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EDUARD PFEIFER • MÜNCHEN • HAUS IN BERLIN
was man sich von ihnen zu versprechen hatte. Die
damals Jungen besaßen den verhängnisvollen Mut,
Voraussetzungen zu negieren, unter denen man sich
seit unvordenklichen Zeiten verständigt hatte. Sie taten
das schonungslos, bewußt radikal, höhnend und waren
nicht einmal sehr neu damit. Denn in der Literatur
hatte man unter russischer Führung schon längst
das gestaltlos Subjektive auf den Schild erhoben, und
im Bereich der Künste war n Jahre früher eine ähn-
liche, kurze aber tiefe Krise vorausgegangen: die Ju-
gendstilbewegung von 1901. Man vergegenwärtige
sich, mit welcher Verwegenheit in der Darmstädter
Künstlerkolonie die Entthronung der historischen Stile,
die Entlarvung der falschen Renaissance vorgenommen
wurde. Wie herb die Forderung nach Fläche und Masse
damals schmeckte, und wie die angewandte Kunst
derart in die Krise hineingerissen wurde, daß die un-
mißverständlichsten Gegenstände des täglichen Bedarfs
zum Problem wurden. Die Schärfe der Reformforde-
rung war berechtigt, wenn man bedenkt, was an Un-
geschmack etwa das Deutsche Haus auf der Pariser
Weltausstellung von 1900 zutage gefördert hatte. Aber
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EDUARD PFEIFER • MÜNCHEN • HAUS IN BERLIN
was man sich von ihnen zu versprechen hatte. Die
damals Jungen besaßen den verhängnisvollen Mut,
Voraussetzungen zu negieren, unter denen man sich
seit unvordenklichen Zeiten verständigt hatte. Sie taten
das schonungslos, bewußt radikal, höhnend und waren
nicht einmal sehr neu damit. Denn in der Literatur
hatte man unter russischer Führung schon längst
das gestaltlos Subjektive auf den Schild erhoben, und
im Bereich der Künste war n Jahre früher eine ähn-
liche, kurze aber tiefe Krise vorausgegangen: die Ju-
gendstilbewegung von 1901. Man vergegenwärtige
sich, mit welcher Verwegenheit in der Darmstädter
Künstlerkolonie die Entthronung der historischen Stile,
die Entlarvung der falschen Renaissance vorgenommen
wurde. Wie herb die Forderung nach Fläche und Masse
damals schmeckte, und wie die angewandte Kunst
derart in die Krise hineingerissen wurde, daß die un-
mißverständlichsten Gegenstände des täglichen Bedarfs
zum Problem wurden. Die Schärfe der Reformforde-
rung war berechtigt, wenn man bedenkt, was an Un-
geschmack etwa das Deutsche Haus auf der Pariser
Weltausstellung von 1900 zutage gefördert hatte. Aber
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