K. LEIPF INGER • BLUMENKÜBEL IN TERRAKOTTA
erzeugen und zu tragen. Abgesehen von einem kurzen
Schlußwort ist freilich der Versuch, das Bild des Meisters
als ein historisches zu entrollen, überhaupt nicht gemacht
worden. Vielleicht wird man dem Autor Dank dafür
wissen. Denn einstweilen wäre diese Aufgabe unlösbar
gewesen. Soviel ist gewiß: mitten in das Schaffen Thierschs
fällt eine Krise der Baukunst und der angewandten Künste,
die alle Schwachen aus dem Sattel hob. Der Begriff von
Architektur scheint sich gewandelt zu haben. Auf die
problematische Seite dieser Vorgänge hat sich Thiersch
kaum eingelassen. Sondern teils überstrahlt er den Bruch
der Tradition durch das Feuer seines Talentes, teils war
seine Vielseitigkeit eine so außerordentliche, daß er um
Lösungen nie verlegen auch unter den Jüngsten sich als
Führer behauptet hätte, wenn es ihm vergönnt gewesen
wäre, den Aufstieg der Baukunst nach den Notjahren
noch schaffend mitzuerleben. Ebenda lag das Geheimnis
seiner Erfolge als Lehrer. Die Schwächen des Buches
liegen, wie erwähnt, in der sprachlichen Gestaltung. Man
fordert gerade für Bücher dieser Art eine gewisse Schön-
heit der Darstellung, die sich der Eigenart des Gegen-
standes verpflichtet fühlt und die man im Gefolge eines
so eminent schönheitsliebenden Menschen ungern ver-
mißt. Sachlich fehlt ein vollständiges Verzeichnis der
Werke, Projekte, Handzeichnungen. Die Liste der be-
sprochenen Bauten weist Lücken auf. Ferner fehlt der
vollständige bibliographische Nachweis der Druckver-
öffentlichungen Thierschs, der Abhandlungen anderer,
die zu seiner Kunst Stellung nehmen, und der wichtig-
sten Zeitungsbesprechungen. Die Illustration ist gefällig
und technisch vorzüglich, aber nicht eigentlich sachge-
mäß. Es erscheinen da eine große Anzahl von Reiseskizzen,
die mit meisterlicher Präzision aufgenommen sind und
als Zeichen der Anmut, die in Thierschs Geist gewaltet
hat, den Leser erfreuen. Wichtiger aber wäre es gewesen,
in den Abbildungen mehr baukünstlerisches Material aus-
gebreitet zu sehen. Wer München, Frankfurt, Berlin bau-
lich nicht genau kennt, kann sich vielfach keine Vorstel-
lung machen, wovon die Rede ist. Proben von Mylius,
Neher, Wallot, Poelaert, Neureuther wären zur Erläu-
terung dessen, was Thiersch ganz persönlich zu geben
hatte, für die meisten Leser unentbehrlich gewesen. Das
künstlerische und kulturelle Problem also, das der Name
Thiersch umfaßt, bleibt ungelöst. Vielleicht gehört es
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erzeugen und zu tragen. Abgesehen von einem kurzen
Schlußwort ist freilich der Versuch, das Bild des Meisters
als ein historisches zu entrollen, überhaupt nicht gemacht
worden. Vielleicht wird man dem Autor Dank dafür
wissen. Denn einstweilen wäre diese Aufgabe unlösbar
gewesen. Soviel ist gewiß: mitten in das Schaffen Thierschs
fällt eine Krise der Baukunst und der angewandten Künste,
die alle Schwachen aus dem Sattel hob. Der Begriff von
Architektur scheint sich gewandelt zu haben. Auf die
problematische Seite dieser Vorgänge hat sich Thiersch
kaum eingelassen. Sondern teils überstrahlt er den Bruch
der Tradition durch das Feuer seines Talentes, teils war
seine Vielseitigkeit eine so außerordentliche, daß er um
Lösungen nie verlegen auch unter den Jüngsten sich als
Führer behauptet hätte, wenn es ihm vergönnt gewesen
wäre, den Aufstieg der Baukunst nach den Notjahren
noch schaffend mitzuerleben. Ebenda lag das Geheimnis
seiner Erfolge als Lehrer. Die Schwächen des Buches
liegen, wie erwähnt, in der sprachlichen Gestaltung. Man
fordert gerade für Bücher dieser Art eine gewisse Schön-
heit der Darstellung, die sich der Eigenart des Gegen-
standes verpflichtet fühlt und die man im Gefolge eines
so eminent schönheitsliebenden Menschen ungern ver-
mißt. Sachlich fehlt ein vollständiges Verzeichnis der
Werke, Projekte, Handzeichnungen. Die Liste der be-
sprochenen Bauten weist Lücken auf. Ferner fehlt der
vollständige bibliographische Nachweis der Druckver-
öffentlichungen Thierschs, der Abhandlungen anderer,
die zu seiner Kunst Stellung nehmen, und der wichtig-
sten Zeitungsbesprechungen. Die Illustration ist gefällig
und technisch vorzüglich, aber nicht eigentlich sachge-
mäß. Es erscheinen da eine große Anzahl von Reiseskizzen,
die mit meisterlicher Präzision aufgenommen sind und
als Zeichen der Anmut, die in Thierschs Geist gewaltet
hat, den Leser erfreuen. Wichtiger aber wäre es gewesen,
in den Abbildungen mehr baukünstlerisches Material aus-
gebreitet zu sehen. Wer München, Frankfurt, Berlin bau-
lich nicht genau kennt, kann sich vielfach keine Vorstel-
lung machen, wovon die Rede ist. Proben von Mylius,
Neher, Wallot, Poelaert, Neureuther wären zur Erläu-
terung dessen, was Thiersch ganz persönlich zu geben
hatte, für die meisten Leser unentbehrlich gewesen. Das
künstlerische und kulturelle Problem also, das der Name
Thiersch umfaßt, bleibt ungelöst. Vielleicht gehört es
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