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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

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Heft 6 (Märzheft 1928)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0441

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Len sie nicht auch den ganzen WinLer über Torf und Holz und LaLen die Arbeit
von Erwachsenen, haLLe es da Sinn, daß sie nur miL den kleinen Angeln nahe
dem Ufer planLfchen durfLen und nichLs als Flundern, RoLaugen und kleine
Dorfchc miL nach Hause brachLen? Allerdings war es verboLen, die Hochsee-
angeln anzurühren — die Erwachsenen aber waren noch auf dem LofoL. Darum
waren sie gestern heimlich im Bootshaus gewesen, haLLen die Angeln an der
Leine miL Köder versehen und waren dann auf den meilenbreiLen Fjord hin-
ausgeruderL und haLLen sie ausgelegk.

Tiefseeangeln können bekannLlich große und gefährliche Fifche an den Tag
öringen, darüber waren sie sich klar. Aber da war noch eLwas anderes, was sie
beunruhigLe: sie hatLen gestern nichL Tau genug gehabL, um die Leine bis auf
deu Grund zu lassen. SollLen sie darum das Ganze aufgeben? Da war es
wiederum Pers Einfall gewesen, das eine Ende an einer kleinen Kiefer ganz
draußen an der Landzunge zu befestigen und von dorL die Angel über den Fjord
hin auszulegen. An das äußerste Ende einen Stein, nnd dann war die Leine
mit einem „Pfui Fifch!" über Bord gelassen worden und in der grünen Tiefe
verfchwunden. DamiL war es gekan. Fn der Nähc der Kiefer aber, zwifchen
den Felsen über dem Wasser fchwebten etliche von den Angeln in der Lnft,
und daran konnten sie Eidervögel oder Alke fangen; würden abcr Leuke im
Dunkeln vorbeirudern, dann — ja, dann konnte es gefchehen, daß lebendige
Menfchen an den Angeln hängen blieben. War es darum zu verwundern, daß
sie die Köpfe znsammensteckken und ihre SchriLLe befchleunigkend
„Da kommt PeLer Rönningen!" sagte Markin.

Das war der DriLLe der BooLsmannfchaft, eine lange, dünne Bohnenstange,
miL weißen Augenbrauen und einem dummen GesichL. Er stotLerLe und war
zweimal bei der Konfirmandenprüfung durchgefallen. Was sollte er mik all
der BücherweisheiL, wenn doch keiner ihn ausreden ließ? „Kji, hi, hi!" sagke
cr, wenn er lachte.

Sie fchoben das BooL über den Strand, und bald war es floLL, währcnd drei
geflickte Hosen an Bord kleLLerten.

„Hallo! Kann ich mitkommcn?" fchrie da eine Stimme am Strand.

„Es ist Klans!" sagte Markin Bruvold. „Wollen wir ihn miLnehmcn?"
„Rkein!" meinte PeLer.

„Doch!" sagke Per.

Klaus Broch war der Sohn des Bezirksarztes und ein blauäugiger Knirps in
Kniehosen und Matrosenbluse. War wohl wieder seinem Hauslehrer durch-
gegangen und wird Ohrfeigen von seinem VaLer bekommen, wenn er nach
Hause kommL.

„Aber mach fchnell", sagte Per, der fchon ein Ruder ausgelegL hatte.

Das BooL mit dem weißen Bordrand fchoß mi'L unregelmäßigen Nnderfchlägen
über dic Bucht. Martin Bruvold ruderte vorn und betrachtete den blassen
Per, der wie ein HäupLling dasaß, mit bli'Henden Augen, als sänne er auf
neue Streiche. Dem armen Martin war gar nicht wohl zumnLe, unb er be-
griff nicht, wie Per, der Pfarrer werden wollte, auf so vieles verfallen konnte,
was dem Herrn nicht wohlgefiel.

Per war ein Stadtkind und bei einem Fifcher in Kost gegeben. Seine Muttcr
sollte einc leichtsinnige Person gewesen sein, aber sie war LoL, und der Bater

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