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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Bernoulli, Rudolf: Von alten und neuen Posamenten: Bericht über die Sonderausstellung des kgl. Kunstgewerbe-Museums in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0189

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182



VON ALTEN UND NEUEN POSAMENTEN







Entwurf von Ernst Flemnring in Berlin

men aus den christlichen Begräbnisstätten Ägyptens,
aus jenem Kunstkreis, den wir heute mit dem Namen
koptisch bezeichnen. Es sind einfache Fransen, die
aus den Kettenfäden des Gewebes geflochten sind;
diese Art der Posamenten weist also noch den ur-
sprünglichen Zusammenhang des Zierbesatzes mit dem
zu verzierenden Stoffe auf. Bald aber wird der reich-
verzierte Saum oder die Franse gesondert behandelt.
Proben mittelalterlicher Borten Wirkerei zeigen, in
welcher Weise diese gemusterten und mit kleinen
Bildern verzierten Bänder und Besatzstücke verwendet
wurden. Oft werden auch kleine Oold- oder Messing-
plättchen aufgenäht, um den festlichen Eindruck zu
erhöhen. Neben den einfachen Borten und Fransen
sind es die Gimpen, Quasten und Flechtknoten, welche
von den Posamentierern Italiens und Frankreichs
meisterlich angefertigt wurden. In der Barockzeit
finden wir die damalige Modefarbe, das ein wenig
ins Bräunliche spielende Karminrot, auch an den Posa-
menten vielfach vertreten. In der Zeit der deutschen
Neurenaissance wurde sie fast ausschließlich verwendet
für alle Stoffe und Besätze der Wohnkunst. In dieser
Zeit fanden auch die Posamenten reichliche Verwen-
dung; freilich sind gerade die Beispiele dieser Ge-
schmacksrichtung auf der Ausstellung nicht vertreten;
es ist schlimm genug, daß manche der ausgestellten
neuen Muster wie ein fataler Nachwuchs jener dunkel-
roten Tapeziererkunst erscheinen. Von alten Posa-
menten der Ausstellung seien noch die zierlichen
Quasten und Flechtarbeiten des ausgehenden 18. Jahr-
hunderts, die feinen chinesischen und japanischen
Knoten und Borten und die Bandproben der Posa-
mentier-Innung von Annaberg in Sachsen aus der
ersten Hälfte des ig. Jahrhunderts erwähnt. Die letz-
teren geben mit ihren frischen Farben und den hüb-
schen, meist naturalistischen Darstellungen auch für
unsere Zeit dankenswerte Anregungen. °

□ Was von neuen Mustern ausgestellt ist, repräsen-
tiert einen besseren Teil der heutigen Posamenten-
industrie in Deutschland. Es sind technisch durch-
aus einwandfreie, wohl auch hervorragende Leistungen;
aber trotz allem: von zehn ausgestellten Mustern findet
sich kaum eins, das wirklich einen künstlerischen
Wert darstellt, und auch diese sind meistens nicht
von den Posamentierern selbst entworfen, sondern
von Künstlern, Architekten und Malern, die sich eben

Ausführung von Paul Engel f

kaum in die Technik der Posamenten eingelebt haben.
Die Wahl der Farben ist oft recht geschmackvoll.
Im allgemeinen kann man sagen: Je weniger Farben,
um so besser. Als Beispiel seien die reizenden blau
und schwarzen Muster des Malers Flemming, Lehrer
an der Städtischen Höheren Webeschule in Berlin, ge-
nannt, oder die grün und schwarzen von Bruno Paul,
von der Posamentenfabrik Alfred Alschner ausgeführt.

Entwurf von Paul Arndt-Berlin

Ausführung von Paul Engel t
 
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