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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0052

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Ausgrabungen und Funde.

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angekauft worden, sondern auch die Abteilung neuerer
Kunst ist durch eine stattliche Reihe hervorragender Ge-
mälde ansehnlich vermehrt worden. Auf der Auktion
Liebermann in Berlin gelang es, den interessanten frühen
Lenbach „Bauern vor dem aufziehenden Gewitter flüchtend"
zu erwerben. Neuerdings konnten diesem Werke Franz
von Lenbachs eine männliche Porträtstudie in Ol und ein
weiblicher Kopf in Pastell als Vertreter der jetzigen Kunst
des Meisters hinzugefügt weiden. Auf den Kunstausstel-
lungen in München, Berlin und in Magdeburg selbst wurden
dann Werke der folgenden Künstler erworben: Franz
Zimmermann in Rom (Das letzte Abendmahl), Franz Skar-
bina in Berlin (Der Posthof in Karlsbad), Max Pietschmann
in Dresden (Geistliche Herren), Fr. Kallmorgen in Karls-
ruhe (Die Büste des Kaisers), W. Schwar in München (Die
Sensenschleifer), H. Zügel in München (Morgen, weidende
Schaafherde), Gustavo Simoni in Rom (Beim Kartenspiel),
E. Witkamp in Amsterdam (Mutter und Kind), Jan Vrolyk,
im Haag (An der Pfütze). In den neuen Oberlichtsälen des
Museums kommt die künstlerische Bedeutung aller dieser
Bilder trefflich zur Geltung.

Düsseldorf im November. In meinem letzten Referat
über den jüngst nach Berlin übergesiedelten Fr. von Sekennis
hatte ich ihn einen Künstler von einsamer Abgeschlossenheit
genannt, selten und „sparsam schaffend", aber dann jedes-
mal „ein Ganzes". Den Ausdruck „sparsam" muss ich zu-
rücknehmen, denn Schennis ist ein „Verschwender" geworden!
Werk auf Werk entsteht in schneller Folge. Es bleibt da-
hingestellt, ob er die Radirnadel oder die Farbe mehr be-
herrscht. Sein neuestes Ölbild: „Erinnerung an Rom" ist
eine koloristische Leistung von mächtigem Klang. In großen,
breiten Massen stehen die Farbenakkorde gegen einander,
von der heißen tiefen Glut des Sonnenlichtes, das durch die
Kronen der herbstlichen Bäume und den dunklen Cypressen-
wald blitzt, über die hell herausleuchtende Tempelruine
hinweg und dann in dem reinen, kühlen Blau des südlichen
Abendhimmels ausklingt. Den Reiz der in perspektivischer
Verkürzung sich verlierenden großen Parkwiese, sowie die
fast übernatürlich leuchtende Staffage im Mittelgrunde, zeigen
Schennis' ausgebildetes Gefühl für die zeichnerische Finesse.
Links zieht sich die dem jungen Meister so beliebte verwitterte
alte Architektur hin, eine Marmorbalustrade, hier und da
von zerfallenen Steinbildern unterbrochen. Lber dem Ganzen
lagert jener eigene melancholische Stimmungszauber: die
von heißer Liebe zum klassischen Altertum durchwehte Klage
um die Vergänglichkeit alles Irdischen, welche jedes Werk
des Künstlers leise durchzittert. — W. Schreuer ist der
Name eines jüngeren hiesigen Akademikers, der vor ca.
2 Jahren zuerst die Aufmerksamkeit durch Erinnerungs-
skizzen kleineren Formats (aus dem Manöverleben, Markt-
scenen etc.) auf sich lenkte. Was er soeben bei Schulte
ausgestellt hat, ist demselben Gebiet entnommen. Die
beiden Manöverscenen bei Kaiserswerth („Ubergang über
den Rhein") in dünner Ölfarbe (Beinschwarz und Weiß)
gemalt, sind von einer Verve, Charakteristik und Lebendig-
keit in der Bewegung, dass sie den Eindruck unmittelbar-
ster Natur machen. Dabei arbeitet der Künstler keineswegs
mit dem Momentapparat, sondern nur aus dem Kopfe.
Schreuer ist ohne Zweifel ein junges Genie, das sich das
„Erlernbare" auf der Akademie angeeignet, den größeren
Teil seines Könnens aber aus sich selbst herausholt. „Er
kann nichts fertig machen" sagte man früher von ihm. Er
hat dieses Urteil Lügen gestraft. Ob er jemals ein großes
Bild wird malen können, bleibt dahin gestellt. Als Kolorist
hat er noch nichts bewiesen, obgleich in den beiden be-

