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Die Kunde — 6.1938

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Nr. 2
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Krause, Wolfgang: Zur Frage der Echtheit der Weserrunen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61997#0055

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anlautenden lp"—, Vereinigt man diese Eigentümlichkeiten der beiden
unmittelbar untereinanderftehenden Belege Förstemanns, so gelangt
man zu der Form uluüuri des Weserknochens. Ist das ein Zusall?
Meldet sich hier nicht vielmehr der Verdacht, daß der Fälscher eben
den Förstemann benutzt habe? Es ist zu beachten, daß die Schreibung
—für —/— wohl in einer mittelalterlichen Handschrift nicht auf-
fällig ist, in einer echten Runeninschrift jedoch durchaus nicht erwartet
werden kann. Die ältere runische Überlieferung ist dafür jedenfalls
ohne Beispiel.
Von Bedenken nicht-philologischer Natur, über die ich mir kein
eignes Urteil anmaßen darf, ist das eine schon oft vorgebracht worden:
Der Schiffstyp auf dem einen Weserknochen scheint, wäre die Ritzung
echt, noch in die römische Zeit zu verweisen, in die jedoch die Sprache
der Inschriften keinesfalls hineinpaßt.
Endlich entnehme ich der Erstveröffentlichung der Weserfunde durch
v. Buttel-Reepen (S. 35), daß die pollenanalytische Untersuchung der
Knochen auf die Ancyluszeit hindeutet. Ist das Ergebnis der Pollen-
analyse richtig, so könnten die Runen auf den selben Knochen nur dann
für echt angesehen werden, wenn man annimmt, daß der Runenritzer
für sein Werk sich mittelsteinzeitliche Knochen besorgt habe. Denn daß
die Runen ihrerseits bereits in der Ancyluszeit in die Weserknochen
geritzt seien, wird kein ernsthafter Runenforscher annehmen. Doch er-
scheint es sehr wohl möglich, daß ein Fälscher die ausgebaggerten
Ancylus-Knochen benutzt hat.
Wenn demgegenüber die chemische Untersuchung der Runenrillen
für Echtheit sprechen soll, so muß gesagt werden, daß entscheidende
Gründe für die Unechtheit schwerer wiegen als solche für die Echtheit:
Auch der berüchtigte Pfriem von Maria-Saalerberg galt ein Jahrzehnt
hindurch auf Grund verschiedenster Untersuchungen für echt, bis ein
neues Untersuchungsverfahren (Prüfung des Fettgehaltes) einwand-
frei die Unechtheit ergab — ein Ergebnis, das in diesem Fall durch die
Selbstangabe des Fälschers schon vorweggenommen war.
Diese einfachste Lösung ist uns im Fall der Weserrunen nicht ge-
geben. Trotzdem muß ich auf Grund der angeführten Tatsachen an der
Echtheit der Weserrunen stärkstens zweifeln. Jedenfalls sollte diese
verdächtige Quelle runischer Ueberlieferung im wissenschaftlichen Schrift-
tum nur mit Vorsicht geschöpft werden.
Göttingen. Wolfgang Krause.

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