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Kunstwart und Kulturwart — 38,1.1924-1925

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Heft 3 (Dezemberheft 1924)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14441#0161

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Vom Heute fürs Morgen

Hüter des Tales

^ch schritt talauf, der Mühlbach sang rnir zu:

OWar das denn Wasser, was so fröhlich sang
Von Wanderlust, von Weh, von Liebesleid?

Ich trat zum Wald, mir war, ein tzifthorn hallte
Älus alten Liedern süßen Tons durchs Grün,

Was mit der Drossel sang, war's nur das Tier,

Nicht Siegfried auch? Du tzeideneiche dort,

War's nur der Wind, was aus dem Rauschen sprach?

Ich stieg. Ganz einsam ward's, aus hohen Stämmen
Das Einhorn trug die Märchenfrau vorbei,

Geheimnis um Geheimnis fragte rings,

And wie ich kam zum Auslug hin ins Tal,

Stand dort sein Hüter in der erznen Wehr.

Ich trat zu ihm: „Du Geist, was hütest du?

Sie rauben alles." Er sah über mich
Gelassen hin. „Sie rauben, was die tzand
Nur fassen kann." Sein Blick berührte mich,

Daß meiner sank. „Was kümmert mich die Hand?

Ich sorge dessen, was sie lenkt. Sieh nieder,

Was siehst du? SLein und Gras und Maur und Dach?

Nein: tzeimat siehst du. And das hüte ich,

Was aus der Armut Reichtum, aus dem Tod
Das Leben, was aus Steinen Heimat macht."

Ferd. Avenarius

^Das Werk von Arno Holz"

^m siebenten Lebensjahrzehnt ist es
OArno Holz möglich, eine „erste Aus»
gabe" seines Gesamtwerkes herauszu«
bringen. Der Verlag I. tz. W. Dietz in
Berlin stattet sie mit guter Sorgfalt
aus, zehn Bände sind geplant, zwei
liegen vor. H. W. Fischer schrieb da»
zu Einleitungen — etwas verwunder-
lich im Werk eines Lebenden, um--
somehr, da sie nicht allzuviel besagen.

Müssen wir den Lesern des Kunst-
warts noch sagen, daß wir diesem Le-
benswerk mit einer fast einzigartigen
Ehrerbietung gegenüberstehen? Daß es
den allergerechtfertigtsten Anspruch auf
diese und, sprechen wir nüchtern, auf
Leser und Käufer hat?

Ls hat ihn. Und nicht etwa nur,
weil die Nation Lief in der Schuld
dieses großen und zugleich vielver-
kannten, ja auf das widerlichste miß--

handelten Dichters steht. Das wöge zu
allerletzt leicht. Vielmehr entscheidend
darum, weil dieses Werk bedeutend
und frisch wie am ersten Lage, von
der Zeiten Staub fast unberührt sich
nun zum ersten Male leicht zugäng-
lich entfaltet. Wer Arno Holz eigent-
lich ist, wird und muß eine unver-
logene Generation erkennen. Sie wird
mit Händen greifen, daß er nicht nur
geschichtlich der wahre und entschei-
dende Eröffner und zugleich Vollender
einer sehr bedeutsamen Epoche unserer
Dichtung ist, sondern ganz über allem
Zeitlichen einer der größten wirklichen
Könner, die wir hatten. Sie wird
innewerden, daß er unsere Aational-
dichtung nach zwei Nichtungen hin für
alle Zeiten um gültige Formen berei-
chert hat, deren Ausprägung Werke
von höchstem Gehalt waren und sind.
And sie wird begreifen, mit Schau-
 
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