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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 13 (1. Aprilheft 1909)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0075
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Lebeude Worte

Meffel ist gestorben!

ährend die ersten Bogen dieses
Heftes schon unter den Pressen
sind, lesen wir diese erschütternde
Nachricht. Wir können sie nur noch
verzeichnen und eine Würdigung
dieses Mannes uns vorbehalten.

Vom Publikum

erlo: Wer das Geld bringt, kann
die Ware nach seinem Sinne
verlangen. —

Wilhelm: Gewissermaßen; aber
ein großes Publikum verdient, daß
man es achte, daß man es nicht

wie Kinder, denen man das Geld
abnehmen will, behandle. Man
bringe ihm nach und nach durch
das Gute Gefühl und Geschmack
für das Gute bei, und es wird
sein Geld mit doppeltem Vergnügen
einlegen, weil ihm der Verstand, ja
die Vernunft selbst bei dieser Aus-
gabe nichts vorzuwerfen hat. Man
kann ihm schmeicheln wie einem
geliebten Kinde, schmeicheln, um es
zu bessern, um es künftig aufzu-
klären; nicht wie einem Vornehmen
und Reichen, um den Irrtum, den
man nutzt, zu verewigen. Goethe

Unsre Bilder und Noten

^veo Sambergers „Lhristus". Um die Iesusgestalt haben tausend
HEMaler gerungen, jeder, indem er die Seite hervorhob, die ihm die
war. Eben deshalb hat keiner den Christus zeigen können,
jeder nur die ihm zugewendete Seite. Was vor Samberger wie ein stilles
Leuchten aus der Nacht getaucht ist, verlangt vor allem langes, ruhiges
Betrachten. Wenn dem verweilenden Auge dieses Bild so lebendig ge-
worden ist, daß es die ganze Gestalt des Fragers und Durchschauers
ins Dunkle hineinsieht, dann erst redet ihm in Eindringlichkeit auch
dieses Gesicht. — Unser Steindruck ist nach einer großen Photogravüre
ausgcführt, die im Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst zn München
erschienen ist.

So tief das alljährliche Wunder der auferstehenden Natur den Empfäng-
lichen allerorten berührt, dcm Bewohner der Berge führt es sich noch
anders als dem des Tieflandes vor, denn cr sieht räumlich beieinander,
was an diesem zeitlich getrennt vorüberzieht. Er kann in Stunden vom
vollen Blühen durchs scheue Sffnen und erste Knospen hin zum ersten
Lratmen des Grüns auf den nassen Wiesen und bis zum stillen Winter-
schnee steigen, unter dem noch alles schläft, und jeder höhere Berg zcigt
ihm ein großes Bild der Wandlung. So ist mir wenigstcns solch ein
Berg im Frühling immer als der herrlichste Ausdruck der Auferstehung
erschienen, den unsre Landschaft bietet. Otto Bauriedls Aquarell
ist ein richtiges weltliches Osterbild. Es ist gefühlt, ich möchte sagen:
bis in die „Fingerspitzen" des Baumes, der da in die blaue Luft tastet,
ob er's mit dem Ergrünen schon wagen kann. Wie ist diese Luft selber
gegeben, die föhnige! Alles ist rein und klar, alles wartet, alles wird.
Und solche poetischen Werte sind hier ganz und gar keine literarischen, sie
sind poetisch in dem Sinne, in dem die beseelten Gaben aller Künste
poetisch sind: weil Poesie im Gegensatz zur Literatur das letzte Gemein-
same aller starken Kunst ist. Die malerischen Werte des schönen Bildes
sind nur Schönheit des Weges, nicht des Ziels.

Und darin liegt eine Verwandtschaft zwischen unserm Werklein und

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