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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Nekrologe. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen. —

Vereine und Gesellschaften.

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recht darzustellen, ist zu den Schilderern der Paladine des
großen Friedrich noch Prof. Wold - Friedrich hinzugetreten,
dessen Feinfühligkeit der Ausführung sehr zu gute gekommen
ist. Das Buch schildert in 50 farbigen Bildern in jenem
einfach-klaren Stil gewisser volkstümlicher englischer Bilder-
bücher das Leben und Leiden der unvergesslichen preußischen
Königin. Das Buch gehört zu den besten Bilderbüchern, die
je erdacht und ausgeführt worden sind.

NEKROLOGE.

Am 9. November starb in Breslau der Architektur-
und Landschaftsmaler Adalbert Wölfl. Am 9. Mai 1827 in
Frankenstein i. Schi, geboren, hatte er anfangs Theologie
studirt, wandte sich aber mit 23 Jahren ganz der Kunst
zu. Uisprünglich Porträtmaler und Schüler des Breslauer
Professors Ernst Besch, erkor er sich nach Studienreisen in
Deutschland, Österreich, Ober - Italien ausschließlich die
Architekturmalerei als Schaffensgebiet. Vornehmlich waren
es die altehrwürdigen kirchlichen Bauwerke Breslau's, die
Magdalenas-, Barbarakirche u. s. w., oder malerisch inter-
essante Winkel der Stadt, die ihn zu einer peinlich genauen,
aber auch liebevoll vertieften Wiedergabe reizten und die
er durch geschickt gewählte Staffagen anziehend zu be-
leben wusste. Da besonders die letzteren vielfach den An-
forderungen der Neuzeit haben weichen müssen, so bieten
viele seiner Arbeiten nicht nur ein kunst-, sondern auch ein
kulturgeschichtliches Interesse, freilieh von lokaler Bedeutung.
Viele seiner Werke befinden sich in schlesischem Privat-
besitz, die Gemäldesammlung des Schlesischen Museums der
bildenden Künste weist nicht weniger als acht „Wölfl's" auf,
die größtenteils aus den sechziger Jahren stammen. Mehr-
fache Ansichten des allbekannten Rathauses und das Bild der
Elisabetkirche haben durch Buntdruck eine weite Verbreitung
gefunden. Mit Glücksgütern nicht gesegnet, hatte sich der
kleine Mann, der mit seinem weißen Bart wie ein Maler-
modell selbst aussah, von der Welt zurückgezogen, und
einsam und verlassen ist er gestorben.

PERSONALNACHRICHTEN.

V* Dem Bildhauer Prof. W. von Bümann in München
ist der Maximilians-Orden für Kunst und Wissenschaft ver-
liehen worden.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Miincäcsy's„Eccchomo". VonderBudapesterMillenniums-
Ausstellung kommend, ist dieses vielgenannte neueste und
letzte Bild aus dem „Christus-Cyklus" jetzt im französischen
Saale des Wiener Künstlerhauses ausgestellt. Leider gehört
es zu den Enttäuschungen und fällt gegen frühere Werke
entschieden ab. Die Gestalt Christi — gegen die sich viel
Widerspruch erhoben — darf man wohl als eine individuell
aufgefasste gelten lassen; die Auffassung ist berechtigt und
durch die eben vorhergegangene Handlung genügend er-
klärt. Jesus ist der Geißelung unterworfen worden. Seine
ganze Erscheinung drückt die tiefste Erschütterung aus.
Sein irdischer Leib hat unerhörte Schmach erduldet und bebt
noch unter der Nachwirkung der wütenden Streiche. Seine
Augen glühen wie im Fieber. Aber trotzdem er uns mensch-
lich leidend nahegebracht ist, verliert er nichts von dem
höheren geistigen Wesen des Heilands. Mit merkwürdiger,
übernatürlicher Klarheit strahlt sein Auge, den Blick über
die unten tobende Menge hinweg ins Weite gerichtet, — in

