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DIE PFORZHEIMER SCHMUCK-INDUSTRIE
Einflüssen mehr zu entziehen. Für die Kunstgewerbler
und Künstler könnte die Pflicht der Beendigung der
praktischen Lehre fallen. Durch dieses System brauchten
die Kunst- und Kunstgewerbeschulen manche Elementar-
übungen nicht mehr ganz unten zu beginnen. Vielleicht
wären einige derartige Klassen dann dort entbehrlich
und könnten bei den Gewerbeschulen bleiben. Es
könnte eine solche Idee von einer Kommission ge-
prüft und verfeinert werden. °
o Die Bundesregierungen sollten auch Gutachten ein-
holen und Statistiken anlegen, um den jetzigen Zu-
stand klarer zu erkennen. Die Berichte der Schulen
geben nicht auf eine einheitliche und bestimmte Frage-
stellung Antworten, sie werden willkürlich erstattet
und lassen die wirkliche Benutzung mancher Klassen
nicht genau erkennen. □
o Ceterum censeo: wir brauchen zunächst nicht neue
behördliche Schulen, wir können die vorhandenen aus-
bauen und verbessern, vornehmlich durch Spezialisierung
und Stellung besonders hoher Anforderungen in den
amtlichen Schulen. Dadurch könnte ein Dilettantismus
in der Fachbildung ferngehalten und der Bedarf an
Kräften in der Zukunft besser reguliert werden. Für
die Überproduktion sorgt schon der Privatunterricht.
Die Lehrfreiheit sollte aber dem Privatmanne nicht be-
schnitten werden. Die behördlichen Schulen sollten
der Industrie und dem Privatmanne auch nicht die
Erziehung ganz abnehmen, sondern deren Lehre er-
gänzen durch Einrichtungen, Organisationen, Rechte
usw., die jene Kreise nicht leicht schaffen oder gewähren
können. Dieamtlichen Schulen sollten mehr zu Qualitäts-
anstalten in jeder Beziehung ausgestaltet werden. Das
könnte wohl öfter zur freiwilligen gegenseitigen Ab-
grenzung ihrer Gebiete führen. Damit würde vielleicht
der künftige kunstarbeitende Nachwuchs im Deutschen
Reiche besser, und wenn dadurch neue Schulen ge-
spart würden, — auch billiger erzogen werden! Sein
späteres wirtschaftliches Gedeihen würde aber besser
als bisher gesichert sein. □
Prof. MAX SELIGER,
Direktor der graphischen Akademie in Leipzig:
Oben: Carl Pfältzer, Silberschmuck
mit Perlen und Halbedelsteinen
Unten links: H. Schmidt-Staub,
Goldene Brosche mit Brillanten
Unten rechts: W. Frey & Co.,
Silberne Brosche mit Similisteinen
DIE PFORZHEIMER SCHMUCK-INDUSTRIE
Einflüssen mehr zu entziehen. Für die Kunstgewerbler
und Künstler könnte die Pflicht der Beendigung der
praktischen Lehre fallen. Durch dieses System brauchten
die Kunst- und Kunstgewerbeschulen manche Elementar-
übungen nicht mehr ganz unten zu beginnen. Vielleicht
wären einige derartige Klassen dann dort entbehrlich
und könnten bei den Gewerbeschulen bleiben. Es
könnte eine solche Idee von einer Kommission ge-
prüft und verfeinert werden. °
o Die Bundesregierungen sollten auch Gutachten ein-
holen und Statistiken anlegen, um den jetzigen Zu-
stand klarer zu erkennen. Die Berichte der Schulen
geben nicht auf eine einheitliche und bestimmte Frage-
stellung Antworten, sie werden willkürlich erstattet
und lassen die wirkliche Benutzung mancher Klassen
nicht genau erkennen. □
o Ceterum censeo: wir brauchen zunächst nicht neue
behördliche Schulen, wir können die vorhandenen aus-
bauen und verbessern, vornehmlich durch Spezialisierung
und Stellung besonders hoher Anforderungen in den
amtlichen Schulen. Dadurch könnte ein Dilettantismus
in der Fachbildung ferngehalten und der Bedarf an
Kräften in der Zukunft besser reguliert werden. Für
die Überproduktion sorgt schon der Privatunterricht.
Die Lehrfreiheit sollte aber dem Privatmanne nicht be-
schnitten werden. Die behördlichen Schulen sollten
der Industrie und dem Privatmanne auch nicht die
Erziehung ganz abnehmen, sondern deren Lehre er-
gänzen durch Einrichtungen, Organisationen, Rechte
usw., die jene Kreise nicht leicht schaffen oder gewähren
können. Dieamtlichen Schulen sollten mehr zu Qualitäts-
anstalten in jeder Beziehung ausgestaltet werden. Das
könnte wohl öfter zur freiwilligen gegenseitigen Ab-
grenzung ihrer Gebiete führen. Damit würde vielleicht
der künftige kunstarbeitende Nachwuchs im Deutschen
Reiche besser, und wenn dadurch neue Schulen ge-
spart würden, — auch billiger erzogen werden! Sein
späteres wirtschaftliches Gedeihen würde aber besser
als bisher gesichert sein. □
Prof. MAX SELIGER,
Direktor der graphischen Akademie in Leipzig:
Oben: Carl Pfältzer, Silberschmuck
mit Perlen und Halbedelsteinen
Unten links: H. Schmidt-Staub,
Goldene Brosche mit Brillanten
Unten rechts: W. Frey & Co.,
Silberne Brosche mit Similisteinen