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Die Kunde — 6.1938

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Nr. 6
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Haase, Otto: Vorgeschichtlicher Lehrkurs am Steinhuder Meer
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https://doi.org/10.11588/diglit.61997#0146

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Vorgeschichtlicher Lehrkurs am Steinhuder Meer.
Vom 1.—4. Juni d. I. fand ein Vorgeschichtskurs des NSLB Hannover
statt, zu dem Schulrat Klußmann 20 Lehrer aller Schularten einberufen
hatte. Die wissenschaftliche Leitung war von vr. Sch roll er übernommen
worden. Den Rahmen der Veranstaltung bildete die heute selbstverständliche
Form des Schulungslagers, wozu das Schullandheim der Goetheschule-Han-
nover die denkbar beste Voraussetzung bot: einfach, ohne primitiv zu sein;
ablegen, aber nicht einsam, sondern in der Nachbarschaft des Dorfes
Schneeren (Kr. Neustadt a. R.) gelegen.
Die eigentliche Schwierigkeit eines solchen Schulungslagers liegt in der
richtigen Wahl von Ort und Landschaft. Es muß einmal ein räumlich eng
begrenzter und landschaftlich einheitlicher Raum sein, zum andern aber kommt
nur ein solches Gelände in Betracht, das durch die Jahrtausende der Vorzeit
hindurch möglichst ununterbrochen besiedelt wurde. Denn nur dann kann er-
wartet werden, daß sich die Teilnehmer ein abgerundetes Bild der vorgeschicht-
lichen Entwicklung erarbeiten können. Da fernerhin erfahrungsgemäß weite
Anmarschwege ermüden, muß auf die räumliche Nähe zu den mutmaßlichen
Fundstellen geachtet werden.
Alle diese Voraussetzungen waren in Schneeren in idealer Weise erfüllt.
Der Forschungsraum ist sehr sinnfällig begrenzt durch den einstigen Strand
des Steinhuder Meeres, das im Mesolithikum noch die Schneerener End-
moräne umspülte, die als breite Landzunge aus den Wassern ragte und im
Weißen Berg — auch heute noch — ihre markante Höhe besitzt. Aus diesen
Raum — von ca. 8 km Längenausdehnung — lagen Berichte über eine Reihe
von Streusunden vor, im wesentlichen Mikrolithen, die weder kartiert noch
einheitlich gesammelt und wissenschaftlich geordnet waren. Die Akten des
Landesmuseums berichteten außerdem von Zufallssunden, im Moore ver-
sunkenen Einbäumen und zerstörten Steingräbern. Im Ganzen also war das
Gebiet vorgeschichtlich wenig erschlossen und mutmaßlich ergiebig.
Die Organisation des 4 tägigen Kurses war nun so getroffen, daß zu
Beginn das bereits gesammelte Fundmaterial vorgelegt wurde. Lehrer
Dannenberg-Mardorf hat in vorbildlicher Weise seit einigen Jahren
unter Anleitung des Landesmuseums die Dorfsluren abgesucht. Die Betrach-
tung und Bestimmung dieser Funde gab die erwünschte und notwendige an-
schauliche Grundlage für die weiteren Arbeiten. In der anschließenden Flur-
begehung am alten Meeruser entlang konnte bereits jeder Teilnehmer
m-esolithische Werkzeuge und Abschläge finden, so daß Sammlertrieb und
Forschungseifer gleichermaßen geweckt waren und ein eindrucksvolles Bild
von der dichten vorgeschichtlichen Besiedlung dieser Gegend recht sinnfällig
entstand. Kartierung der Funde, Aussprache und zusammensassender Vortrag
bildeten den Abschluß.
Der folgende Tag sollte eine kunstgerechte Grabung bringen. Vorgesehen
war hierzu eine durch Sandabfuhr gefährdete Düne, die sichtbare Spuren
von vorgeschichtlichen Brandbestattungen zeigte. Also eine Notgrabung, wie
sie bei den gewaltigen Erdbewegungen dieser Jahre oft und überraschend
eingeleitet und meist vom Landlehrer durchgeführt werden muß, da die zu-

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