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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 5 (Februarheft 1928)
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Rang, Bernhard: Der katholische Protestant: Zeugnisse eines ökumenischen Christen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0362

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wies vor eimgm Ivhren darauf hin, daß Bonaventura in einem Streik gegen
PcLrus Lombardus, ebenso berühmke Verteidiger der päpftlichen Gewalt wic
Cajetan, Suarez und Bellarmin, kein Bedenken trugen, daß auch gcgeu Ent
fcheidungen kirchlicher Behördcn dcr Einzelne seineni inncrften Gewissen treu
bleiben müsse, sclbft bei Androhung der Exkommunikation.

Jn einem unvollendeten Kapitel „Zum Römerbricf", darin ein die Barthfchc
These überwindender kühner Bersuch gewagt wurde, Jesus und Chriftus und
das Verhältnis von Israel zum Chriftentum wie das von katholifcher Kirchc
und Proteftantismus zu begreifen, finden wir entfcheidende Ausführungen zur
eigentlichen „ökumenifchen" Fragc. So wichtig es wäre, troH seines frag-
mentarifchen Charakters, das Ganze wiederzugeben, so muß ich uüch doch hier
befchränken, die hauptsächlichen SchlußsäHe zu zitieren. Wird hicr doch, wie
nirgends sonft, wirklicher und wirkender Versöhnungsweg gewiesen und be-
gangen, eben die GewissMStat, die uns allen aufliegt, den Weg anch zum
„Anderen" wiederzufinden. Es wird in dem Fragment von Zsrael lcata sarira
als der vom GeseH begrenzten Fläche gesprochen. Auch die Kirchc, dic katho-
lifch-römifche wie die myftifch-transzendente, die ecclosia invisidilis erfchcine
gleichfalls als Fläche, und zwar als Gegenfigur zu Jsrael, als Reichs-Uni-
versalität. Woraus gefolgert ift:

„Wäre Jsrael in die Kirchc eingegangen, wäre Chriftus nicht seinc eine äußerfte
Kante, sondern seinc Mittellinie, wäre die Kirche judenchriftlich verfaßt, so
wäre freilich eine ganze Figur gefchaffen. Aber auf Koften der Universalität.
Dies macht den Kern des Kampfes zwifchen den Apofteln aus. Petrus-Iakobus
hie, Paulus (und später Petrus) da. Soll die lknvollkommenheit der lkni-
versalität — das ftand zur Frage — sich iu der Art auswirkcn, daß zunächft
die Fläche konftruiert wird, die Linie abcr uicht gauz wird ausgezogen, oder
umgekehrt? Soll Iesus gebannt bleibeu auf die jüdifche Größe oder als
Chriftus die Weltweite bedeuten? Erfterenfalls gibt es sofort ein Neich
Gottcs, aber dies Reich ift nur das Davidsrcich, die Mesiianität bleibt für
die Welt opaggLÜa. Andernfalls gibt cs ein euaggelion für den Kosmos inr
plörorna Lirristu, aber dies ploronm koujtituiert jich nicht rcichsmäßig; dic
Kirche ift uoch nicht Reich Gottes. Dieser apoftolijche Kampf ift noch nicht
ausgetragen. Obliegt auch uns noch. Denn er trägt sich nicht aus so oder so,
sondern nur in Vereinigung. Die sich — zeitlich gesehen — in Phasen voll-
zieht. War die mittelalterliche Kirche ihrcrseits im Glaubeu, das Rcich Gottes
zu sciu, so war dic Reformakiou des Glaubeus, umgekehrk crft die Fülle Chrifti
haben zu müssen und den Reichsbegriff dafür zu zahlen. Wir aber, hinter
beiden, haben anzuerkennen: beides muß sein. Herkornmcnd vom Proteftan-
tismus — als dem zeiklich späkereu —, haben wir unsereu Mangel einzu-
geftehen, und dic Reichsmäßigkeit epaggeliftifch rn Israel Iruta sarira und
in sciner GeseHlichkeit bewahrt anzuerkeunen. Damit aber auch iunerhalb der
römifchen Kirche das, was judaiftifch darin: die Gefchlossenheik der Figur,
die GeseHfähigkeit. Aber dies Anerkennen bedeutet nichk die Fähigkeit, es zu
übernehmen, außer zunächft ebcn in Anerkennkirrs, daß diese epaggeliftifchcn
Größen müssen da sein; daß sie uus crkenntliche Funktionen und Stationen
der Vollendungsfigur jind, für die dcr Proteftantismus selbft, der absoluke
Chriftus-Glaube, der dem Chriftus ins Pleroma des Weltalls folgt, ohne
 
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