Der Alt-Goslarer Fachwerkbau und sein sinnbildlicher Schmuck.
(Taf. 45 Lis 48.)
Die alte Kaiser-, Reichs- und Hansestadt Goslar, heute Reichs-
bauernstadt des Dritten Reiches, birgt in ihrer malerischen Altstadt eine
große Menge von Fachrverkbauten der verschiedenen Jahrhunderte, die in
ihrer kraftvollen, altüberlieferten Bauart und mit ihren Besonderheiten
in Form und Schmuck der Stadt ihr charakteristisches Gepräge geben.
Beim Ausbau des Ortes zur Stadt, der sich im Schutze der kaiser-
lichen Pfalz in der Zeit der Salier und Hohenstaufen vollzog, müssen
die Bauernhäuser des niedersächsischen Berglandes nördlich des Harzes
bereits entwickelte Haussormen geboten haben. Sie waren zweifellos
auch für das Goslarer Bürgerhaus Ausgangspunkt und Vorbild, denn,
da gewisse Grundformen des Hauses sich jahrhundertelang erhalten ha-
ben, kann man annehmen, daß sie vorher auch schon in ähnlicher Form
lange Zeit in Gebrauch waren. Je nach den Bedürfnissen der Bürger,
ob sie vorwiegend Landwirtschaft, Handel oder ein Handwerk trieben,
entwickelten sich aus einer Grundform bestimmte Haustypen: das Acker-
bürgerhaus, das Patrizierhaus des Handelsherrn, Bergwerks- und
Hüttenbesitzers und das Haus des Handwerkers und Bergmanns.
Die Ackerbürgerhäuser schließen sich einer Form des niedersächsischen
Bauernhauses an, die vor dem 30 jährigen Kriege im Vorlande des
Nordwestharzes vorherrschend war und heute noch in ähnlicher Art in
der Gegend der mittleren Weser und im Leinetal vorkommt. Wie diese
Bauernhäuser besitzt das Goslarer Ackerbürgerhaus eine zweigeschossige
Däle für die Wirtschaft, an deren Rückseite ursprünglich auch der Herd
mit dem Rauchsang stand, eine gepflasterte Durchfahrt in einer Höhe,
daß sie den beladenen Erntewagen durchläßt, und einen an die Däle seit-
lich anschließenden Wohnteil mit Zwischengeschoß. Das über das ganze
Haus sich hinziehende Obergeschoß ist als Speicher und Vorratsraum
ausgebildet, die Ställe liegen in einem angebauten Flügel am Hofe.
Es mag Wunder nehmen, daß in Goslar das Ackerbürgertum eine große
Rolle spielte, da doch die Stadt ihre Entwicklung und ihren Wohlstand
vorwiegend dem Erzbergbau verdankt. Hier ist daraus hinzuweisen, daß
nicht nur die Ackerbürger Landwirtschaft betrieben, sondern auch die
reichen Bergwerks- und Hüttenbesitzer betrachteten die Landwirtschaft
als eine wichtige Grundlage ihrer Existenz, weil sie allein bei den häu-
figen Wechselfällen des Bergbaues (Ersaufen der Gruben, Aushören der
Erzadern) eine sichere und beständige Einnahmequelle bildete. Alle
Ackerbürger waren brauberechtigt zum Brauen des bekannten Gose-
bieres. So findet sich auch immer ein Brauhaus am oder im Hause.
Abbildung 1 zeigt ein Ackerbürgerhaus aus der Zeit um 1500, mit der
zweigeschossigen Däle in einem Massivbau, der Durchfahrt links und
dem Fachwerkwohnteil rechts. Nach dem 30 jährigen Kriege tritt in der
Zeit, wo Goslar nach dem Verlust der Bergwerke an die Welsen und
durch die langen Kriegswirren wirtschaftlich immer tiefer sank, an
Stelle der zweigeschossigen Däle ein eingeschossiger Raum mit daneben
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(Taf. 45 Lis 48.)
Die alte Kaiser-, Reichs- und Hansestadt Goslar, heute Reichs-
bauernstadt des Dritten Reiches, birgt in ihrer malerischen Altstadt eine
große Menge von Fachrverkbauten der verschiedenen Jahrhunderte, die in
ihrer kraftvollen, altüberlieferten Bauart und mit ihren Besonderheiten
in Form und Schmuck der Stadt ihr charakteristisches Gepräge geben.
Beim Ausbau des Ortes zur Stadt, der sich im Schutze der kaiser-
lichen Pfalz in der Zeit der Salier und Hohenstaufen vollzog, müssen
die Bauernhäuser des niedersächsischen Berglandes nördlich des Harzes
bereits entwickelte Haussormen geboten haben. Sie waren zweifellos
auch für das Goslarer Bürgerhaus Ausgangspunkt und Vorbild, denn,
da gewisse Grundformen des Hauses sich jahrhundertelang erhalten ha-
ben, kann man annehmen, daß sie vorher auch schon in ähnlicher Form
lange Zeit in Gebrauch waren. Je nach den Bedürfnissen der Bürger,
ob sie vorwiegend Landwirtschaft, Handel oder ein Handwerk trieben,
entwickelten sich aus einer Grundform bestimmte Haustypen: das Acker-
bürgerhaus, das Patrizierhaus des Handelsherrn, Bergwerks- und
Hüttenbesitzers und das Haus des Handwerkers und Bergmanns.
Die Ackerbürgerhäuser schließen sich einer Form des niedersächsischen
Bauernhauses an, die vor dem 30 jährigen Kriege im Vorlande des
Nordwestharzes vorherrschend war und heute noch in ähnlicher Art in
der Gegend der mittleren Weser und im Leinetal vorkommt. Wie diese
Bauernhäuser besitzt das Goslarer Ackerbürgerhaus eine zweigeschossige
Däle für die Wirtschaft, an deren Rückseite ursprünglich auch der Herd
mit dem Rauchsang stand, eine gepflasterte Durchfahrt in einer Höhe,
daß sie den beladenen Erntewagen durchläßt, und einen an die Däle seit-
lich anschließenden Wohnteil mit Zwischengeschoß. Das über das ganze
Haus sich hinziehende Obergeschoß ist als Speicher und Vorratsraum
ausgebildet, die Ställe liegen in einem angebauten Flügel am Hofe.
Es mag Wunder nehmen, daß in Goslar das Ackerbürgertum eine große
Rolle spielte, da doch die Stadt ihre Entwicklung und ihren Wohlstand
vorwiegend dem Erzbergbau verdankt. Hier ist daraus hinzuweisen, daß
nicht nur die Ackerbürger Landwirtschaft betrieben, sondern auch die
reichen Bergwerks- und Hüttenbesitzer betrachteten die Landwirtschaft
als eine wichtige Grundlage ihrer Existenz, weil sie allein bei den häu-
figen Wechselfällen des Bergbaues (Ersaufen der Gruben, Aushören der
Erzadern) eine sichere und beständige Einnahmequelle bildete. Alle
Ackerbürger waren brauberechtigt zum Brauen des bekannten Gose-
bieres. So findet sich auch immer ein Brauhaus am oder im Hause.
Abbildung 1 zeigt ein Ackerbürgerhaus aus der Zeit um 1500, mit der
zweigeschossigen Däle in einem Massivbau, der Durchfahrt links und
dem Fachwerkwohnteil rechts. Nach dem 30 jährigen Kriege tritt in der
Zeit, wo Goslar nach dem Verlust der Bergwerke an die Welsen und
durch die langen Kriegswirren wirtschaftlich immer tiefer sank, an
Stelle der zweigeschossigen Däle ein eingeschossiger Raum mit daneben
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