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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 18 (2. Juniheft 1909)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0467
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sibilität aufzusuchen ober au reiu
künstlerischem Gefallen ein Ver-
dicnst zu finden; dcnn cs entgcht
ihm, der an der Neflexion des In-
haltes seinen Verstand üben möchte,
die vielleicht größere oorausge-
gaugene Reflexion des Schaffens^
und wenu er nicht gerade einmal
von dcr intcnsiv angeschlagcnen
Stiminung cines Gcdichtes gcpackt
und gcnötigt wird, ihrem Grundc,

soweit er sich äußerlich faßbar zeigt,
nachzuspürcn und so die tiefere
Absicht dcs Dichters in der An-
lage zu eutdecken und die relative
Weisheit Ler Auordnung zu er-
kenuen, so ist an seiner kritischen
Kapazität jcdc fcinere Stimmungs-
nnancc und jcde prinzipielle Stil-
erkenntnis des Dichtcrs verschwendct.

Adolf Bahersdorfer (in dcm
Aufsatze über Martin Greif)

Unsre Bilder und Noten

»M^nser erstes Bild zeigt dcn Lesern nichts Geringercs als cincn
„neuen", will sagen: cinen bishcr noch unbekanntcn Schwind.
^^Man kcnnt Moritz von Schwind so eiuseitig als Zeichner, mau
hat anderseits, wcnn man vom Maler bei ihm sprach, so oft über die
Härte seiner Farben gcscholten, daß man heute mit cinigem Nachdruck
betonen darf, wieviel starke Ansätze zu gesuuder und sinulicher Farben-
gebung auch in ihm lagen. Freilich, so „malcrisch", wie in dem noch
nicht reproduzierten Bildchen, das um (850 eutstanden sein mag und das
wir hier in farbiger Reproduktion bringen, war er seltcn. Wie weich
und warni gibt Schwind sich hier im Kolorit, und wie glasig kann seine
Farbe sonst sein! — Wir können es hcute kaum bcgrcifen, daß es eine
Zeit gab — damals, als Schwind sich nach eincm Lehrer umtat —, dic
jedem Verständnis für farbige Werte so sehr entwachscn war, daß selbst
Farbenrezcpte, simpelste technische Handhabuugen, wicviel mehr aber
irgeudwelche Kultur dcs Farbensinues fast aus allcn Ateliers verschwuuden
warcn. Die mcrkwürdigsten Nöte ergaben sich hieraus. Dcnu wollte
einer „malen" lernen, so konnte er keinen Meister finden, er trieb sich
dann meist halb vcrzwcifelt in den Galericn umhcr, den odcr jenen
großen Koloristcn zu kopiereu versuchcnd. So mag wohl auch dic malcrische
Haltuug uusrcs Bildchcns aus Galeriestudicn zn erklären sein, da Schwiud
später diesen Ton kaum mehr fand. Freilich, es fragt sich, ob wir das
bedauern werden. Wir licben ihn so, wic er geworden ist tro tz der
Ungunst der Zeit, und wer weiß, ob cr nicht bci einer geschickteren Palette
manches von dem keuschen Reiz seiner Linie cingebüßt hätte. Aberdies,
unser Bild ist ja nicht nur „iuteressant", weil es den Meister von eincr
wenig beachtetcn Seite zeigt. Sondern es ist auch von einem wundervoll
musikalischen Liebreiz. B d.

Wilhelm Trübncrs Bilduis Martin Greifs, eine gleich schöne
Leistung nach dem malerisch Bildmäßigen wie nach der seelischeu (Lharak-
tcristik hin, haben wir den Lesern in einer bescheideueren Wiedergabc
schon früher (Kw. XII, (8) gezeigt. Wer die damalige mit unsrcr
heutigen Bcilage vcrgleicht, kaun daran die Fortschritte der Techuik nach
drei Seiten crkennen. Es ist dieselbe Platte verwendet worden,
abcr mit tiescrer Atzung. Es ist cine mittlerweile erfundene Farbe
verwendet worden, die „tont". Und es ist ein Papier verwendet

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Knnstwart XXII, (8
 
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