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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 2 (Novemberheft 1927)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0160

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nanziellen Derhältnisse der deutschen
Rnndfunkgesellschaften derart günstig
lägen, daß di'e Forderungen ihrer Un-
tergebiete — denn hierauf ist die Zer-
splitterung im Programmtvesen haupt-
sächlich zurückzuführen — erfüllt werden
könnten, ohne daß deshalb die Haupt-
betriebe zu schädlichen Einschränkungen
oerpflichtet wären. Jnfolge der hohen
Abgaben, die von den Gesellschaften zur
Durchführung und zum technischen Aus-
bau des Sendebetriebes an die Reichspost
zu leisien sind, bleiben den meisten Groß-
sendern im Derhältnis zur gesamten Sen-
dezeit derart geringe Mittel für ihren
Programm-Haushalt, daß die kulturelle

Entwicklung des deutschen Funkwesenö
zweifellos nicht unbeträchtlich gehemmt
ist. Muß vom Programmetat noch ein
erheblicher Posten an Büchsenfelde und
Tuntenhausen abgegeben werden, wo
man, greift der Provinzialismus weiter
um sich, in absehbarer Zeit unter Beru-
fung auf seine hundertzwanzig Hörer
wohl gleichfalls eigene Sendestunden for-
dern wird, so nimmt es nicht wunder,
wenn man vergeblich nach „prominenten"
Künstlern und Wissenschaftlern für sein
Programm Ausschau hält und sich mik
Kräften begnügen muß, denen der im
Tuntenhausener Kunstverein übliche Ho-
norarsatz der rechte ist! F. G.

Zu unseren Bildern nnd N'oten

^)ur Deranschaulichung unseres Berich-
P)tes bringen wir einige Bilder aus der
W e i ß e n h o f s i e d l u n g bei Stutt-
gart. sfn Ergänzung der schon bekann-
ten Ansicht, die einen Blick von unten
her gibt, bieten wir einen solchen von
oben: Man sieht in die einzige Straße
der Siedlung, zu deren Einzelhäusern
links Nebenwege führen. Entsprechend
der Süd-Ostlage wendet sich der Miets-
block mit den Terassen gegen den Weg,
die Häuser gegen das offene Tal unb
die gegenüberliegenden Höhen. Man er-
kennt unschwer, daß die Raumausschnitte
und Bauten unter sich und zueinander in
guter Beziehung stehen und eine malerisch
gelockerte Anlage bilden, die trotz der Ber-
schiedenheit der Häuser eine fügige Ein-
heit ergibt. Ein Hauptgrund dieses Zu-
sammenklanges liegt in dem Fehlen der
Dächer, die bei den teilwei'se stark auf-
gelösten Grundrissen vielfache Durch-
schneidungen ergeben hätten. Man hat
bei einer lustigen Abendunterhaltung die-
sen Bersuch gemacht, indem man den Bil-
dern Dächer photographisch aufmontierte
— ein lächerlich ulkiger Anblick. — So'
spricht auch vom Gegenteil her das flache
Dach für sich selbst.

Le Corbusier (geb. 1677 in der West-
schweiz; sein eigentlicher Name Charles
Edouard Jeanneret) ist als Maler,
Theoretiker, Architekt und Schriftsteller
die letzten Jahre sehr bekannt geworden,
vor allem durch sein Buch „Kommende
Baukunst", 192z. Daraufhin hat ihm
der Fabrikant Fruges löo Arbeiterhäuser
für Pessac bei Bordeaur übertragen, wo-

bei dem Künstler vollständig freie Hand
gelassen war. Daü Auffallendste an die-
sem Einfamili'enhaus (links) und dem nur
mit einem Flügel sichtbaren Doppelhaus
(rechts) ist dessen Pfostenstellung. Diese
Träger vrdnen sich in bestimmten, gleichen
Abständen, ohne anf die innere Anord-
nung des Hauses Rücksicht zu nehmen.
Sie steigen bis zu Z, 4, 6 Meter vom
Boden auf und heben das Erdgeschoß
empor. DaS erspart Ausheben von Bau-
grund und Fundamente, entzieht das Erd-
geschoß der Erdfeuchtigkeit, gibt ihm Licht
und Luft und läßt einen Teil deö Bau-
landes beim Garten. Die Pfosten gehen
durch und bilden außerdem mit den
Zwischendecken rechteckförmige Fassaden-
öffnungen für Licht und Luft; das Fen-
ster reicht von Pfosten zu Pfvsten, wird
ein Langfenster; das ergibt eine achtmal
stärkere Beleuchtung als dieselbe Fenster-
fläche mit Dachfenstern. Da man den
Fußboden über die Tragpfosten hinauö-
kragen kann, ersteht eine Art Balkon und
wird das Aussehen dcr Fassade neugestal-
tig. Das alles ist nur möglich durch die
Berechnungen des Eisenbetons, in dem die
Häuser erbaut sind. — Es haben manche
Architekten gemeint, Le Corbusier wolle
uns, namentlich in der BetonauSstattung
und Raumgestaltung des Einfamilien-
hauses, „veräppeln". Davon ist aber
kei'ne Rede. Der Künstler geht nur mög-
lichst technisch exakt an seine Aufgabe
heran, die er auf die jeweils knappste
Gebrauchsform bringen will: Zweck, Kvn-
struktion und geeignetstes Material sol-
len zu einem smnvollen Gebilde zusam-
 
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