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Kunstwart und Kulturwart — 38,1.1924-1925

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Heft 4 (Januarheft 1925)
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Pechmann, Günther von: Qualität, Stil und Export
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14441#0197

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zeugnisse der französischen Manufakturen Weltgeltung erlangt, so begann
jetzt der englische Geschmack die tzerrschaft an sich zu reißen im Gefolge eng-
lischer Massenerzeugnisse: englischer Webstoffe und bedruckter Kattune, eng«
lischer Tapeten, Leder- und Metallwaren, billiger keramischer Lrzeugnisse.
Linen großen Teil der Welt bindet Lngland nicht so sehr durch die Mittel
äußerer Gewalt als wie durch die Vorherrschaft englischer Form an sich.
Frankreich und Lngland haben es verstanden, den Formwillen, der sich in
den Lrzeugnissen ihrer Industrien ausdrückt, zu einem Mittel ihrer Kulture
politik zu machen.

Die große Willfahrigkeit der deutschen Exporteure, sich jedem, auch dem
schlechtesten Geschmack im Ausland anzupassen, hat der deutschen Export»
industrie privatwirtschaftliche Vorteile gebracht. Sie hat aber auch in vielen
Teilen der Welt Abneigung gegen deutsches Wesen geweckt.

Die Frage des deutschen Lxportes muß heute nach weltpolitischen Gesichts-
punkten beurteilt werden. Die Nationalstaaten der Gegenwart stehen sich
wie Menschen, wie Persönlichkeiten gegenüber. Wie sich über den Linzel-
menschen eine allgemeine Meinung bildet, so auch über die Nation. Das
Arteil der Welt wird wesentlich dadurch beeinflußt, was Deutsche in der Welt
verkaufen. Linst war es die nationale Literatur, die den Einfluß der Völker
auf andere Nationen hauptsächlich bestimmt hat. Die ungeheure Zunahme
der gewerblichen Produktion in den modernen Zndustriestaaten bringt es
mit sich, daß vor allem die gewerblichen und die industriellen Lrzeugnisse
der Welt das Bild einer Nation übermitteln. Von der Qualität des deut-
schen Exportes wird zu einem großen Teil die zukünftige Weltgeltung des
deutschen Volkes abhängen. GüntherFrhr. v. Pechmann

Lose Blätter

Aber die Augen!*

ergebens, daß man sich sagt, die Tage sind lang. Sie brennen wie
H leichtes Strohfeuer ab, in der Luft liegt ein hetzender Schrei, und
unter dem Eindruck der kurzen treibenden Nächte, in denen vieles
verborgen geschieht, wird in der Natur das Leben zur Panik. Wie Ge-
witter schießen die Lreignisse auf, rasen vorbei, in gepeitschtem Lauf, und
sind wie Gewitter verschwunden. Alles ist schön und doch fremd, flüchtig
und rätselhaft, man hat es herbeigewünscht und fühlt sich trotzdem nur
durch einen dünnen Faden Vertrauen mit ihm verbunden. Das Bild, das
mir der Wald heute zeigt, stimmt nicht zu der Erinnerung, die ich von
gestern in meinem tzerzen trage, und wo noch vor wenigen Tagen der Wind
mit Löwenzahnrädern spielte, breiten mannshohe Kerbel ihre Zeltschirme aus.

Zuerst denke ich, so etwas traumhaft Schönes und innig Bewegendes
wie diese Kerbelwiesen gibt es nicht mehr. Es ist, als wäre der Blüten«
schnee aller Bäume auf die Gräser heruntergetropft und hätte nun auch
die Böden entzündet wie vorher die Wipfel und schäumte in zarten,
weißen, prangenden Wellen noch einmal über die Erde hin, bevor er er-
loschen im Schoß der Schwere versinkt und zugedeckt wird von der Zeit des
langsamen Neifens, in der wir den Frühling und seine taghellen Lieder

* Siehe hierzu den Nundschau-Beitrag dieses Heftes.
 
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