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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Pelka, Otto: Die Ausstellung von neuartigen Entwürfen für Innendekoration in dem Leipziger Kunstgewerbe-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0079

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72

WETTBEWERBE DER LEIPZIGER GEWERBEKOMMISSION

o Die Möglichkeit einer praktischen Durchführung dieser
Anregungen sollte die Anfang November v. Js. geschlossene
Ausstellung im Städtischen Kunstgewerbemuseum zu Leipzig
veranschaulichen. In dem Bericht über den ersten Aus-
stellungsversuch wurde am Schlüsse die Hoffnung aus-
gesprochen, daß das gemeinnützige Unternehmen den be-
teiligten Gewerben, wie auch dem Publikum ersprießliche
Anregungen geben würde. Leider hat sich auch bei Gelegen-
heit der zweiten Ausstellung die Annahme als falsch
erwiesen, daß eine Krisis im gewerblichen Leben durch
eine derartige Veranstaltung gemildert oder gar behoben
werden könnte. Bei den verhältnismäßig reichlichen Mit-
teln, die der Gewerbekommission zur Verteilung zur Ver-
fügung standen, hätte man eine lebhafte Beteiligung er-
warten dürfen. Man sollte meinen, daß bei dem lebhaften
Gefühl der Zurücksetzung durch die moderne Entwicke-
lung, das sich in allen Kreisen der Gewerbetreibenden
geäußert hatte, nun jeder bemüht gewesen wäre, durch
die Tat zu beweisen, daß die angeblich von Künstlern und
Architekten geübte Zurückhaltung gegenüber den Erzeug-
nissen der in Betracht kommenden Gewerbe auf falschen
Voraussetzungen beruhte. Nichts von einem tiefgehenden
Interesse der zunächst Beteiligten war zu bemerken. Die
wenigen Leipziger Aussteller, die sich gemeldet hatten,
beweisen nichts für das Gegenteil der Tatsache, daß die
Schuld an der Erfolglosigkeit der Ausstellung allein im
Gewerbe selbst liegt. Worin die Gründe für eine so ge-
ringe Beteiligung beruhen, läßt sich nur vermuten. Die
Entschuldigung, daß Mangel an Zeit die Beschickung ver-
zögerte oder gar verhinderte, kann nicht mehr geltend ge-
macht werden. Wer wirklich etwas kann und imstande
ist, mit seiner Arbeit den Kampf gegen irgend welche ent-
gegenstehende Richtung aufzunehmen, braucht nicht ein
ganzes Jahr, sei es ein Treppengeländer oder eine Fenster-
dekoration zu entwerfen. So viel über die, die sich der
Ausstellung ferngehalten haben. Nun zu den ausgestellten
Arbeiten selbst. o

d Den ersten Preis erhielt nicht eine Leipziger Deko-
rationsfirma, sondern das Berliner Ehepaar Rudolf und Fia
Wille für ihre neuartigen posamentierten Gardinen- und

Tischdecke (bedrucktes Leinen) von Heinrich Vogeler-Worpswede

Entwurf zu einer Tischdecke von Heinrich Vogeler-Worpswede

Bilderrahmenhalter (Abb. S. 74). Daneben waren die Ge-
nannten noch mit drei Polstersesseln aus Leder und far-
bigem Wollstoff vertreten, deren Formen, obwohl auf einem
modernisierten Biedermeierstil basierend, doch zur Genüge
bewiesen, daß es nicht nötig ist, um einen »modernen«
Eindruck zu erzielen, Flachpolsterungen zu bevorzugen.
Einen zweiten Preis erhielten Otto Schenk-Leipzig und
Johannes Hörig-Leipzig, der erstere für Fensterdekorationen
aus farbigem melierten Künstlerleinen mit Posamenten-
besatz von H. Tessnow, der letztere für eine Fensterdeko-
ration, die sich zwar noch dem traditionellen Herkommen
fügt, aber doch eine gute Wirkung abgibt. Otto Schenk
war außerdem noch mit einer auf grau und violett ge-
stimmten Wandbespannung vertreten, deren Felderteilung
durch Borten bewirkt war. Hans Schneider-Leipzig bekam
einen zweiten Preis für einen Klubsessel aus naturfarbenem
Leinen mit weißem Bortenbesatz und gleichfarbigen Appli-
kationen. Die Fensterdekoration mit zugehörigem Sessel
von demselben bot keinerlei neuartige Verwendung der
Materialien. Der einzige Teilnehmer, der auf die von der
Mode teilweise bevorzugte Verwendung von Mull- und
Tüllgardinen eingegangen war, ist Heinrich Vogeler-Worps-
wede; leider waren nur Entwürfe vorhanden. Zu erwähnen
wären in dieser Abteilung dann noch die zum Teil geo-
metrisch gemusterten, gewirkten Borten von H. Opper-
mann, Nachf. W. Westphal-Leipzig. a

a Nicht so zahlreich waren die Einsendungen aus den
Holzbearbeitungsbranchen. Von Möbeln waren nur zwei
Schränke von Friedrich Rose vorhanden, deren bildhaue-
rischer Schmuck ganz einem etwas modern angehauchten
Naturalismus angehörte und infolgedessen auch nicht
mit dem schließlich noch erträglichen Aufbau zusammen-
gehen konnte. Ein Notenschrank mit Flachschnitzerei
von P. Horst-Schulze ließ in seiner Ausführung die Wir-
kung der Holzmaserung nicht ganz in der beabsichtigten
Art und Weise zur Geltung kommen. Die dekorative
figürliche Holzplastik wies nur eine Nummer auf, eine in
Nußbaum geschnitzte Katze von H. Schröter, bei deren
Einsendung ihr Verfertiger darauf hinwies, daß für der-
artige dekorative Gegenstände, wobei vielleicht auch an
 
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