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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 4 (Januarheft 1928)
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Zu unseren Bildern und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0326

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zählk — er tat es auf 2i Seiten mit
dem schlichtesten Dortrag in tief lehrrei-
cher Weise —; wenn ein Ad. Gottstein
allzn bescheiden nber das „mults non
multum - seiner Lebensarbeit einfach be-
richtet und dabei über Arzterei und Ge-
sundheitpolitik bedeutsame Gedanken vor-
bringt; wenn ein Bahnbrecher und Vor-
wärtsdränger von Geist wie Jos. Skrzy-
gowski seine berühmten Organisations-
pläne abermals praktik-geschichtlich und
sachlich ableitet und ergänzt; wenn Wil-
helm Ostwald seine aus Denkschärfe und
Naivität, Phantasie und kritisch-forsche-
rischer Kraft seltsam emporschießenden
Arbeiten schildert; wenn Benedetto Croce
öas Fazit seines Lebens und Schaffens
zieht; wenn auch — was sehr zu be-
grüßen — ein paar Jüngere schon Re>-
chenschaft legen und — waS noch mehr
zu begrüßen — etliche bedeutendere AuS-
länder dies tun, — so bleibt nach alledem
für die eigentlich Jnteressierten nur der
Rat, zuzugreifen, für die Unternehmer der

Rat, trotz alledem fortzufahren, nicht
zwar mit den Buchhändlern, deren Be-
richte gewichtlos sind, aber init geistigen
Persönlichkeiten, deren noch viele fehlen:
wir erinnern nur so hin an Havelock
Ellis, an Constantin Brunuer, an H. G.
Wells, an Nansen, an Vilhj. Stefansson.
Es ließen sich mehr anführen, wie sich
auch recht viele Beiträger schadenlos strei-
chen ließen — doch darüber mögen Fach-
männer sich erregen.

Die Bände der Sammlung sind in Un-
terreihen geteilt: „Philosophie der Gegen-
wart in Selbstdarstellungen", „Medizin
der Gegenwart in Selbstdarstellungen"
usw._W. Sch.

Berichtiguiig

uf Seite 170 (Heft z) müsseu starr öer
ig. Zeile („vom Hi'mmel her . . .")
folgende zwei Zeilen stehen:

„vom Himmel her stritten die Sterne,
von i'hren Bahneu her stritten ste gegen

Ssißra."

Zu unseren Bildern und Noten

^geopold Graf von Kalckreuth
--chg e b. lÜZA). Mit zum Schwersten in
der Kunstbeurteilung gehört es, einem
lebenden Künstler gerecht zu werden, der
selbst in seiner besten Zeit — trotz aller
Hochschätzung Gleichstrebender — nur eine
kleine Gemeinde hatte und dem heutigen
Geschmack noch weniger zugänglich ist.
Es hängt der bleibende Wert eines Künst-
lers und Kunstwerkes gewiß nicht von
irgendwelcher Zeitwertung oder „Rich-
tung" ab, aber die unmittelbare Nähe
des Gegenwärtigen läßt das Fernere vft
weniger gelten, und andererseits fehlt uns
der Vergleich, den die geschichtliche llber-
sicht schafft. So will L. Graf v. Kalck-
reuth und sein Werk heute verantwor-
tungsvoll bedacht sein. Die Münchener
Sezession hat ihn in ihrer letzten Som-
merausstellung mit Liebermann in einen
Ehrensaal aufgenommen und damit ihre
besondere Anerkennung des Meisters auö-
gesprochen. DaS gibt uns Deranlassung,
einige dieser Bilder unseren Lesern zu-
gänglich zu machen und für ihr Ver-
ständnis zu werben.

Kalckreuth ist ein durchaus deutscher
Künstler, bei dem die Form im Dienst
des Geistigen steht. Was seine Bi'lder
in einer gewissen Unbeholfenheit der

Form, in der Schwere ihrer Malerei und
Zeichnung an sinnlichen Reizen manch-
mal schuldi'g bleiben, was sie nicht selten
herb, karg und verschlossen zcigt, das läßt
sie bei längerer Betrachtung und Ver-
tiefung an Gehalt und Stimmungskrafk
gewinnen. Die besten sind voll Heimat-
sinn und Heimatgefühl in der Landschaft
und in den Menschen. Jn die Scholle
ist nicht selten das Besitzgefühl hineinge-
malt, und die Bauern wachsen zu einer
wahrhaft epischen Größe empor, die
männlich kraftvoller ist als bei Millet,
Segantini oder Thoma. Das Leben und
Treiben im Hamburger Hafen hat er
höchst charakteristisch geschildert. Auch
das Heim, vor allcm das eigene, hat in
Kallkrenth einen stillen, poetischen, ver-
senkten Schilderer gefunden, der geru die
Bildnisse in solche Umgebung stellt und
ihnen dadurch eine eigenartige Atmo-
sphäre mitgibt. Als Porträtist ist er viel-
seitig, bei aller Eigenwilligkeit objektiv
und stark innerlich. Besonderö reizvoll
sind viele seiner Kinderbildnisse, die über
daö Jndividuelle ins Typische hineinrei-
chen. Unser Meister ist kein Bahnbrecher
der modernen Malerei, aber ein durchaus
Eigener in der Verarbeitung ihrer Er-
rungenschaften; einer, der persönlichen

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