Line sellene Zrau.
Von Liesbet Dill.
L
Es hat wohl nie eine Prinzessin schlechter an einen Hof gepaßt als
Liselotte, die Tochter des Kursürsten Karl Ludwig von der Pfalz, an den
glänzend übertünchten, bigotten Hof von Versailles. Die Pfalz war von
Kriegen bedroht, man wollte sich und die Verwandtschast vor neuen Ein-
fällen schützen, Liselotte war das Pfand. Sie wurde dem Bruder Lud-
wigs XIV., dem verwitweten Herzog von Orleans, als zweite Gemahlin
versprochen. Sie mußte zur katholischen Religion übertreten, in Heidel-
berg wurde der Abschied sestlich begangen, in Straßburg der Heirats-
kontrakt unterzeichnet, in Metz erfolgte öer feierliche Vlebertritt zur
katholischen Kirche. Dann fuhr die junge Madame Royale weinend der
neuen Heimat und dem unbekannten Gemahl entgegen.... Sie hat ihre
schöne Psalz, an der sie hing, nie wiedergesehen_ Shre Ehe war eine
beiderseitige Enttäuschung.
Die Prinzessin war keine Schönheit, auch in ihrer Hugend nicht; kern-
gesund, von derber Lustigkeit, witzig, schlagfertig. Sie ließ sich nicht ver-
blüffen durch den Glanz, der sie am Hofe des Sonnenkönigs umstrahlte...
und hat sich eine Stellung zu schaffen gewußt an diesem Hof. Es war
keine leichte Arbeit. Swig in Geldverlegenheit lebend, „man kann nicht
magnific sein ohne Geld..in einer Welt, in der ihr alles falfch, töricht
und unwahr erschien, mit diesem degenerierten Greis, dem Gatten... der
„nur Weiberarbeit liebt, für seinen Seint fürchtet, sich gern putzt und die
Ceremonien schätzt, die sie haßt, der sein Geld mit seinen Buben und den
Lakaien vertut," in ständiger Gemeinschaft mit der Maintenon, die diesen
Hof beherrschte, mit der sie sich nie verstand, hin- und herlavierend zwi-
schen dem König und dieser verhaßten maüresse en tNre ....
Zwischen beiden Frauen bestand eine offene, ehrliche Feindschaft, von
der königlichenMaitresse durch glatte Form kaschiert, aber in den Briefen
Madames kommt sie kräftig zum Ausdruck... Sie war nicht umsonst
ein Kind der Pfalz, eine ehrliche deutfche Seele, gutmütig, wenn man sie
in Frieden ließ, aber wenn man sie reizt, zeigt sie ihre derben Stacheln...
Sie läßt sich durch nichts blenden, weder durch das höfische Getue,
noch die glanzvollen Feste, bei denen sie sich „halbtot gähnt", noch die
aufgetragene Frömmigkeit, die damals Mode geworden war, wie die
Krinolinen und die ellenhohen Frisuren, die so hoch waren, daß man die
Sänften der Hofdamen erhöhen mußte, damit fie einsteigen konnten....
Am wenigsten aber ließ fie sich täuschen durch die französische Höflichkeit,
deren oberflächlichen Lack fie durchschaute_ Shre Augen fahen klar
auf den Grund der Dinge_Ihre Ehe mit dem wüsten Herzog von
Orleans war kaum eine Ehe zu nennen. Es bestand zwischen ihnen keine
geistige Gemeinschaft, und nachdem sie einsah, daß hier ihre Macht auf-
Von Liesbet Dill.
L
Es hat wohl nie eine Prinzessin schlechter an einen Hof gepaßt als
Liselotte, die Tochter des Kursürsten Karl Ludwig von der Pfalz, an den
glänzend übertünchten, bigotten Hof von Versailles. Die Pfalz war von
Kriegen bedroht, man wollte sich und die Verwandtschast vor neuen Ein-
fällen schützen, Liselotte war das Pfand. Sie wurde dem Bruder Lud-
wigs XIV., dem verwitweten Herzog von Orleans, als zweite Gemahlin
versprochen. Sie mußte zur katholischen Religion übertreten, in Heidel-
berg wurde der Abschied sestlich begangen, in Straßburg der Heirats-
kontrakt unterzeichnet, in Metz erfolgte öer feierliche Vlebertritt zur
katholischen Kirche. Dann fuhr die junge Madame Royale weinend der
neuen Heimat und dem unbekannten Gemahl entgegen.... Sie hat ihre
schöne Psalz, an der sie hing, nie wiedergesehen_ Shre Ehe war eine
beiderseitige Enttäuschung.
Die Prinzessin war keine Schönheit, auch in ihrer Hugend nicht; kern-
gesund, von derber Lustigkeit, witzig, schlagfertig. Sie ließ sich nicht ver-
blüffen durch den Glanz, der sie am Hofe des Sonnenkönigs umstrahlte...
und hat sich eine Stellung zu schaffen gewußt an diesem Hof. Es war
keine leichte Arbeit. Swig in Geldverlegenheit lebend, „man kann nicht
magnific sein ohne Geld..in einer Welt, in der ihr alles falfch, töricht
und unwahr erschien, mit diesem degenerierten Greis, dem Gatten... der
„nur Weiberarbeit liebt, für seinen Seint fürchtet, sich gern putzt und die
Ceremonien schätzt, die sie haßt, der sein Geld mit seinen Buben und den
Lakaien vertut," in ständiger Gemeinschaft mit der Maintenon, die diesen
Hof beherrschte, mit der sie sich nie verstand, hin- und herlavierend zwi-
schen dem König und dieser verhaßten maüresse en tNre ....
Zwischen beiden Frauen bestand eine offene, ehrliche Feindschaft, von
der königlichenMaitresse durch glatte Form kaschiert, aber in den Briefen
Madames kommt sie kräftig zum Ausdruck... Sie war nicht umsonst
ein Kind der Pfalz, eine ehrliche deutfche Seele, gutmütig, wenn man sie
in Frieden ließ, aber wenn man sie reizt, zeigt sie ihre derben Stacheln...
Sie läßt sich durch nichts blenden, weder durch das höfische Getue,
noch die glanzvollen Feste, bei denen sie sich „halbtot gähnt", noch die
aufgetragene Frömmigkeit, die damals Mode geworden war, wie die
Krinolinen und die ellenhohen Frisuren, die so hoch waren, daß man die
Sänften der Hofdamen erhöhen mußte, damit fie einsteigen konnten....
Am wenigsten aber ließ fie sich täuschen durch die französische Höflichkeit,
deren oberflächlichen Lack fie durchschaute_ Shre Augen fahen klar
auf den Grund der Dinge_Ihre Ehe mit dem wüsten Herzog von
Orleans war kaum eine Ehe zu nennen. Es bestand zwischen ihnen keine
geistige Gemeinschaft, und nachdem sie einsah, daß hier ihre Macht auf-