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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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313

Vereine und Gesellschaften.

314

Hauptverdienste der gegenwärtigen Leitung des Kabinetts
— ist es nur völlig gerechtfertigt, dass auch William Unger's
Werk einen breiten Platz darin einnimmt. Denn er hat die
größton Verdienste um die moderne Radirkunst, und nichts
würde ungerechter sein, als ihn als einen Überholten sozu-
sagen zum alten Eisen zu werfen. Es ist etwas ganz ande-
res, starr an einer überwundenen Kunstrichtung festzuhalten
und vor dem Fortschritte hadernd und polternd die Augen
zu schließen, als wie es bei William Unger der Fall ist,
selbst einer der Finder des neuen Pfades zu sein, auf dem
nun andere triumphirend vorwärts und vielleicht weiter
marschirt sind, als der Meister und Bahnbrecher selbst.
William Unger aber hat das große, längst nicht genug ge-
würdigte Vordienst, die Radirung in Deutschland überhaupt
erst wieder ins Leben gerufen zu haben. Als er vor nun-
mehr 30 Jahren anfing, zu radiren, hatte er in deutschen
Landen keinen Meister, von dem er hätte lernen können,
hatte die Radirung überhaupt keine Stätte unter den ver-
vielfältigenden Künsten; die ganze großartige Kunst, über
die Unger jetzt verfügt, die hohe Stufe, auf die er die Radi-
rung im Laufe eines nunmehr dreißigjährigen Schaffens ge-
hoben hat, verdankt er nur sich selbst, seiner Energie, seinem
rastlosen Fleiße, der sich nie genug thun konnte, der steten
Selbstkritik, die er, sich selbst anspornend, an den eigenen
Werken übte, und seiner eigenartigen künstlerischen Be-
gabung, die gerade in der Radirung den vollen Ausdruck
fand. Gewiss war es ein Glück für ihn und andererseits
auch für die moderne Malerei, dass Unger ihr als kongenialer
Meister auf dem.Felde der reproduzirenden Kunst zur Seite
stand und mit ihr selbst zu immer höherer Vollkommenheit
nach der Seite des Malerischen hin emporwuchs. Zwar hat
er selbst seine Hauptthätigkeit den alten Meistern zugewendet,
aber er hat eine Menge von Schülern, Radirern und Malern
in seinem vielbesuchten Atelier herangezogen, deren Tüch-
tigkeit der modernen Kunst zu gute gekommen ist, und vor
wenigen Jahren überraschte der Meister selbst seine Freunde
durch Radirungen nach Uhde, Kuehl, Liebermann, welche
für die Beweglichkeit seines Talentes ein erneutes Zeugnis
ablegen (sie finden sich im vorderen Saale ausgestellt). Aus
welchen Anfängen Unger sich emporgearbeitet hat, zeigen
die Blätter im dritten Saale rechts am Fenster. Unger hat
zunächst seine Studien bei Josef Keller in Düsseldorf be-
gonnen und dann bei Thäter in München fortgesetzt. Die
ersten Blätter zeigen die Früchte dieses Studiums: einige
saubere und befangene Linienstiche und einige getreue Nach-
bildungen von Inkunabeln des Kupferdruckes, die dem be-
kannten Weigel und Zestermann'schen Werke einverleibt
wurden. In ihrer Sorgfalt und Treue sind es bewunderns-
werte Arbeiten. Aus früher Zeit stammen dann auch die
Beiträge zu der sentimentalen Ramberg'schen Schiller-Galerie,
auch die Abundantia und Miseria nach Wislicenus. Die
Ausstellung ist dann nicht mehr nach der Zeitfolge geordnet,
darum aber nicht weniger interessant, denn sie bietet eine
Fülle prächtiger Blätter in großer Mannigfaltigkeit. Da
sind z. B. eine größere Anzahl Blätter aus dem großen
Wiener Belvedere- Werke, das Unger in den Jahren 1876
bis 1885 vollendete und das nicht weniger als 100 große
Tafeln und 77 Textdrucke enthält. Vergleicht man die fast
unvereinbaren Gegensätze der verschiedensten Malerindivi-
dualitäten, die es hier mit der nachschaffenden Radirnadel
zu bewältigen galt, so wird man auch hier wieder — ganz
abgesehen von der andauernden Energie gegenüber einem
so umfangreichen Werke — die Vielseitigkeit von Unger's
Talent, die stets sich anpassende Virtuosität seiner Hand,
die nachschaffende Intimität der Anempfindung staunend er-