diesem Augenblick fühlt er keinen Schmerz mehr, sieht er
nichts mehr mit dem leiblichen, nur mit dem inneren geistigen
Äuge. Den gebrechlichen Leib trägt und beseelt nur noch
das zweite Ich. In diesem Zustande der ekstatischen Ver-
klärung sind Tausende von christlichen Märtyrern in der
römischen Arena, sind sogenannte Hexen im Mittelalter, sind
Reformatoren wie John Wickleff und Johannes Huss über
die Schauer des Todes hinweggetragen worden und mit jener
Ruhe gestorben, von der die alten Chronisten berichten. Das,
glauben wir, hat dem Künstler vorgeschwebt und in diesem
Sinne vermochte uns auch sein Christus zu überzeugen,
welcher etwas von jener suggestiven inneren Wahrheit ent-
hält, wie sie, nur noch weit herber, von den Deutschen des
16. Jahrhunderts gemalt wurde. Mit diesem Vergleich soll
der Selbständigkeit des Bildes nichts benommen werden;
aber es ist damit auch das Beste hervorgehoben, was es zu
bieten vermag. Die ganze linke Hälfte der kolossalen Lein-
wand mit den vielen Figuren wirkt zerrissen, oberflächlich
und besonders auch koloristisch unerfreulich und stumpf.
Eine Überhäufung von Einzelheiten, eine Unzahl theatra-
lischer Geberden ohne Empfindung, statt Leidenschaft Ver-
zerrung. Die ganze Scene wirkt wie eine Bühnenprobe,
wobei die ungedrillten Statisten nach Leibeskräften agiren,
jeder auf den Wink des Regisseurs in das Geschrei mit ein-
stimmt, ohne aber etwas dabei zu fühlen. Was ein Gemälde
zum Kunstwerk erhebt: breite Wirkung und Zusammenhang
der Teile, vermisst man. Dass in einzelnen Köpfen — be-
sonders in den versteckten, aus dem Halbdunkel im Hinter-
grund hervortauchenden — sich die Meisterhand verrät,
welche „Christus vor Pilatus" gemalt, bedarf wohl kaum
betont zu werden. Einige sind verblüffend wahr, malerisch
und charakteristisch; aber solche Einzelheiten retten das
Ganze nicht, weil eben — kein Ganzes da ist. Man muss
es doppelt beklagen, dass der Künstler es nicht zu hindern
vermochte, dass unberufene Federn gerade für dieses Werk
eine übertriebene Reklame machen. Ein. im saubersten
Küchendeutsch geschriebenes Pamphlet, voll geschmackloser
Panegyrik, mit der Beschreibung dos Gemäldes etc., ist eines
ernsten Werkes nicht würdig. Die aufgelegten „Fremden-
bücher" dürften auch besser fortgelassen sein. — Als besten
„Willkomm" zu des Künstlers Rückkehr von Paris möchten
aufrichtige Freunde wohl der Hoffnung Ausdruck geben, dass
es ihm im eigenen Vaterlande vergönnt sein möge, Werke zu
schaffen, die sich dem Besten, was er in früheren Jahren ge-
leistet hat, an die Seite zu stellen vermögen. Denn unver-
gessen sind sein „Milton" und die „Armesünderzelle".

—nn.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

*„* Der Gesamtvorstand der Münchener Künstlergenossen-
sehaß hat seine Entlassung eingereicht. Der Grund dazu
war nach einem Bericht der „Frankfurter Zeitung" ein von der
Generalversammlung am 4. Dezember gegen den Willen des
Vorstandes gefasster Beschluss, wonach für die nächstjährige
internationale Kunstausstellung die frühere Art der Jurywahl
wieder eingeführt werden soll. Nach dieser Art wären sämt-
liche Mitglieder wahlberechtigt, und die Wahl wäre schrift-
lich zu vollziehen. Bei den Jahresausstellungen hatten da-
gegen seit einigen Jahren nur die Aussteller der letzten drei
Jahre das Recht, sich an der Jurywahl zu beteiligen, die nur
in einer besonderen Wahlversammlung erfolgen durfte. Die
Vorstandschaft sieht in dem Rückgriff auf die alten Zu-
stände eine Gefährdung der künstlerischen Gestaltung der
Ausstellung.
 
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