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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0167

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werker zu zweckmäßiger Verwendung der Maschine
gelangen ließen dahin, daß Kleinbetrieb und Großbetrieb
sich kaum als feindselige Konkurrenten gegenüberstehen
brauchen, wenn sie nur ihren eigenen Arbeitsbedingungen
gerecht bleiben. Die individuelle Qualitätsarbeit des
Kleinbetriebs und die technische Qualitätsarbeit des
Großbetriebs führen beide Schulter an Schulter zusam-
men in dem Streben einer praktischen Veredelung unseres
Lebensbedarfs und der Lösung hiemit zusammenhängen-
der kultureller Fragen. Der Leiter der Sitzung, Herr
Landesgewerberat Leipfinger, dankte dem Redner, der
reichen Beifall fand.

Nachdem die auswärtigen Teilnehmer den Nachmit-
tag zum Besuche der prachtvollen Dresdener Gartenbau-
Ausstellung benutzt hatten, fand am 6. September eine
weitere Sitzung der Vereinigungen für Kunsthandwerk
und Kunstgewerbe statt. Hier sprach Prof. Gross-Dresden,
der verdienstvolle langjährige Leiter des Dresdener Kunst-
gewerbevereins über das Thema: „Was wollen und sollen
die deutschen Kunstgewerbevereine?" Die Pflege der
schmuckhaften Form, wie sie sich nach Trennung des
Kunstgewerbes von den Gewerbevereinen zunächst in den
siebziger Jahren ergab, ist als Ziel längst überholt. Die
Ausstellung München 1876, der Brennpunkt der damaligen
Bestellungen hatte nationale Ziele und trug zur Wieder-
erweckung des handwerklichen Könnens bei, brachte aber
auch die Sammlung eines geistigen Führertums zustande.
Dieses und die wirtschaftliche Anschauung spiegelten sich
in der Münchner Ausstellung 1888. Wie Geheimrat Gurlitt
als Mitkämpfer von ehedem in der Aussprache feststellte,
war der Zug der Nachahmung alter Kunst, wie er jener
Zeit eigen war, ein notwendiges Mittel zum Zweck, um
das Handwerk zur Wiederaufnahme entschwundener
Techniken und Stärkung seines Könnens zu veranlassen,
was heutzutage vielfach vergessen und entstellt wird.
Jedenfalls fand das Ende der achtziger Jahre eine gewisse
Hilfslosigkeitin der Formgebung vor, die zur Auseinander-
setzung mit neuem Wollen führen mußte. Diese Kämpfe
fanden innerhalb der Kunstgewerbevereine statt, hatten
aber Zersplitterung und Zersetzung zur Folge. Als vorläu-
figer Abschluß dieser Sturm- und Drangperiode bezeich-
nete der Vortragende die Dresdener Ausstellung 1906,
weiterhin die Gründung des Werkbundes in München 1908
und die Erweiterung der Ziele. Aber auch die Werkbund-
ausstellung 1914 brachte keine Befriedigung, weil hier eine
sichtbare Kluft zwischen Wollen und Vollbringen, Idealis-
mus und praktischem Erfolg sich zeigte. Trotz der nicht
zu unterschätzenden Leistungen und Erfolge des Werk-
bundes bleibt sehr viel Kleinarbeit zu leisten, insbesondere
für die Geschmackserziehung. Die Familie ist der Angel-
punkt für solches Wirken, sie ist letzterdings die Form-
gestalterin des Jahrhunderts. Es gibt aber auch in den
höheren Gemeinwesen, den Kulturgemeinden, Jugend-
verbänden, in Sport und Spiel, Volkshochschulfragen usw.
noch sehr viel zu tun, um den Boden für eine wirklich
ersprießliche Aufnahme guter FormbegrifFe zu ebnen, die
sich andernfalls einem kulturlos empfindenden Volke nie-

mals aufdrängen lassen. Hier liegt ein dankbares Arbeits-
feld für die Kunstgewerbevereine.

In der Aussprache, die völlige Zustimmung zu den
Ausführungen des Redners brachte, warnte u. a. Geheim-
rat Gurlitt von der übermäßigen Betonung des Siedlungs-
hauses und der Wohnungs-Normierung. Die Wohn-
maschine macht den Menschen zum Maschinisten und
zerstört das Heimatgefühl. Aus unserer Armut darf kein
Verzicht auf Gedanken herauskonstruiert werden. Eine
Uberspannung der Industrialisierungsbestrebungen muß
zur Vernichtung des Handwerks führen. Die Kunstge-
werbevereine müssen das Werk fördern, das mit der Hand
geschaffen wird.

Im Weiteren wurden auch wirtschaftliche Fragen,
Absatzverhältnisse und Submissionswesen berührt.

Die anschließende Delegierten-Sitzung des Verbandes
Deutscher Kunstgewerbevereine wählte u. a. an Stelle
von Berlin Danzig zum Vororr des Verbandes. Die nächst-
jährige Tagung soll in Danzig stattfinden.

Ein Empfang im Rathaus, wobei der Herr 1. Bürger-
meister die erschienenen Abordnungen mit herzlichen
Worten begrüßte und an den sich ein Frühstück an-
schloß, bildete den Abschluß der Tagung.
Wettbewerb Silbergeld. Der Reichsminister der
Finanzen hat einen Wettbewerb für Ausgestaltung des
deutschen Silbergeldes ausgeschrieben, näheres im An-
zeigenteil dieses Heftes.

Plakat-Wettbewerb Braunschweig. Der Ver-
kehrsverein Braunschweig veröffentlicht eine Ausschrei-
bung für Erlangung von Entwürfen für ein Plakat „Braun-
schweig". Einlieferungstermin ist der 15. Oktober 1926.
Zugelassen sind alle Deutschen, im Deutchen Reiche an-
sässigen Künstler. Es sind 4 Preise im Betrage von 1000
bis 250 M. und zwei Ankäufe zu je M. 200 vorgesehen.
Die näheren Bedingungen können im Sekretariat des
Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins, München, Pfand-
hausstraße 7, eingesehen werden.

Ausstellung „Alte und neue Keramik". Aus An-
laß der 7. Hauptversammlung der Deutschen keramischen
Gesellschaft in München hat die Abteilung Gewerbekunst
des Bayerischen Nationalmuseums diese Ausstellung ver-
anstaltet. Es ist seit Eröffnung der Abteilung (27. III.)
die 8. Sonderausstellung, woraus die große Regsamkeit
der Abteilungsleitung ersehen werden mag. Erstmals
wird hiebei Altes und Neues gezeigt, wofür sowohl
die Bestände des Nationalmuseums, des Völkerkunde-
museums, der Sammlung antiker Kleinkunst herange-
zogen wurden, als auch Privatsammlungen (Hermann
Haas, Hugo Meyl, Mariel von Nemes) sich zur Verfü-
gung stellten. Trotz des ungeheueren verfügbaren Ma-
terials ist Uberladung glücklich vermieden, dagegen eine
außerordentlich hochwertige Auswahl getroffen worden.
Ausgehend von den herrlichsten alten Stücken griechi-
scher, römischer, asiatischer, afrikanischer und peruani-
scher Keramik sind in der einen Hälfte der Räume nach
altem deutschen Steinzeug und Bauernröpferei die neue-
sten Arbeiten unserer besten Werkstätten zu einem

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