kennen und anerkennen. Das Größte hat Unger bekannt-
lich in der Wiedergabe der großen Niederländer geleistet,
zu denen er mit Vorliebe immer wieder zurückgekehrt ist.
Von seinen berühmtesten Blättern finden wir im dritten Saale
links einige vorzügliche Abdrücke ausgestellt; vor allem das
Selbstbildnis Rembrandt's mit dem Federhute und das köst-
liche Bildnis Willem van Heythuysen's von Frans Hals. Sie
zeigen Unger auf der Höhe seines Schaffens; sein Können
ist da noch gewachsen mit der Größe der Aufgaben, die er
sich gestellt hat. Die ganze imponirende Charakteristik, die
sich in dem selbstbewussten lebensfrohen Haarlemer Bürgei-
junkor ausspricht, der ganze stoffliche Reiz der prächtigen
Kleidung und die Feinheit der malerischen Auffassung kommt
in dem köstlichen Blatte nach Frans Hals zur Geltung, und
nicht minder trefflich ist das Selbstbildnis, in dem sich der
Amsterdamer Meister in froher Lust an glänzendem Putze
selbst dargestellt hat. Von dem neuesten noch unvollende-
ten Werke Unger's, der Rembiandt'schen Saskia mit der
Nelke, aus unserer königlichen Galerie ist ein verheißungs-
voller Probedruck vorhanden. Möge dem Wiener Meister,
der in diesem Jahre (am 11. September) sein 60. Lebensjahr
vollendet, noch eine lange Schaffenszeit beschieden sein.
Der Wettbewerb, den jüngere Meister ihm auf seinem eigen-
sten Schaffensgebiete bereitet haben, hat ihn nicht gelähmt,
sondern zu neuen Anstrengungen getrieben, die wahrlich
nicht erfolglos geblieben sind. So dürfen wir von seiner
Meisterhand noch manches Meisterwerk erwarten."

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

Elberfeld, Der Museums-Verein veranstaltet mit Ge-
nehmigung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz auch in
diesem Jahre eine Verlosung von Gemälden. Der Preis
eines Loses betragt 3 Mark; der ganze Ertrag aus dem
Losverkauf wird auf die Lotterie verwendet. Der Vertrieb
der Lose sowie der Ankauf von Bildern hat begonnen. —
Außerdem stehen dem Vorstande des Museums- Vereins wieder-
um 1500 Mark aus einem Fonds zum Erwerb eines Bildes
für die städtische Galerie zur Verfügung. Sowohl für die
Verlosung als auch für die Galerie werden die Bilder nur unter
den in der ständigen Kunstausstellung des Museums-Ver-
eins ausgestellten Werken ausgewählt.

Berlin. In der zweiten Sitzung der kunstgeschichtlichen
Gesellschaft sprach Herr Regierungsassessor Giehlor über den
Meister M. A. im Gebetbuch Kaiser Maximilian's I. Das
Monogramm M. A. findet sich auf mehreren Zeichnungen
in dem sog. Besaneoner Gebetbuch, einem Fragment jener
unvollendet gebliebenen, vom Kaiser in großem Umfang
geplanten Gebetsammlung, deren Hauptschmuck Randzeich-
nungen von Albrecht Dürer, Cranach, Burgkmair, Baidung,
Altdorfer, Hans Dürer bilden. Das bekannte von Dürer
und Cranach illustrirte Exemplar in der Münchener Hof-
bibliothek und drei bloß gedruckte Texte ohne Illustrationen
in Wien, im Britisch-Museum und in englischem Privatbe-
sitz, letzteres das vollständigste, geben, indem sie sich
gegenseitig ergänzen, eine Vorstellung von dem großen
Plan des Kaisers, der wie so viele seiner Unternehmungen
nicht zum Abschluss kommen sollte. Schon äußerlich mar-
kirt sich dies an allen Exemplaren durch das Fehlen der
ersten und zweiten Seite mit dem üblichen Kalender; zu
dem Wunsch des Kaisers, hier die Heiligen seines Geschlechts
eingeführt zu sehen, war erst nach seinem Tode vom Papst
die Genehmigung erteilt. Die von Maximilian wohl 1513
bei Schönsperger in Augsburg bestellten zehn Exemplare
waren 1514 fertig], so dass eines davon an die Künstler'zur
 
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