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Kunstwart und Kulturwart — 38,1.1924-1925

DOI Heft:
Heft 1 (Oktoberheft 1924)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Wesen der Zeitschrift: zugleich ein Wort über den Kunstwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.14441#0015

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Wesen der Zeitschrift

Zugleich ein Wort über den Kunstwart

^M^ie Zeitschrift, deren Wesen nicht Viele kennen, und die Zeitung, die
^A^Alle kennen, sind nicht gerade verschwistert, doch sind sie vervettert.

Ihr gemeinsamer Vorfahr ist der Nachrichtendienst. Die Zeitung ist
entstanden, als man begann, das Bedürfnis der Menschen nach Nachrichten
regelmäßig zu erfüllen. Sie ist eine Aeugung aus Neugier und politischem
und gefchäftlichem Vorsprungwillen,- das sind kraftvolle Erzeuger.

Aber die Zeitschrift? tzat sie wirklich mit Nachrichten von Dingen, Ereig-
nissen, Sachverhalten noch ernstlich etwas zu tun? Ist der Kunstwart etwa
so etwas wie ein Nachrichtenblatt?

Beispiele und Gegenbeispiele werden dem Kundigen bald genug einfallen.
In der Musikzeitschrift liest der Musiker, welche Agenturen neuestens größere
Veranstaltungen unternehmen, der Agent, welche Musiker mit Erfolg neuer-
dlngs aufgetreten sind. In seinem medizinischen Blatt findet der Arzt Mit«
teilungen über neue tzeilmittel und tzeilweisen. In der politischen Wochen-
schrift teilt der Politiker der Welt Neues über die Erlebnisfe mit, die er
anf einer Auslandsreise hatte. Alles das ist „Nachrichtenwesen". tzinter der
Sache tauchen die alten Bedürfnisse als Antriebe auf: Neugier, politischer
und geschäftlicher Bedarf. A.nd wenn in einer naturwissenschaftlichen Zeitschrift
über Miethes neue Goldmacherkünste geschrieben wird, so ist es halb Beleh--
rung und halb „Nachrichten-Dienst". Anderseits kennen wir Zeitschriften,
von „Pan" und „Genius" bis zur „Deutschen Rundschau" und dem „Iuden",
die anscheinend frei sind von Benachrichtigung der Leser.

In solchen Zeitschriften stehen neben Gedichten, Novellen, Dramen und
etwa Abbildungen noch „Aufsätze". Auch im Kunstwart stehen Aufsätze. Was
ich hier eben schreibe, ist ein 'Aufsatz. Iedermann kennt den Begriff. And
doch ist es heillos schwer, etwas Rechtes über dieses Ding zu sagen. Mögen
wir es bescheiden einen „Beitrag" nennen und damit andeuten, daß es sich
gleichsam anspruchlos in den Zusammenhang des „Blattes" einfügen will,
oder nennen wir es mit Stolz „Essay", weil wir es für einen selbständig-
eigenwertigen Versuch unseres Geistes halten — es bleibt ein Aufsatz, und
es bleibt die Frage, was das für ein rätselhaftes Erzeugnis sein mag. Vor
allem dre Frage, wozu man denn aus derlei Stoff so viele Zeitschriften ge-
staltet!?

Ginge ich als Gelehrter daran, sie zu beantworten, so müßte ich nun eine
Systematik der Aeitschriften entwickeln. Ich müßte die Zeitschriften einteilen
in mehr „aktuelle^ Wochenschriften, halb aktuelle tzalbmonatsschriften, kaum
noch aktuelle Monatsschriften, vornehm zeitferne Vierteljahresschriften; oder
in wissenschaftliche Fachzeitschriften, geschäftliche Fachzeitschriften, künstlerische
Fachzeitschriften,- in unterhaltende und „Familien"-Zeitschriften; in politische
und wirtschaftlich-politische- in Vereins- und Sektenblätter; so müßte ich noch
fortfahren, schematisch einzuteilen und zu kennzeichnen. Aber zuletzt würde
eLne Art von Zeitschriften übrig bleiben, für die sich kein rechtes Schlagwort
finden will, und in dieser großen Gruppe würde unser Kunstwart wieder auf-

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