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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0038

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RICH. KLEIN. TAFELSCHMUCK, Seitenstück (Tonmodeli f. Ausführung in Silber)

Phot. Fr. Witzig

Veredelung der Materie, in den Vordergrund stellen, eine selek«
toriscfie Gewerbeförderung durchführen und dadurch die soziale
zu einer vertieften kulturellen Aufgabe machen. Es ist das Lebens-
werk Adolf Vetters, daß er in Österreich dieser zweiten Art von
Gewerbeförderung zum Sieg verholfen und dadurch ein Vorbild
für eine der bedeutendsten Kulturaufgaben des modernen Staates
aufgestellt hat.

Ein kurzer Rückblick auf den eigenen Werdegang führte den
Redner zu einer Erörterung des Kulturbegriffes. Als das Wesen
jeder Kultur bezeichnete er die Geltung einer bewährten und
allgemein anerkannten Lebensform. Diese Lebensform hatte bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts das kulturelle Gedeihen aller
Nationen bestimmt, dann aber waren zwei Ereignisse gekommen,
welche einen Zerstörungsprozeß begannen, dessen letzte Aus»
Wirkungen bis in unsere Zeit reichen: Zuerst die soziale Revo«
lution, welche das Verhältnis der Menschen zum Besitz ver-
änderten und dann die technische Revolution, welche das Ver-
hältnis der Menschen zur Arbeit umgestaltete. Diese zweite
UmwäLung war die größte, welche Europa je gesehen hat, und
späteren Generationen wird sicherlich das ganze 19. Jahrhundert

als eine ungeheuere Revolution erscheinen, imVergleich zu welcher
jene,, die wir vor einigen Jahren erlebten, nur als Episode ge»
wertet werden wird. Die Wiedererlangung von Besitzwürde
und Arbeitswürde bezeichnete Dr. Vetter als das Ziel des
kulturellen Strebens unserer Zeit. Man werde diesem Ziel nur
nahekommen in dem gemeinsamen Ringen der Völker um eine
Lebensform,- seinen äußeren Ausdruck werde es finden in einem
Weltstil, innerhalb dessen die nationalen Eigentümlichkeiten
nur noch als Schattierungen erscheinen werden. Auf einzelnen
Gebieten sei das Werden dieses Stiles deutlich erkennbar, so in
Verkehr und Tedinik. Für das Kunstgewerbe im hergebrachten
Sinne werde die Krise unvermeidlich sein,- die Zukunft werde das
Industrieerzeugnis in rein technischer Vollendung kennen, und
weitaus der größte Teil aller Dinge, die dem Menschen dienen,
würden dieser Gruppe angehören. Vom Handwerk bliebe eine
Auswahl des Besten und Edelsten bestehen, und nur da, wo es
zur Kunst gesteigert sei. Dr. Vetter hatte als Generalkommissar
Österreichs während der ganzen Dauer der Internationalen Kunst-
geWerbeausstellung 1925 in Paris geweilt. Er glaubt auch inner-
halb dieser Ausstellung die Anzeichen des kommenden Weltstils

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