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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 17 (1. Juniheft 1909)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0385
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schen sollen thronfähig werden. Das
Erziehungsmittel zu diescm fernen
Ziel ist ein König. Er assimiliert
sich allmählich die Masse sciner
Antertanen. Ieder ist entsprossen
aus einem uralten Königsstamm.
Aber wie wenige tragcn noch das
Gcpräge dieser Abkunft?

IZ

Von der öffentlichcn Gesinnung
hängt das Bctragcn des Staatcs
ab. Vcredlung dieser Gesinnung
ist die einzige Basis der echten
Staatsrcform.

D

Der Mensch hat den Staat zum
Polster der Träghcit zu machen
gesucht, und doch will der Staat
gerade das Gcgenteil, er ist eine
Armatur der gespannten Tätigkeit.
Sein Zweck ist, den Menschen abso--
lut mächtig und nicht absolut

schwach, nicht zum trägstcn, son-
dern zum tätigsten Wesen zu
machen. Der Staat überhebt den
Menschen keiner Mühe, sondern
er vermehrt seine Mühseligkeiten
vielmehr ins Unendliche. Freilich
nicht ohne seine Kräftc ins Un--
endliche zu vermehren.

EI

Das Bedürfnis des Staates ist
das dringcndste Bedürfnis eines
Menschen. Am Mensch zu wer--
den und zu bleiben, bedarf er eincs
Staates. Der Staat hat natürlich
Rechte und Pflichten, wie der ein--
zelne Mensch. Ein Mensch ohne
Staat ist ein Wilder. Alle Kul--
tur entspringt aus den Verhält-
nissen eines Menschen mit dcm
Staat. Ie gebildeter, dcsto mehr
Glied eines gebildeten Staates.

Novalis

Unsre BUder und Noten

Bild einer Mutter von Fritz Mackensen (der nun schon
I wiederholt besondcrs bedeutsam aus der Reihe dcr Worpsweder
hervorgetreten ist) hätte auch in dcm Zusammenhange bcsprochen
werden können, in dem Bonus hier kürzlich (XXII, (() über „Ernste Kunst
und schöne Formen" sprach. „Es kann", meinte er, „alles dics vom Aber--
winden des Schicksals und der Widerstände, vom Festwerdcn im Wechsel,
vom Siege gar im Antergange, deutlich nur in Darstcllungen gegeben
werdcn, in denen die Gewalt des Ausdrucks durch nicht gefällige Formen
hiudurchbricht." Allerdings erweist sich der eigentliche Stoff des Bildcs von
Mackenscn bei nähcrcm Zusehen als ein ganz andrer als der bei Käthe
Kollwitz. Dort das leidende odcr kämpfende, das sich „krümmende" odcr das
„zertretene" Prolctariertum der Enterbten mit seinem wilden oder dumpfen
Schmerz oder seinem Rausch von Rache. Hier arme Lcute, aber nicht
darbcnde Leute, Mcnschen, die hart arbeiten, aber in freier Luft und
meistens auf cigner Scholle: nicht cntartcte niedcrdeutsche Bauern. Ich
weiß nicht, ob Mackensens Bild nur auf mich so ergreifend wirkt und so
frisch dabei, so stark, wie das gesunde dcutsche Volkstum, das es zeigt.

Äber das Bild von Max Richter „Stille nah und fern" schrieb hier
Walter Riezler, als es zum erstenmal auf der Münchner Kunstausstellnng
«rschienen war (XXI, 25), es könne sich vielleicht allein von allen Bildern
der Münchncr Kunstgenossenschaft vor strcngeren Ansprüchen bchanpten.
„Dieses Bild hat etwas von Rottmannschcr Monumcntalität in der Zeich--
nnng und ist dabei voll weicher malerischer Stimmung; cs leuchtet sanft
und stark über einen ganzen Saal von schlcchten Vildern wcg."

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Kunstwart XXII, (7
 
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