Der Mächer
Heidelberger Originale von 1L6O
Von Dr. W. Hoenninger- Heidelberg
Ein kleines, einfaches, freundliches Weiblein, das am Bahnhvf, in
den Wirtschaften und auf der Strahe feine Blumen feilbot, war Las
„Sträuhele Hannele". Als einst der alte Grohherzog durch Heidel-
berg fuhr und der Zug einige Minuten Aufenthalt hatte, lief das Hannele,
das gerade am Bahnhof war, auf den hohen Hercn zu und überreichte
demfelben ein Sträuhlein mit entsprechendem Knix. Der Grohherzog
bedankte fich und lieh dem Frauchen durch feinen Adjutanten ein Geld-
gefchenk überreichen. Das war der schönste Tag vom Hannele! Sn den
Wirtfchaften zitierte fie des öfteren einen Vers, der lautete:
O, du guti Sunneblum,
Du hvsch mir mein Herz genumm,
Du stehst mir in meinem Sinn,
Wie die Wurscht im Sauerkraut örin.
Wenn es Blumen feilbot, dann gab fie nur die weniger guten Exem-
plare an gewöhnliche Sterbliche ab. Die fchönen iRofen und Veilchen,
die unter einem Süchlein verborgen auf dem Boden des Körbchens la-
gen, verkaufte fie nicht. „Die finn für mei Herre." Das waren die Korps
im „Seppl". Das Sträuhele-Hannele wuröe vielfach in Bildern verewigt.
Eine Aachfolgerin vom Hannele war die „Blumenkarline"
(Frau Blume genannt), ein bildhähliches, zwerghaftes Frauenzimmer-
chen. Auch sie war den Korpsstudenten von ganzem Heczen zugetan.
And ich erinnere mich noch, wie sie einst unsern flotten Fastnachtsmarfch
durch die Stadt am Faschingsdienstag zur berühmten Sektkneipe im
Westfalenhaus, eingehakt von zwei Vandalen, mitmachte, ein äuherst
drolliges Bild! — 2m „Seppl" tanzte die Karline jeden Abend.
Als ich noch junger Pennäler war, zitierten wir oft ein Verschen, das
über eine Frau, die „Schnappfchnut" genannt, im Schwange war.
Jn Hetdelberg, m der Kettegass'
Wvhnt e Fraa, die heeht Gret',
Hott en Henk . .. un e Schnappschnut,
Kn e 2tas, wie e Drumbet. —
Da wäre noch die „ B a b b s ch ü s s e l" zu nennen, eine Frau, die an
den Litfahfäulen die Zeitungen anpappte. Wenn die böfen Buben fie
anulkten, dann griff sie in ihre Pappschüffel und schleuderte einen gut-
gehäuften Pinsel voll dem Kecksten ins Geficht.
^ Fortsetzung vvn „Der rote Schiffer" im „Kurpfälzer Jahrbuch" 1925. 2lus
technischen Gründen muhte ein Teil der Arbeit zurückgestellt werden.
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Heidelberger Originale von 1L6O
Von Dr. W. Hoenninger- Heidelberg
Ein kleines, einfaches, freundliches Weiblein, das am Bahnhvf, in
den Wirtschaften und auf der Strahe feine Blumen feilbot, war Las
„Sträuhele Hannele". Als einst der alte Grohherzog durch Heidel-
berg fuhr und der Zug einige Minuten Aufenthalt hatte, lief das Hannele,
das gerade am Bahnhof war, auf den hohen Hercn zu und überreichte
demfelben ein Sträuhlein mit entsprechendem Knix. Der Grohherzog
bedankte fich und lieh dem Frauchen durch feinen Adjutanten ein Geld-
gefchenk überreichen. Das war der schönste Tag vom Hannele! Sn den
Wirtfchaften zitierte fie des öfteren einen Vers, der lautete:
O, du guti Sunneblum,
Du hvsch mir mein Herz genumm,
Du stehst mir in meinem Sinn,
Wie die Wurscht im Sauerkraut örin.
Wenn es Blumen feilbot, dann gab fie nur die weniger guten Exem-
plare an gewöhnliche Sterbliche ab. Die fchönen iRofen und Veilchen,
die unter einem Süchlein verborgen auf dem Boden des Körbchens la-
gen, verkaufte fie nicht. „Die finn für mei Herre." Das waren die Korps
im „Seppl". Das Sträuhele-Hannele wuröe vielfach in Bildern verewigt.
Eine Aachfolgerin vom Hannele war die „Blumenkarline"
(Frau Blume genannt), ein bildhähliches, zwerghaftes Frauenzimmer-
chen. Auch sie war den Korpsstudenten von ganzem Heczen zugetan.
And ich erinnere mich noch, wie sie einst unsern flotten Fastnachtsmarfch
durch die Stadt am Faschingsdienstag zur berühmten Sektkneipe im
Westfalenhaus, eingehakt von zwei Vandalen, mitmachte, ein äuherst
drolliges Bild! — 2m „Seppl" tanzte die Karline jeden Abend.
Als ich noch junger Pennäler war, zitierten wir oft ein Verschen, das
über eine Frau, die „Schnappfchnut" genannt, im Schwange war.
Jn Hetdelberg, m der Kettegass'
Wvhnt e Fraa, die heeht Gret',
Hott en Henk . .. un e Schnappschnut,
Kn e 2tas, wie e Drumbet. —
Da wäre noch die „ B a b b s ch ü s s e l" zu nennen, eine Frau, die an
den Litfahfäulen die Zeitungen anpappte. Wenn die böfen Buben fie
anulkten, dann griff sie in ihre Pappschüffel und schleuderte einen gut-
gehäuften Pinsel voll dem Kecksten ins Geficht.
^ Fortsetzung vvn „Der rote Schiffer" im „Kurpfälzer Jahrbuch" 1925. 2lus
technischen Gründen muhte ein Teil der Arbeit zurückgestellt werden.
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