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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

DOI article:
Hellwag, Fritz: Was bedeutet die Ausstellung München 1908?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0014

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DIE AUSSTELLUNG MÜNCHEN 1908



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FIGUREN IM PARK

KARL ElilSINOHAUS

ordnen. Geschwunden ist die frühere Sentimentalität, das parvenühafte Gründerwesen wird abgestreift und
Klarheit, Sachlichkeit und Bestimmtheit können ihre Stelle einnehmen. □

„ Ähnlich ist der Werdegang der neuen Kunst. Das Streben zur Architektur wurde anfangs durch

das übertrieben Gefühlsmäßige der Biedermeierzeit und später, im Gegensatz hierzu, durch das Verwechseln
des äußeren Dekors mit der Form (Parvenütum) im Fortschreiten gehindert. Nun endlich, da unsere
Künstler wieder Raumkünstler geworden sind und Gebäude errichten können, die unseren Lebensbedingungen
vollkommen entsprechen, werden wir lernen, auch bei der Gestaltung der Gegenstände, die uns umgeben sollen,
den Schwerpunkt nicht mehr außerhalb zu suchen, sondern in ihrer inneren Gesetzmäßigkeit zu finden.
Aus diesem Gliedern und Wiederzusammenwirken wird das deutsche Heim entstehen, das dem inneren
Wesen des modernen deutschen Bürgers wirklich entspricht.

□ Die einfachste Formel für den Geist, in dem die Ausstellung München 1908 geschaffen worden ist,

wäre die: »Schön ist, was zur richtigen Zeit und am richtigen Orte erscheint«. In der Tat haben die
Schöpfer dieser Ausstellung durch ihr Raumgestalten, durch die prunklose und so zweckentsprechende An-
ordnung der Gebäudemassen und durch die geschlossene Wirkung der Plätze gezeigt, daß der echte archi-
tektonische Geist in ihnen wieder lebendig geworden ist, — durch die krafvolle Selbstbeherrschung, mit
der es ihnen gelungen ist, die wuchernde Fruchtbarkeit einer blühenden Stadt zu stilisieren, haben sie be-
wiesen, daß sie es vermögen, diesen Geist wieder in Leben umzusetzen. FRITZ HELL WAG.

Nachbemerkung: Im gewollten Gegensatz zu der üblichen Form der Kritik, die eine Gefahr in sich birgt,
die Leistung^Einzelner auf Kosten der Übrigen zu sehr hervorzuheben und dadurch die Erkenntnis des Gesamtresul-
tates zu erschweren, sollte in den obigen Sätzen versucht werden, einen Gesichtswinkel zu finden, aus dem man die
Beziehung solcher großer Ausstellungsunternchmen zu der Entwichelung des ganzen Volkes erkennen könnte. /. //
 
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