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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Schiller, Georg: Die Kunst des Stempelschneidens
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0134

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DIE KUNST DES STEMPELSCHNEIDENS



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traten. Insbesondere für Frankreich war eine Blütezeit der geprägten und gegossenen Medaille angebrochen,
welcher eine hohe kunstgeschichtliche Bedeutung beigemessen werden muß. °

□ Den dort erzielten Erfolgen haben wir es zu verdanken, daß die Technik des Reliefschnittes auch bei

uns wieder einer allgemeineren Beachtung gewürdigt wird. Die Hinweise Alfred Lichtwarks veranlaßten die
staatlichen Behörden, hier fördernd einzugreifen und durch verschiedene Preisausschreiben die schlummernden
Kräfte zu wecken. Eine Reihe reichsdeutscher Künstler benutzen nun die maschinelle Hilfeleistung und
lassen von in Metall gegossenen Modellen ihre kleinplastischen Kunstäußerungen auf den Stahlblock über-
tragen. Ad. v. Hildebrand, Balth. Schmitt, Georg Wrba, F. Pfeifer u. a. haben so schon manche kostbare
Medaille geschaffen. Auch der in den alten Techniken liegenden stilistischen Vorzüge erinnerten sich ver-
schiedene Meister des Reliefs: R. Bosselt, P. Sturm schnitten wieder erhabene Modelle in weichen Stein, um
hiervon Metallgüsse herstellen zu lassen; während wieder andere, wie M. Dasio, G. Römer und F. Hörnlein
sich des Grabstichels und des Schlagpunzens zur Ausführung von vertieft geschnittenen Prägestempeln be-
dienen; also zur Ursprungstechnik des Stempelschnitts zurückgekehrt sind. Es sind Anzeichen vorhanden,

Bismarckmedaille
von A. v. Hildebrand

St. Georg von Max Dasio
Verlag Pöllath, Schrobenhausen

Medaille von Georg Römer
Verlag Pöllalh, Schrobenhausen

Max Klinger-Plakelte von Felix Pfeifer

daß diesem Beispiele weitere namhafte Plastiker folgen werden, und daß deshalb mit vollem Recht von einer
Wiederbelebung der eigentlichen Stempelschneidekunst gesprochen werden darf. Von ihrer Weiterentwicke-
lung hängt es ab, ob die mechanische Übertragung in Zukunft bei der Ausführung von Prägestempeln in
den Hintergrund gedrängt werden wird. Für die staatlichen Prägungen ist sie vorderhand noch stil-
bestimmend. Ihre Vorzüge liegen in der Möglichkeit einer beliebigen Modellverkleinerung, durch die eine
überaus exakte und fein detaillierte Ausdrucksweise erzielt werden kann. Ein Umstand, in welchem eine
nicht zu unterschätzende Sicherung gegen Fälschung anerkannt werden muß. Die französischen Medailleure

nu(zen __ jn voller Übersicht der auf die Zweckmäßigkeit gerichteten Forderungen — die Vorteile der

Kopiermaschine aus, überwachen aber mit größter Sorgfalt den ganzen technischen Werdegang ihrer Relief-
schnitte bis zum Einsetzen in die Prägepresse.

o Für diejenigen, welche sich auf diesem Gebiet betätigen wollen, möge dies ein Hinweis sein, sich

neben der Aneignung der zum Stempelschnitt erforderlichen Handfertigkeit auch über dessen maschinelle
Hilfsmittel eingehend zu unterrichten. Schenkt doch auch die im Werden begriffene Stilperiode — in ihrem
Suchen nach neuen künstlerischen Formausdrücken — den technischen Künsten wieder besondere Beachtung
und spricht der mit Verständnis und am richtigen Ort angewandten Maschinenarbeit volle Berechtigung zu.
Für die in neuzeitlichem Geiste geleiteten, staatlichen Kunstpflegestätten wird die Frage entstehen, ob sie
ihren Schülern neben der Gelegenheit zur Ausübung des Stempelschnittes nicht auch maschinelle Einrich-
tungen bereit stellen sollten, welche einen gründlichen Einblick in deren charakteristische Schaffensart ermög-
 
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