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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Kunstgerwerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0084

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU



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Hin und Her über das Thema von der »Ausstellungs-
würdigkeit« und die Klagen über Zurücksetzung der Spe-
zialitäten, wie Architektur und Graphik auf den großen
Jahresausstellungen, drängen doch wohl zu dem Gedanken,
daß der Ausweg aus all diesen Nöten in Spezialausstellungen
liegt. □

a Nur ist es mit Museen und Expositionen nicht getan.
Das weitere Publikum bedarf zu jeder von ihnen eines
Schlüssels, also mündlicher oder gedruckter Führungen
und Weisungen. Selbst der erfahrenste Fachmann vermißt
namentlich auf den gewöhnlichen Ausstellungen immer
noch genügend viel Detailangaben. Dr. Hans Sclwüdkunz.

□ Berichtigungen. Im Novemberheft unserer Zeit-
schrift hat sich auf Seite 31 ein Versehen eingeschlichen.
Nicht nur der Taufsteindeckel der Lutherkirche, sondern
auch derjenige der Christuskirche, die beide von uns ab-
gebildet wurden, sind von Schilling & Gräbner entworfen,
n Im Dezemberheft gaben wir auf Seite 60 ein Verzeichnis
der auf der Internationalen Kunstgewerbeausstellung in
St. Petersburg ausgezeichneten deutschen Künstler und
Firmen. Hierbei ist leider übersehen worden, zu er-
wähnen, daß auch die Werkstätten für Kunsttischlerei von
Bernhard Göbel in Freiburg i. S. mit der kleinen goldnen
Medaille prämiert wurden. o

LITERATUR

Die Ausstellung München 1908, eine Denkschrift. Vor-
wort und Einleitung von Dr. Walther Riezler, erläuternder
Text von Günther von Pechmann. Herausgegeben von
der Ausstellungsleitung München 1908. Verlag F. Brink-
mann A. G. In Leinen gebunden. Preis 10 Mk. n
o Es war nicht die Absicht der Herausgeber, in dem
vorliegenden Werke einen Gesamtüberblick über die Aus-
stellung zu bieten, sondern vielmehr: das Neue und für das
Gelingen des Unternehmens Charakteristische zu vereinigen.
Dieser Gedanke ist in vorzüglicher Weise bei der Aus-
wahl der Illustrationen und bei der Formulierung des
Textes durchgeführt. Wir finden das Wesentlichste und
Bedeutendste der Ausstellung vereinigt, so daß dies Buch
allen Besuchern der Ausstellung und denjenigen, die sich
über die künstlerischen Fortschritte unterrichten wollen, ein
wichtiges Hand- und Erinnerungsbuch sein wird. □
Geschichte der k. k. Wiener Porzellanmanufaktur.
Herausgegeben vom k. k. österreichischen Museum für
Kunst und Industrie. Text von /. Folnesics und Dr.
E W Braun Mit 42Tafeln,darunter 12farbigen, 1 Marken-
tafel und 147 Illustrationen im Text. Wien 1907. Druck
und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei
n Unter den vielen Werken, d.e in letzter Zeit das, man
kann wohl sagen, so plötzlich wieder erwachte Interesse
für die Kunst des Porzellans in allen Landern hervorgerufen
hat, ist jetzt auch die große P1.bl.kat.0n über das Wiener

n 11 l- „ e.vdorlirh eine der bedeutendsten und

Porzellan erschienen, siclierucn eiu^usi

wissenschaftlich reichsten Veröffentlichungen, d.e über d.es
Gebiet bisher erfolgt sind. Veranlassung dazu haben be-
kanntlich die vor wenigen Jahren veranstaheten Ausstellungen

dieser Erzeugnisse in den Museen zu Troppau und Wien
gegeben, von denen die erstere als d.e Vorarbeit d.e
letztere als die wirkliche Hauptarbeit zu gelten hatte. Beide
Ausstellungen, besonders aber die letztere, hatten ein so
umfangreiches und vollständiges Material zusammen-
gebracht, daß es Ehrenpflicht der österre.ch.schen Kunst-
wissenschaft war, dies, das sicherlich nie wieder in solcher
Vollständigkeit zusammenkommen wird, zur Grundlage einer
umfassenden Monographie über dies Gebiet zu verwerten.

