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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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Rosenberg, Adolf: Zur Erinnerung an August von Heyden
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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0264

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Zur Erinnerung an August von Heyden.

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ein paar Monate wegen eines Auftrages in einer kleinen
Stadt zu Verweilen. So malte er denn seine „Wand-
gemälde" auf Leinwand zu Hause, und sie wurden dann
an den Mauern befestigt. Andere Künstler haben es
auch so gethan, und es wird sich wohl bald heraus-
stellen, ob sich die Methode bewährt.

August von Heyden war allerdings in den zwei
letzten Jahrzehnten seines Lebens so in Anspruch ge-
nommen, dass eine längere Abwesenheit von seinem
Hause unmöglich war. Seine persönliche Erscheinung,
seine Lebensführung hatten ihn bald nach seiner Ansied-
lung in Berlin mit vornehmen Kreisen in Beziehungen
gebracht, nachdem seine Jugend keineswegs freundlich
verlaufen war. Obwohl sein Vater, der zur Zeit, als
August von Heyden in Breslau zur Welt kam (13. Juni
1827), Eegierungsrat war, in seinen Mußestunden selbst
der Kunst als Nachkömmling der Bomantiker huldigte,
war er doch praktisch genug, um die Zukunft des Sohnes,
wie er es einst selbst gethan, zunächst auf ein Amt zu
stellen, neben dem dann die Kunst beiläufig betrieben
wurde. Trotzdem war Friedrich August von Heyden in
der Dichtkunst keineswegs ein bloßer Dilettant. Er ist
sogar, wie viele Juristen, äußerst produktiv gewesen,
und wenn auch seine Dramen, Romane und Dichtungen
keine Spuren in der Literaturgeschichte hinterlassen
haben, so hat er doch auch einmal seinen großen
Augenblick gehabt. Ähnlich wie später Oskar von Red-
witz und Otto Roquette, mit dem unser Maler übrigens
in inniger Freundschaft bis an Roquettes Lebensende
verbunden war, hat Friedrich August von Heyden mit
einem romantisch-historischen Epos „Das Wort der Frau"
so glücklich in die Stimmung seiner Zeit hineingegriifen,
dass seine Dichtung über zwanzig Auflagen erlebte. Eine
der letzten war eine Prachtausgabe mit Illustrationen
seines Sohnes. Dieser entschied sich, dem Drängen des
Vaters folgend, für das Bergfach, und mit dem Ernst,
mit der Zähigkeit, die ihn sein ganzes Leben begleitet
haben, wo immer er sich einer Sache annahm, arbeitete
er sich bald in seinen Beruf so tüchtig hinein, dass er es
nach wenigen Jahren emsigen Studiums zu einer Ver-
trauensstellung, zum Verwaltungschef in den Bergwerken
des Herzogs von Ujest brachte. Mit dem Beruf eines Berg-
manns ist aber allerlei Phantastik, Mystik und Märchen-
Sptik verbunden, und gerade dieses poetische Beiwerk hat
den künstlerischen Gestaltungstrieb Heydens erst zu voller
Entwicklung gebracht. Von einer Reise nach Istrien
brachte er unauslöschliche Eindrücke heim, und was er
täglich sah, reizte seine Hand zur Nachbildung, wobei
sich freilich zunächst seine reiche Phantasie in glänzen-
dem Lichte zeigte. Ein Zufall führte ihn in Schlesien
mit dem Berliner Architekten R. Lucae zusammen, und
dieser brachte einige Zeichnungen des jungen Bergmannes
nach Berlin, wo .sie in Künstlerkreisen lebhaftes Interesse
hervorriefen. Als dann ein zweiter Zufall, bei dem Gott
Amor die leitende Rolle gespielt hatte, dem also Be-

glückten gestattete, den Bergmann auszuziehen und seinem
Drange in die künstlerische Freiheit zu folgen, fand er
zwar in Berlin bereits eine freundliche Aufnahme, aber
das Nächste für ihn war doch, etwas Ordentliches zu
lernen. Das hat er denn in redlichem Bemühen nach
einander gethan, indem er — so war es damals in
Berlin Mode — bei Holbein zeichnen und bei Steffeck
malen lernte. Im Jahre 1861, also als gereifter Mann,
ging er nach Paris, wo er sich — abermals nach der
vorgeschriebenen Marschroute — in den Ateliers von
Gleyre und Couture den „letzten Schliff" holte. Er hat
mir einmal, als ich etwas Sicheres über den bald sagen-
haft gewordenen Couture wissen wollte, erzählt, dass die
ganze Coutureschule mehr oder weniger ein lustiger
Schwindel war, auf den viele Dumme anbissen, und das
ist wohl richtig, da das moderne Paris zahlreiche Ana-
logieen zu diesen „Modeateliers", in die sich die Schüler
hineindrängen, um schnell enttäuscht zu werden, be-
sitzt. In Paris malte A. von Heyden ein Altarbild für
die Kirche in Dudweiler: die hl. Barbara, die einem im
Schachte verunglückten P Tgmann die Sterbesakramente
bringt. Es war eine Erinnerung an seine frühere Thätig-
keit, aber noch kein Abschiedsgruß. In späteren Jahr-
zehnten hat er noch mehrfach künstlerische Anregungen
aus den phantastischen oder furchtbaren Geheimnissen der
Unterwelt gewonnen. Für den Schriftsteller zeugen
davon zwei Bergmannsmärchen „Aus der Teufe" und
„Die Perlen", die er selbst illustrirt hat, und für den
Künstler das tieferschütternde figurenreiche Bild „Treue
Kaineraden", die durch den Zusammenbruch eines Stollens
von der Außenwelt abgeschnittenen, auf den Tod vor-
bereiteten Grubenhäuern als Retter in der Not erscheinen.

Als Heyden von Paris nach Berlin zurückkehrte,
war er so wenig von der französischen Luft benommen,
dass er sich vielmehr in die deutsche Geschichte, be-
sonders die des Reformationszeitalters, versenkte. Ein
großes Bild, die Begegnung des wackern Landsknechts-
hauptmanns Georg von Frundsberg mit Luther auf dem
Reichstage in Worms, wurde zuerst ausgeführt. Man
sieht es jetzt im Germanischen Museum zu Nürnberg,
dem A. v. Heyden als Pfleger und Vorstandsmitglied
seine stete Fürsorge gewidmet hat. Als dieses Bild
zum ersten Male in der Öffentlichkeit erschien, fiel all-
gemein die sorgfältige Behandlung der Trachten auf,
die ganz und gar nicht an die Maskengarderoben und
die Kostümkammern der Akademieen erinnerte. Von
manchen wurde diese starke koloristische Betonung der
Kostüme sogar getadelt. Nachher hat man dieses ent-
schlossene Streben nach historischer Wahrheit als eine
That gefeiert, und als Hermann Weiß sein Amt als
Lehrer der Kostümgeschichte an der Berliner Hochschule
für die bildenden Künste niederlegte, war es selbst-
verständlich, dass Heyden an seine Stelle trat. Er hat
sie fast zehn Jahre verwaltet, und als er sein Amt
niederlegte, war der nächste Grund dazu ein kleinlicher,
 
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