Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

DOI Artikel:
Vollmer, Hans: Rich. Grimm-Sachsenberg. Graphik und Buchgewerbe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0223

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
216



GRAPHISCHE ARBEITEN VON R. GRIMM-SACHSENBERG









R, (trimm-Sachsenberg

Plakat

Neue Römische Antiqua, die nach des Künstlers eigenen
programmatischen Worten — eine Neugestaltung der über-
lieferten Antiquaschrift sein sollen in bezug auf die Pro-
portionen und rhythmische Flächenverteilung bei dem ein-
zelneu Buchstaben an sich und mit Rücksicht auf die mit ihm
zu erzielenden Wort- und Seitenbilder. Der gute Buchstabe
ist für Qrimm in erster Linie der gut lesbare Buchstabe,
und mit Hilfe eines leichten Einschlages gotisierender
Motive sucht er das Bild jeder Letter möglichst charak-
teristisch in der Form, möglichst unverwechselbar mit op-
tisch verwandten Lettern zu gestalten. Eine kräftige, eigen-
artig gefärbte Stilisierung, die in erster Linie durch prak-
tische Gesichtspunkte bestimmt wird, erfüllt ihm diese
Forderung der präzisen Form. o

o Ein Vorzug der kunstgewerblichen Entwürfe Grimms
ist die Anpassung ihres Stiles an die Bedingungen des
Materials. Seine Arbeiten verraten überall eine gründliche
Einsicht in den technischen Betrieb, in die Besonderheiten
des Herstellungsverfahrens. »Unter einer gewerblichen
Leistung verstehe ich eine technisch gute, zweckmäßige,
gebrauchsfähige und gut gebildete Form«, so hatte Qrimm
damals die öffentliche Umfrage: Welcher Gegenstand ist
kunstgewerblich? beantwortet. Dieser Definition bleibt
Qrimm auch in praxi treu. Seine Ledereinbände mit I laud-
vergoldung, seine Leinenbände, seine Entwürfe für Teppich-
webereien, für Metallschmuck usw., sie alle zeichnet neben
den Vorzügen einer feinen, überaus dezent verteilten, aber
dafür um so wirksameren Linienornamentik etwas eminent
Materialgerechtes aus. □

R. Qrlmm-Sachsenberg

o Als Illustrator ist
Grimm vor allem Land-
schafter. Er interpre-
tiert die Natur als Ro-
mantiker, als Poet.
Seine Empfindung neigt
stark dem Lyrischen,
wenn man will, dem
Sentimentalen zu, ohne
daß sie dabei aber das
Männliche je einbüßte.
Der Zauber sommer-
licher Mondschein-
nachte, die geheimnis-
volle Stille verschneiter
Felder, das sind die
Stimmungen, bei denen
Grimm am liebsten
verweilt, Märchenstim-
mungen der Natur, die
er in Holzschnitt, Litho-
graphie, Radierung, Pa-
stell und Zeichnung
festhält. Oft weiß er
uns mit erstaunlich we-
nigenMitteln eineNattir-
stimmung von stärkster
Intensität zu suggerie-
ren, wie etwa in dem
prächtigen Blatt mit dir
melancholischen Trauer
weide im Mondenschein
aus »Sonne und Nacht«. Diese seine dichterische Ader
läßt Grimm auch bisweilen auf das Gebiet des Übersinn-
lichen, Symbolischen hinübergreifen. Der fidelnde Tod,
der über dem ausruhenden Wanderer auf dem Ast einer
knorrigen Eiche hockt, die Perversität unter der Gestalt
eines Wesens, halb Uhu, halb Weib, deren Brüste das
Zünglein einer Schlange begeifert, sind Beispiele seiner in
der Empfindung originellen Phantasiekunst. o

d Uiui doch geholt (iiininis tiefste liebe nicht Zeichen-
feder und Radiernadel, sondern Pinsel und Palette an. Es
sind erst wenige Jahre her, daß Grimm sieh der Ölmalerei
zugewandt hat, in der er, obwohl hier fast vollkommen
Autodidakt, doch bereits einige recht beachtenswerte Lei-
stungen aufzuweisen hat. Ein längerer Aufenthalt in Wei-
mar zeitigte eine vorübergehende Beeinflussung durch die
Kunst Ludwig von Hofmauns. Das schöne, monumental
komponierte Frühlingsbild, das 1<)07 im Münchener Glas-
palast ausgestellt war (Temperagemälde), entfernte sich indes
zu seinem Vorteil bereits wieder benierklich von diesen
Weimaraner Erinnerungen, an die es höchstens im Kolorit
noch leise Anklänge
verrät. Der groß-
zügig-schlichte, im
besten Sinne pri-
mitive Bau dieses
Bildes gibt der Hoff-
nung Raum, daß
Grimm auch für
größere malerische
Aufgaben, wie eine
solche ihm im Vor-
jahre für die Kirche
seinerVaterstadt zu-
teil wurde, berufen
sein dürfte. o

^EXLIBRIS Yü jÜllr/Ü/ELLY ^

PWWfl.

mmlTuTuTl

ITEPinAA
NffiMENOX

R. Ortmm-Sachienberg i sltbrt«
 
Annotationen