Die Kunde (6.1938)

Uberlieferungstreue unserer Vorfahren zu bekommen. Hier tritt uns
„Urväter-Erbe" entgegen, das jeden verpflichtet, es zu schützen und zu
pflegen.
Hänigsen, Kr. Burgdorf. A. Depenau, d. I.

Ein neuer Beitrag zur Geschichte der Nordseestämme.
Die Forschung auf dem Gebiet der Herkunft, der Siedlungsräume,
der Kultur der Stämme an der deutschen und niederländischen Nord-
seeküste steht immer noch vor vielen ungelösten Fragen. Das hängt vor
allem damit zusammen, daß ihre Kulturhinterlassenschaft aus den
Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt, vor allem die der Sachsen,
Chauken und Friesen, auf urgeschichtlichem Wege noch nicht genügend
gesondert werden kann, da offenbar die sie verbindende Nordsee
allen diesen Stämmen viele gemeinsame Züge ausgeprägt hat, die sich
auch in Übereinstimmungen in den Bodenfunden auswirken. Das früh-
geschichtliche Bild, das uns die griechischen und römischen Schriftsteller
überliefert haben, ist voller sich widersprechender Züge und dient nicht
dazu, die letzte und entscheidende Antwort zu geben. Es ist klar, daß
nur eine gemeinsame Arbeit aller für diese in Frage kommenden
Wissenschaften eine befriedigende Lösung bringen könnte, wenn diese
überhaupt möglich ist.
Es ist daher von dem Standpunkt der Vorgeschichtswissenschaft aus
lebhaft zu begrüßen, daß ihr jetzt unter ganz neuen Gesichtspunkten
von der Sprachwissenschaft eine tatkräftige Hilfe kommt. Die diesen
Ausführungen zu Grunde gelegte Schrift ist so wichtig, daß es im
Interesse der Vorgeschichtswissenschaftler, die sich mit der Materie be-
schäftigen, liegt, wenn sie nicht nur in einer kurzen Buchbesprechung
zur Kenntnis gelangt, sondern in einer ausführlichen Darlegung ihrer
methodischen Grundzüge und ihrer Ergebnisse. Es handelt sich um das
Buch: „Die-ingen-Namender südlichen Nordseekü st e.
Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte der Chauken, Friesen und Sachsen.
Von Rehder Heinz Car st en. Paul Evert-Verlag, Hamburg 11,
1937." vr. Carsten ist Schüler von Konrad Vorchling, seine Unter-
suchung geht auf eine Anregung seines Lehrers zurück. Es ist sehr an-
zuerkennen, daß er seine Erwägungen nicht allein vom sprachgeschicht-
lichen Standpunkt aus anstellt, sondern daß er sehr eingehend die früh-
geschichtlichen Quellen, die erdkundlichen Tatsachen und die bisherigen
Ergebnisse der Vorgeschichtsforschung herangezogen hat. Vorweg sei
bemerkt, daß gerade von den letzteren vieles vorzüglich mit seinen
Schlußfolgerungen zusammengeht.
Carsten geht von der These aus, daß die alte Einteilung der Ger-
manen in Nord-, Ost- und Westgermanen eine Erscheinung aus jünge-

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