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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Kiener, Hans: Die Passionskirche in Obermenzing von Georg Buchner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0109

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Die Pfeiler und Bogen schreiten in großen, sachlichen
Schritten nach vorne. Die auf Konsolen aufliegenden
Querbalken der hohen, dunklen Balkendecke gehen
mit den Pfeilern zusammen und machen den Raum
von hinten nach vorn auch an der Decke klar ables-
bar. Die ober den starken Querbalken sichtbar werden-
den dünneren Längsbalken unterstreichen den Bewe-
gungszug nach vorne. Die schon im Äußern sichtbare
Asymmetrie der Kirche — die basilikaJe Abtreppung
war nur an der Südseite zu sehen — findet innen ihre
Erklärung: Nur über dem nördlichen Seitenschiff ist
eine Empore angeordnet, über dem südlichen Seiten-
schiff ist die Wand mit Blendbogen im System der
gegenüberliegenden Empore gegliedert. Durch diese
tatsächliche Asymmetrie, die aber, formal gemäßigt,
nicht verletzend wirkt, wird der Organismus der Kirche
innen und außen reich und lebendig. Sowohl die
Seitenschiffe unten, als oben die Empore, sind als acht-
teilige Kreuzgewölbe auf Bogenstich in Eisenbeton
gewölbt. Durch Grate markierte, ganz flache Gurt-
bögen trennen die einzelnen Joche. Inden Seitenschiffen
unten, wie oben in der Empore, entfaltet sich ein wun-
derbarer Reichtum von gegeneinander geneigten, durch

den Lichteinfall verschieden hellgefärbten Wölbeflä-
chen. Die über dem nördlichen Seitenschiff angeord-
nete Empore öffnet sich mit etwas geschmeidigeren
Spitzbogen (als die Schiffe unten). Sie stehen unmit-
telbar, ohne vertikale Stützen, auf dem Gesimse auf.
Im unteren Teil ihrer Schenkel werden sie von verti-
kalen Mauerstücken, die sich dann irrational im Ge-
wände des Bogens verlieren, geschnitten; diese Mauer-
stücke verschmälern die lichte Öffnung und verhin-
dern, daß die Bogen grätschig werden. Das freiblei-
bende Intervall ist von einer niedern, zierlichen Holz-
balustrade im Ton der Decke ausgesetzt. Der zierliche,
kleinteilige Rhythmus wirkt im Gegensatz zu den glat-
ten Flächen. Der Lichteinfall ist hoch und zugleich
(wie der Bau) einseitig betont. Die Hauptlichtquelle
sind die großen an der Südwand des Obergadens desMit-
telschiffs ober den Blendbogen angeordneten Rund-
fenster. Durch diesen hohen Lichteinfall wird die Idea-
lität der Stimmung gewährleistet. Als weitere wich-
tige Lichtquelle erscheinen die Fenster des südlichen
Seitenschiffs. Demgegenüber ist die Nordseite viel
dunkler; das Seitenschiff ist ohne Fenster, und die Em-
pore, die ihr Licht durch große Rundfenster empfängt,

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