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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Behrens, Peter: Was ist monumentale Kunst?: aus einem Vortrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0053

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KREMATORIUM VON PETER BEHRENS

Peter Behrens, Krematorium in Hagen i.W.
(Entwurfskizze der Leichenhalle mit Geistlichen-Zimmer.)

WAS IST MONUMEN-
TALE KUNST?

AUS EINEM VORTRAGE.

Die monumentale Kunst ist der
höchste und eigentliche Ausdruck
der Kultur einer Zeit. Nach ihr ist
der geistige und künstlerische Gehalt zu
beurteilen, von ihr sind auch alle anderen
Kunstäußerungen bis hinab ins alltägliche
Leben abhängig. ^/

Die monumentale Kunst findet natur-
gemäß ihren Ausdruck an der Stelle, die
einem Volke am höchsten steht, die es am tiefsten ergreift, von der aus es bewegt wird.
Es kann der Ort sein, von dem Macht ausgeht, oder dem auch inbrünstige Verehrung
zugetragen wird. ^^

Es ist das gesamte einmütige Empfinden eines ganzen Volkes für eine Idee nötig, um
Denkmäler monumentaler Kunst erstehen zu lassen. Die Intensität dieses Empfindens ist
maßgebend, nicht aber irgendeine vorhandene oder benötigte materielle Größe.

So ist begreiflich, daß die Paläste der früheren griechischen Könige, über die wir durch die
besten Forschungen der Archäologie deutlichere Nachricht erhalten haben, Monumentalgebilde
waren, daß der die Welt beherrschende Napoleon sich mit solcher Kunst umgeben konnte.

. . . Also liegt das Monumentale auf keinen Füll in der räumlichen Größe. Die
wahren Ausmessungen sind hierbei belanglos. Ein räumlich nicht sehr großes Gebäude oder
eine Plastik von nicht eben großen Ausmessungen können monumental sein, sehr »groß«
wirken, können so veranlagt sein, daß sie sich nicht an einen still empfindenden einsamen
Beschauer wenden, sondern mit Recht beanspruchen, auf große geschlossene Kreise ihre
Wirkung auszuüben, die sie tatsächlich dann erst erreichen werden.

Es ist ähnlich wie bei plötzlich ertönender
Tanzweise: Eine einzelne Person wird nicht
zu tanzen beginnen, aber in einer Menge,
die gemeinsam ein frohes überschwängliches
Gefühlstalent verbirgt, kann sehr bald der
Tanz durch die Musik ausgelöst werden.

Es ist das Gegenteil von dem Genuß
eines lyrischen Gedichtes, dessen zarte
Rhythmik man in stiller Einsamkeit am tief-
sten empfindet, oder von dem Besitz einer
seltsamen Radierung, die nur wenigen ge-
fällt, einzelnen, dem Künstler geschmack-
D f r . • ^> verwandten Menschen aber hohen Wert

Peter Behrens, Krematorium in Hagen i.W. uwiicu weil

(Entwurfskizze der Leichenhalle mit Geistlichen-Zimmer.) bedeutet. /^
 
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