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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Pabst, Arthur: Werktätige Erziehung und gewerbliche Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0215

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NEUE ARBEITEN VON E. VON BACZKO







r. von Baczko-Bremen, Silberne QürtelschlieHc mit Moosachat

um solche Produkte, die der Mode unterworfen sind, sondern
auch um Erzeugnisse, die künstlerische Qualitäten des Produ-
zenten voraussetzen. Deutschland hatte einst die Führung auch
auf diesem Gebiete, wie uns die Augsburger und Nürnberger
Arbeiten aus dem 16. Jahrhundert beweisen. Wenn in der
folgenden Zeit Frankreich und England ihm den Rang ab-
liefen, so war das mit in erster Linie einer zielbewußten

nationalen Erziehungsarbeit _____

zu verdanken. Frankreich
zehrt heute noch von den Er-
folgen,die sich auf die vonCol-
berl eingeleitete Begründung
von kunstgewerblichen Fach-
schulen zurückführen lassen.
d Die Frziehungsreform, die
wir in dieser Hinsicht nötig
haben, muß nach zwei Rich-
tungen hin gehen: sie muß
einmal dem Qewerbe die für
qualifizierte Leistungen er-
forderlichen Arbeitskräfte ver-
schaffen. Sie können nur
durch eine sorgfältige Schu-
lung in der Werkstatt gewon-
nen werden und eine solche
ist Sache der gewerblichen
Erziehung. Die gewerbliche
Erziehung aber kann nicht
reformiert werden, ohne daß
wir mit dem allgemeinen Er-
ziehungswesen entsprechen-
de Reformen vornehmen.
Denn nicht nur die Gewerbe-
treibenden, sondern auch die
Abnehmer, die Käufer der
gewerblichen Produkte müs-
sen zu einer besseren Ge-
schmacksrichtung und ZU
einer Schätzung der guten
und soliden Arbeil erzogen
werden. Auch muß sich die
gewerbliche Erziehung auf-
bauen auf der breiten Grund-
lage der allgemeinen Volks-
ichulerziehung. Die Erzie-
hungsreform muß demnach

E. von Baczko-Bremen, Silberne Oihtelsclilielle mit Malachiten

bei der Jugend einsetzen, die so erzogen werden muß, daß
die produktiven Kräfte, die in ihr schlummern, zur Ent-
faltung kommen und daß sie mit Freudigkeit an ihrer eigenen
Ausbildung arbeitet. Unsere gesamte Erziehung, von der
kunstgewerblichen Fachschule, die oben den Abschluß bildet,
bis hinab zur untersten Stufe der Volksschule muß durch-
drungen werden von dem Gedanken, daß sie im Schüler

nicht nur den künftigen Ge-
werbetreibenden , sondern
vorallem den Menschen sieht,
und daß sie diesen betrachtet
als ein Wesen, begabt mit
Kräften des Geistes und des
Körpers, deren Entwicke-
lungdie höchste Erziehungs-
aufgabe ist. a
o Wenn wir die Erziehung
so auflassen, dann wird sie
unseren produzierenden
Ständen einen Nachwuchs
liefern, der den Anforderun-
gen der Zeit gewachsen ist.
Das Qeichlecht, das dann er-
wächst, wird sich in einem
höheren Sinne in den Dienst
der Allgemeinheit stellen, als
es unser heutiges Geschlecht
vermag, es wird sich aus
den Sklavenfesseln, in die es
der Dienst an der Maschine
gezwungen hat, dadurch be-
freien, daß es sich selbst,
daß es seine Persönlichkeit
wiederfindet, und an ihm
wird sich dasWortdesgroßen
Dichten bewahrheiten: □
„ Volk und Knecht und
Überwinder, sie gestehn, zu
jeder Zeit: Höchstes Glück
der Erdenkinder sei nur die
Persönlichkeit.« o

E. von Baczko-Bremen. Oben: Goldene Brosche mit Malachiten.

Unten: Silberne Ourtelächlleße nachgetrieben mit scharf-grünen l mallelnlagen,

Ausführung: W. rrölicli-Uienien

Vortrag.vonIDr. A. PABST,
Mitglied des /). W. B.,

'■' halten aul dem 19. Kongreß des
Deutschen Vereins für Knabenhand-
arbeit !U Deilau am 1(>. Mai 190«.
 
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