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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 6 (Märzheft 1928)
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0475

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irwdelliert (vgl, Das Jllustrierle Blarr,
Frankfurt 1927, Nr. rji) in Bronze,
selbstverständlich als Nackttorso ohne
Arme ä la VenuS von Mrlo, mit auf-
geschlitztem Bauch, um darin ein Reüef-
bild zu zeigen. Sehen toir recht? em
nacktes Mädchen knleend vor einem Kur-
belkasten? mit nackten Kerlen? „Das
Unbeschreibliche, hier wird's Ereignis."

Aber es kommt noch besser! „An seinem
Todestage wurde seine Bronzebüste in
einer Kirche in Los Angeles aufgesteilt."
So ist es recht! Jmmer ehrlich! Jns
Heilige das Allerheiligste! Und wo sollen
nun die Frauen anbeten? Wird es Ver-
wechslungen geben? Jst der Altar nah
genug? Und wer wird drehen?

Eberlein

Bücherschau

Theaterbücher
ls der Naturalismus blühte, war das
Drama mehr als das Theater; es
wurde auch rein literarisch wiedergegeben,
als Befehl des Dichters. Heute ist es
umgekehrt, die Wiedergabe auf dem
Theater entscheidet; also der Regisseur,
der künstlerische (d. h. bildkünstlerische)
Berrat und der Schauspieler. So wer-
den denn auch keine Theaterkritiken mehr
gesammelt, die im Grunde Dramenkriti-
ken waren (siehe Bulthaupts „Drama-
turgie"); wohl aber steht das Theater
nicht nur im Mittelpunkte der neuen
Theaterwissenschaft, sondern auch überall
dort, wo man sich um seinetwillen zu-
sammenfindet. Diebolds scharfsichtige
„Anarchie desDramas" wies vor
Jahren die dichterifche Gestaltungsarmut
unsrer Zeit nach, und wie Julius Babs
letzter (5.) Band der „Chronik des
Dramas" (Oesterheld L Co.) zeigt,
hat sich unser Dolk von dieser Schwäche
noch nicht erholt; aber derselbe liebevolle
Chronist singt dafür in einem anderen
Buche: „Schauspieler und Schau-
spielkunst" (ebda.) einem halbenHundert
älterer und jüngerer Schauspieler einen
Päan, als sorge die Schöpfung auch in
Theaterdingen für einen erfreulichen Aus-
gleich. Und er befchränkt sich auf Berlin!
Nähme er noch die Regisseure und die
Bühnenmaler hinzu, so brächte er ein
weiteres Dutzend zusammen, und wir hät-
ten damit so ziemlich alles, was unser
Theater ausmacht, in der Hand. Das
Drama scheint dem Theater gar nicht
mehr so wesentlich zu sein; die Erfolge
sind den Theaterstücken zweiter und drit-
ter Ordnung hold, und selbst das Drama
großen Stils muß sich der Prokrustes-
methode weitbeschriener Regisseure über-
lassen, wenn es überhaupt noch lebendig
scheinen will — im Sinne des Heute.
Aber auch über das Gewesene des Thea-

terS unterrichtet uns der und jener unsrer
Zeitgenossen. Zwar Litzmanns „Schrö-
der" ist Fragment geblieben, aber über
Jfflanö beginnts zu tagen.

Jm Rahmen der „Gesellschaft für Thea-
tergeschichte" hat Heinrich Härle
eine vielversprechende Abschlagszahlung
geleistet: 2ZÜ Zeichnungen und Kupfer
der Malerbrüder Henfchel werden vor-
züglich wiedergegeben und als Mittel
(nicht als Gegenstand) theaterwissen-
schaftlicher Forschung behandelt. Borläu-
fig gehen diesen im Theater selbst gezeich-
neten Rollenmomenten des großen ma-
nieristischen Eklektikers Jffland nur lite-
rarische Andeutungen zur Seite, die
eigentliche wissensck)aftliche Ausdeutung
wird einen späteren Band füllen; aber
unser Auge fühlt schon hier („Jfflands
Schauspielkunst", 1. T., Berlag Otto
Elsner, Berlin), daß etwas von unsrer
Darstellungsart typisch Lerschiedenes
glücklich festgehalten ist. Von uns noch
bekannten Rollen sind über diese go Ta-
feln verstreut: Shylock, Lear, Wallenstein,
Philipp II., der alte Moor, Nathan,
Marinelli, Harpagon, Don Ranudo
(Holberg), Luther (Zach. Werner). —
Viel schwerer wäre es für den Maler ge-
wesen, unruhige Temperamente wie Fleck
(er hieß darum bald der große, bald der
kleine Fleck!) und Ludwig Devrient fest-
zuhalten. Und so bringt denn auch weder
Edgar Groß, der sich um Ferdinand
Fleck gemüht hat (Gesellsch. f. Theat.-
Gesch. Bd. XXII.) noch Georg Alt-
mans „Ludwig Devrient" - Bio-
graphie (Ullstein L Co.) viel Bilderma-
terial; immerhin strahlt Devrients sieg-
haftes schwarzes Auge als seine edelste
künstlerische Waffe aus dem Buche, das
fast aus nichts als unverbürgten Anek-
doten schöpfen mußte.

Einer, der sich zeitlebens als Schauspie-
ler von diesem großen Devrient nicht loS-

^io
 
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