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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Pudor, Heinrich: Imitationen: Ein Beitrag zu dem Thema "Treu und Glauben in Produktion und Handel"
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0193

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IMITATIONEN © TREU UND GLAUBEN







o Daß eine solche Erscheinung auf dem deutsch-öster-
reichischen Büchermarkt und daß eine solche Kritik in
einer Fachpresse möglich ist, zeigt, ein wie festes Terrain
die Schwindelproduktion sich im deutschen Handel er-
rungen hat und wie sich bereits alle möglichen Leute mit
der Imitation, als einer ganz gewöhnlichen, vielleicht sogar
besonders interessanten Form der Produktion abgefunden
haben. Wir haben hier eine Systematisierung der Schwindel-
produktion vor uns, die einen Schlüssel zur Öffnung aller
Geheimnisse derselben liefert. Zweifellos müßte diese
Schrift verboten werden, da sie in zielbewußter Weise der
Unehrlichkeit und dem Betrug Vorschub leistet. In der
Tat tritt der hervorragende Rechtsgelehrte Ihering1) mit
Entschiedenheit für die Bestrafung der Warenfälschung ein
unter dem Gesichtspunkt der »Gefährdung der Gesellschaft,
Diskreditierung der nationalen Ehrlichkeit und Solidität im
Ausland, Schmälerung des Absatzes nach außen . Man

1) I. Bd. S. 478 ff. Siehe den Artikel Über die Be-
griffe ,Fälschung', insbesondere Warenfälschung, arglistige
Täuschung, Betrug von G. Gr. in den Techn. Mitt. f. Ma-
lerei Nr. 18 und 19, 1909.

muß auch bedenken, daß diese Fälschung nicht nur den
Konsumenten, sondern auch den ehrlichen Produzenten
und die solide Produktion schädigt und nach allen Rich-
tungen destruierend wirkt. Selbst dann, wenn die Imitation
als solche deklariert wird. Wir haben es hier mit der-
selben Erscheinung wie in der Nahrungsmittelbranche zu
tun. Dort unterscheidet man fälschen und verfälschen .
Eine Ware ist gefälscht (oder nachgemacht), wenn dieselbe
in der Weise und zu dem Zwecke hergestellt ist, daß sie
eine andere Ware zu sein scheint und scheinen soll. Eine
Ware ist verfälscht, wenn dieselbe mittels Zusetzens oder
Entnehmens von Stoffen verschlechtert oder mit dem Schein
von besserer Beschaffenheit versehen ist2). Diese Grund-
sätze haben zweifellos Geltung zu beanspruchen ebensogut
in der kunstgewerblichen und kunstindustriellen Produktion
wie in der Nahrungsmittelproduktion. Strafrechtlich zu
belangen ist dabei die Fälschung und Verfälschung dann,
wenn sie nicht deklariert ist. Denn alsdann handelt es
sich um eine bewußte arglistige Täuschung und um Be-
trug. Zu bekämpfen und zu unterdrücken aber ist die

2) Siehe obigen Aufsatz S. 187.

Oben rechts: Entwurf aus den Riemerschmidschen

Unten rechts

Meisterkursen des Bayer. Oewerbeniiiseiiins in Nürnberg, Ausführung von Jean Arold in Nürnberg
: Städtische Höhere Webschule in Berlin, Schülerin Frl. Zucht
 
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