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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Schulz, Fritz Traugott: Die Kgl. Kunstgewerbeschule zu Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0307

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Arbeiten aus der Kgl. Bayerischen Kunstgewerbeschnle zu Nürnberg.

582. Klasse Gradl: Tapetenentwurf; von Georg Meyer.

(Vio d. wirkt. Größe.)

Praxis zu lösen sind, die Aufgaben selbst aber unferm
heutigen künstlerischen Empfinden anzupassen. Doch
nicht allein beim Entwurf bleibt er stehen. Soweit es
die Einrichtnngeit der Schule gestatten, läßt er seine
Schüler auch zur Ausführung schreiten. Namentlich
möchte ich auf die hier abgebildeten Glasmalereien
aufmerksam machen, die zumeist durch rassige Technik
ausgezeichnet sind (Abb. 563—568). Der sinnig auf-
gebaute Tafelaufsatz (Abb. 572), die reizenden Schmuck-
sachen (Abb. 570), aber auch die übrigen Stücke legen
davon Zeugnis ab, daß nirgends das Paupterfor-
dernis, der Bedarfszweck des Gegenstandes, außer acht
gelassen wird.

Zch komme zur Alasse von Professor Permann
Gradl (Abb. 575—586). Es ist eine stille, intime
Aunst, die hier getrieben wird, die aber trotzdem eine
weitgehende Anspannung von Auge und Geist er-
heischt. Wenn irgendwo die Schüler zu subtilem,
peinlichem Arbeiten erzogen werden, so ist es hier
der Hall. Der Ausgangspunkt alles Seins ist Gradl
die Natur. Aus ihr werden die Anregungen ge-
wonnen, die eine Verwendung für das Leben ermög-
lichen. Dis Natur wird nachgezeichnet, wie sie ist, um
dann die geeignete Bedarfsform anzunehmen. Die
Aäfer, Schmetterlinge und Blumen, die wir hier
sahen, waren mit einer Liebe gemalt, die uns eine
haarscharfe Wiedergabe der reinen Wirklichkeit außer
allen Zweifel stellte. Es ist nicht leicht, Anfänger
dahin zu bringen, daß sie sich zwingen, die Natur

restlos nachzubilden. Wenn Gradl dies in so weit-
gehendem Maße erreicht hat, so ist uns dies ein Be-
weis dafür, daß er sich seinen Schülern in beson-
derem Maße widmet. Weiter läßt er sie Entwürfe
für Aeramiken direkt auf polz oder Ton und ebenso
Entwürfe für Wandstoffe, Teppiche und Tischdecken
direkt auf die Stoffe malen oder schablonieren, um
ihnen zu zeigen, wie jene sich in der Ausführung
ausnehmen. Theorie und Praxis verdichten sich so
im Geist zur faßbaren Wesensform. Die hier angc
fügten Abbildungen tun uns dar, daß diese Methode
die richtige ist, um die Schüler beizeiten an selb-
ständiges, individuelles Denken und Arbeiten, und
vor allem an materialechtes Schaffen zu gewöhnen.

Eine große Rolle im heutigen Leben spielt das
dekorative Malen. Dieses zu lehren ist Professor Aarl
Selz er Vorbehalten, der, aus der Münchener Schule
hervorgegangen, einer der besten Meister dieses Faches
ist (Abb. 587—600). Die Natur und die mustergültige
alte Aunst, sie reichen sich in seiner Lehrmethode brüder-
lich die pand, und die frische persönliche Art des
Meisters tut ihr Übriges, um die Schüler zu leben-
digem Schaffen anzuregen, um in ihnen dieLuft und Liebe
zu wecken für das weitumfassende Gebiet dieses Aunst-
zweiges. Seine Schüler sollen vor allem sehen lernen,
was gut und schlecht ist! Sie sollen die gebührende Ach
tung gewinnen vor den Meisterschöpfungen der Alten.
Daher läßt er sie gerne im Germanischen Museum

585. Klasse Gradl: Gewebte Tischdecke;

Entwurf von ksans Ger stacker, Ausführung Kgl. Meb-
fchule Münchsberg.

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