[ wegten Scenen mit den wenigen Mitteln ein Gefühl des
j Tones liegt, der das Ganze einheitlich zusammenhält und
daher auf Farbengefühl wohl schließen ließe. Wie dem
auch sei: es bleibt eine Freude, konstatiren zu können, dass
hier ein ursprüngliches Talent auf seine Weise zu schaffen
. berufen zu sein scheint. Diejenigen, welche so gerne
\ Regeln erfinden, wie man malen soll, oder welche in ihrer
öden Naturabschreiberei den Mangel an innerem Schauen
zu verhüllen suchen, mögen sehen, wo sie ein Talent wie
dieses unterbringen und in ihre Schulsysteme hineinzwingen
können. — Das große Dimenbild (plein air, wenn man will)
von A. Müller-Kämpf verdient Erwähnung. Die licht durch-
fluteten Luft- und Sandtöne sind von großer Wahrheit und
Leuchtkraft und die vielen gelben Strandblumen stören nicht
im mindesten. Die Stimmung wird durch einen abgezäunten
kleinen Friedhof und eine nachdenklich vor sich hin träu-
mende Mädchengestalt wirkungsvoll herausgehoben. Die
Figur hat leider etwas zu Körperloses und Lebloses für meine
Augen, aber ich stehe gerne lange vor diesem wahren und
stimmungsvollen Stück Naturausschnitt. Da sind noch meh-
rere andere erwähnungswerte Sachen augenblicklich aus-
gestellt (so eine prachtvolle Landschaft des genialen Här-
tung), aber der Raum verbietet mir näher darauf einzugehen.
Der früher in Düsseldorf ansässige Ch. Paterson hat von
Edinburgh aus eine ganze Reihe stimmungsvoller landschaft-
licher Aquarelle gesandt, in denen der Einfluss der Schotten
mit ihrem düsteren, koloristisch ernsten Stimmungszauber
deutlich zu erkennen ist. — Ich kann heute nicht schließen,
ohne des neuen Oswald Achenbach zu gedenken, der wie
eine Offenbarung anmutet. Es ist gewiss nicht nötig, immer
wieder auf die Bedeutung dieses genialen Farbensymphoni-
kers hinzuweisen; wenn aber ein so gewaltiger Treffer, wie
dieser „Mondschein in den Pontinischen Sümpfen, Blick auf
das Cap Circe" erscheint, kann man nicht an ihm vorüber
gehen, ohne sich in Ehrfurcht seiner Größe zu beugen. Die
Nachtstimmung dieser pontinischen Sümpfe, die dunkelblauen
und silberhellen Töne des Himmels kontrastiren wunderbar
mit der magischen Beleuchtung auf der Via Appia im Vorder-
grund Wer dürfte es außer diesem Meister wagen, ganz
links, fast an den Rahmen des Bildes heran, ein helllodern-
des Feuer zu malen, das nicht stört, wer darf so wenig
zeichnen (wie die Büffelherde und der Hund im Vorder-
grund) und doch eine so richtige Wirkung erzielen? Das
sind Geheimnisse des Genies, die eben der zergliedernden,
grübelnden Forschung nie zugänglich sein werden.

SCHÖLERMANN.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

* Bei den Ausgrabungen in Delphi ist unlängst ein um-
fassendes Werk hellenischer Skulptur des feinsten archai-
schen Stils zu Tage gekommen, das zu den kostbarsten
Funden seiner Art gezählt zu werden verdient. Es ist dies
der Fries vom Schatzhause der Siphnier, eine figurenreiche
Komposition, die sich nach den erhaltenen Resten fast in
ihrer ganzen Länge wiederherstellen lässt. Der Wert der-
selben wird noch erhöht durch die an der Oberfläche der
Skulpturen mehrfach erhaltenen Reste von Farben. — Es
sei bei diesem Anlass an die gleichfalls in Delphi gefundene
„Hamaxa" mit der schönen Pferdegruppe erinnert, von
welcher Pomtow in seinen Beiträgen zur Topographie von
Delphi (Taf. XII, Fig. 32) eine Abbildung bringt, ohne dass
wir deshalb einen Zusammenhang zwischen diesem Werke
und dem Friese der Siphnier statuiren möchten. Hoffentlich
sorgt die französische Direktion der Ausgrabungen bald für
eine entsprechende Publikation ihres wertvollen Fundes.
 
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