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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Hellwag, Fritz: Der III. Kongress deutscher Kunstgewerbetreibender in Berlin: Einberufen vom Fachverband für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes, e.V. am 21. und 22. Juni 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0200

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III. KONGRESS DEUTSCHER KUNSTGEWERBETREIBENDER IN BERLIN

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Qesamtentwurf von Paul Thlerscli und Fräulein Peldldrcher-Bfirlln; Entwurf und Ausführung der geknüpften weißen Posamenten \ on Selnilerinuen
der Klasse für Kunststickerei an der Unterrichtsanstalt des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin unter Leitung von Fräulein Feldkireher; Aus-
führung der übrigen Posamenten von Hugo Schultz Nachf., Inhaber M. ik M. Otto in Berlin; Ausführung des Aufbaues durch E. Oergler in Berlin

riclites dasjenige beibringen, was ein Geselle und ein
Meister sich in der ganzen Lebenszeit bisher kaum hätte
aneignen können usw. Das sei das Verrückteste im ganzen
Jahrhundert. (!) (Herr Obermeister Rahardt wird wohl,
denken wir, schließlich selbst von der Annahme abkommen,
daß irgend jemand mit den Lehrwerkstätten solche Utopien
verwirklichen will. Auch ist die Annahme nicht gerecht-
fertigt, daß der Lehrwerkstättenunterricht sich absolut im
Gegensatz zur Meislerlehre befinden müsse. In Frankfurt
z. B. wird zwischen Meistern und Fachlehrern eine fort-
laufende Verbindung hergestellt, indem man sich über die
Befähigung und Begabung der Lehrlinge der Mittel- und
Oberklassen verständigt und diese dann jährlich zwei
bis drei vereinbarte Gegenstände in der Werkstatt aus-
führen läßt, deren Auswahl dem Grade ihrer Leistungen
in technischer und zeichnerischer Hinsicht entspricht und
deren Werkzeichnungen sie in der Schule selbst angefertigt
haben Hierdurch werden die Lücken in der Ausbildung
ausgeglichen, indem der Lehrling angehalten wird, die so-
genannten grundlegenden technischen Fertigkeiten auf
stufenmäßigem Wege und in zielbewußter Arbeit sich an-
zueignen und einsehen zu lernen, nicht nur weshalb er die
Werkzeichnung anfertigen muß, sondern auch, warum sie
so und nicht anders sein darf. Der Lehrling wird also
angeleitet, denkend zu arbeiten, - und der Meister sich
mehr um die Arbeit des Lehrlings zu bekümmern! Diese
Einrichtung findet in der Praxis den größten Beifall.) o
>; Es war eine wahre Erquickung, als Herr Hofjuwelier

Werner aus Berlin die Sache, wenigstens in bezug auf
die Goldschmiedeschule, wieder auf einen realen und
vernünftigen Weg brachte. Er erinnerte daran, daß doch
tatsächlich viele Meisterlehren nicht das geboten hätten,
was ein Lehrling von ihnen erwarten dürfe. Er selbst
müsse gestehen, daß seine eigene Lehrzeit ihm weder eine
Befriedigung noch irgend welchen Nutzen gewährt habe;
ja er habe nach Beendigung der Lehrzeit nicht gewußt,
was er eigentlich gelernt habe und sich geschämt, sich als
Goldschmied zu bezeichnen. In unserer hastigen Zeit fänden
die Meister doch wohl erst recht nicht die Muße für die
gute Ausbildung von Lehrlingen. Er selbst sei, wenigstens
in Hinsicht auf das Goldschmiedegewerbe, nicht für die
von anderen gewünschte spezialisierende, sondern durch-
aus für eine allgemeine Ausbildung der Lehrlinge. In Berlin
griffen beide Schulen gut ineinander und würden demnächst
wohl sogar vereinigt werden. Auch er habe die Kerschen-
steinerschen Werkstätten in München besichtigt und müsse
offen gestehen, daß er manches Gute gesehen habe und
daß der Unterricht dort nicht von Theoretikern, sondern von
Fachleuten erteilt werde; nur der Oberleiter sei ein Päda-
goge, und das sei doch wohl ganz in Ordnung. □
n Leider fanden diese ehrlichen und offenen Worte in der
Versammlung nicht den nötigen Widerhall und als HerrHem-
ming seine Rede mit den Worten begann: »Erlöset uns von
der Schule!« dawaren sie schnell in den Wind geschlagen
und die nachstehende Resolution fand einstimmige Annahme:
n »Der Kongreß usw. hält die Pflichtfortbildungsschtile in
 
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