevereins gehört seit
einigen Jahren zu denjenigen Faschingsveranstaltungen, die
durch ihren familiären Charakter besondere Anziehungskraft
ausüben und ganz besonders vermöge der zahlreichen improvi-
sierten Szenen ungetrübte und nachhaltige Heiterkeit erregen.
So lockte auch der auf Sonntag den ;g. Januar anberaumte
Ulk-Abend die Stammgäste der Wochenversammlungen mit ihren
Damen zum Festsaal, der mit Tannengrün, Buntpapier und
Goldflittern ein karnevalistisches Gewand angelegt hatte. Da
entfaltete sich bald nach 8 Uhr ein tolles Durcheinander der ver-
schiedensten Masken, die durch einen berittenen Schutzmann im
Zaum gehalten wurde; da gabs kein Pardon, weder Pallas noch
König, weder Gretchen noch Teufel durfte» gegen die strengen
Vrdnnngsvorschriften der heiligen Hermandad sich auflehnen.
Eine lustige Szene aus Lumpazi-Vagabnndus (von Nestroy; in
den Hauptrollen dargestellt von Hofgoldschmied Heiden, Prof.
Bradl, Hanptlehrer Steinicken, unterstützt durch Ziseleur Steinicken,
Medailleur Börfch mit Tochter) löste die fröhlichste Stimniung aus;
sie gipfelte darin, daß der in der Lotterie gemachte Gewinn zu
der zeitgemäßen Gründung eines Vereins zur Hebung des Kunst-
gewerbes benutzt wurde. Der Jägerverein von Protzenhause,,
hatte für sich eine waldecke reserviert, wo es sehr gemütlich
zuging. Der Tanzboden verwandelte sich zeitweise in eine poli-
tische Bühne, auf der z. B. Napoleon einerseits Könige absetzte,
andrerseits der bis auf's Hemd ausgeplünderten Türkei aus
der Patsche half, mit Unterstützung eines eigens für diesen
Zweck zurechtgestutzten „Französisch". Dabei fehlte es nicht an
gesanglichen und deklamatorischen Vorträgen aller Art, die meist
in engem Zusammenhang standen mit Vorgängen aus dem
vereinsleben. Ls war die frohe, ungezwungene Stimmung
eines Familienfestes, die den bis weit nach Mitternacht hinaus-
gestreckten Abend beherrschte.

Programm der Mochenversammkungen.

Die Versammlungen finden jeden Dienstag abend 8l/4 Uhr im
Festsaal des Kunstgewerbehauses statt. Nach dem März
folgt die Gsterpause.

;. April: Vortrag von Or. PH. M. Halm (Thema noch

unbestimmt).

8. April: Vortrag, noch unbestimmt.

;s. April: (Ordentliche Generalversammlung.

2{. April: Lehrlingspreisverteilung und Schlußfeier.

Unsere Bilder bringen — soweit sie nicht zum
begleitenden Text gehören — aus unserer Ausstellungs-
halle einiges Lichtgeräte zur Darstellung, das im Lauf
des letzten Jahres entstanden ist. (5. J58 — {6%).

Verantiv. Heb. — ausgenommen Anzeigeteil: — Prof. L. (Smeliu. — herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck und Verlag von

H. Mlbenbourg, München.
 
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