Kunstgewerbeblatl. N. F. XX. H. 4

□ Denn unstreitig, das Wiener Porzellan verdient eine
solche um jeden Preis. Es hat zwar in der eigentlichen
Blütezeit des europäischen Porzellans, der des Rokoko,
keine so große Bedeutung gehabt, wie das Meißner und
auch das von Sevres, es hat wohl auch kein so großes
Gesamtwerk aufzuweisen wie namentlich das erstere. Dafür
aber hat es eine Periode gesehen, in der es unbestreitbar
mit das originellste Porzellan der Zeit hervorgebracht hat;
es hat weiter eine Periode gesehen, in der es weit über
Deutschlands Grenzen hinaus tonangebend wurde. Erstere
Periode war die bisher in dieser Beziehung viel zu wenig
beachtete Zeit des Barocks, da sich das Porzellan hier in
den seilsamsten barocksten Erfindungen gefiel, die zwar
nicht immer sehr geschmackvoll, dafür aber desto charak-
teristischer ausfielen. Letztere war die um die Wende
des 18. Jahrhunderts, die berühmte Sorgenthalsche Periode,
die sich zu einer Feinheit und Delikatesse des Geschmacks
erhob, wie sie das Wiener Porzellan in diesem Maße bisher
noch nicht gezeigt hatte, und wie sie in der damaligen
Zeit auch wohl von keiner Seite aus übertroffen worden
ist. Damals ist seine Blütezeit gewesen. a

□ Die Entstehung und Vorgeschichte des vorliegenden
Werkes ist Veranlassung gewesen, daß man seine Aus-
arbeitung unter die beiden Herren verteilte, die an dem
Zusammenbringen des reichen Materials und seiner Auf-
stellung den gleichen Anteil gehabt haben. Das ließ sich
insofern ermöglichen, als die Geschichte der Manufaktur
in mehrere deutlich voneinander getrennte Epochen und
Arbeitsgebiete auseinanderfällt. Auf diese Weise ist von
Braun die erste oben charakterisierte Zeit des Wiener
Porzellans behandelt worden, da die Fabrik noch eine
Privatmanufaktur war, sowie auch ihre gesamte figurale
Plastik, in den Folnesics die übrigen Teile zufielen, vor
allem die Zeit des Rokoko und die Sorgenthalsche Periode.
Eine solche Verteilung der Arbeit unter mehrere ist immer
eine etwas gefährliche Sache. Falls nicht ein wirklich
innerer, geistiger Verkehr zwischen diesen während der
Arbeit besteht, wird nur zu leicht eine gewisse Divergenz
derselben in Auffassung und Darstellung eintreten, die
dem Gesamtwerk die Einheitlichkeit raubt. Diesen Ge-
fahren ist auch dies Werk nicht ganz entgangen, ja man
kann wohl sagen, daß es ihnen in mancher Beziehung
mehr erlegen ist, als unbedingt nötig war. Nicht jedoch,
als ob hier zwischen den beiden Verfassern eine Ver-
schiedenheit der Ansichten gegenüber dem Tatsächlichen
der Geschichte der Manufaktur bestanden hätte, nicht als
ob sich hier Wiederholungen in den einzelnen Teilen fänden:
das Prinzip der Bearbeitung des Stoffes ist leider bei beiden
ein gänzlich verschiedenes, man erblickt die verschiedenen
Abschnitte der Manufaktur unter ganz verschiedenen Ge-
sichtswinkeln. Denn während Folnesics eine wirkliche
Darstellung des Geschehenen und eine wirkliche Charak-
terisierung des Geleisteten gibt, kommt Braun kaum über
eine Aneinanderreihung einzelner allerdings sehr zahlreicher
und vielfach auch recht interessanter Einzelheiten heraus,
denen leider, nur damit sie ihren vollen Wert bekommen,
meist das geistige Band fehlt. Bei jenem darum eine
fließende und in der Tat sehr fesselnde Erzählung mit
Hervorhebung und Betonung des wirklich Wesentlichen
und Behaltenswerten, bei diesem in der Hauptsache nur
ein Zusammenstellen von vor den Objekten gemachten
Notizen mit allen ihren Bemerkungen im einzelnen, die,
für den Nachschlagenden wohl interessant genug, für den
Lesenden nur schwer überwindbar und auch nicht ein-
prägbar erscheinen. □
n Es kann wohl kein Zweifel sein, welche Art der Dar-
stellung für ein Werk, wie das vorliegende, die richtige ist.
Eine Geschichte der Manufaktur — und als solche be-
 
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