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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 2.1926

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Zinkgräf, Karl: Die Windeck bei Weinheim in Geschichte und Sage
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https://doi.org/10.11588/diglit.30707#0123

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Die Windeck bei Weinheim in Geschichte
und 5age

Von Karl ^inkgräf-Weinheim

Lrauernd und erhaben zugleich thront über ^er alten Psälzerstadt
Weinheinr aus einem Vorsprung des Wachenbergs die iRuine Windeck.

Lurm und Mauern ragen über öas blühende Gefilde der lieblichen
Dergstrahe, über die fruchbbare Ebene, die sich zum iRheine zieht unü
einem Obstgarten gleicht. Es ist ein herrliches Bild, das sich von der
Windeck aus unserem Äuge bietet. Hart am Fuhe des Schlohberges der
mittelalterliche Stadtteil mit seinen engen Winkeln und Gassen, mit sei-
nem am schönen alten Marktplatz liegenden lRathaus, das im 16. Sahr-
hundert, in Weinheims bester Zeit, als Kaufhaus erstanden ist.

Aus dem dichtgedrängten Gewirc von Dächern und Giebeln heben
sich scharf die Sleberbleibsel der alten Stadtbefestigung ab. Der „rote
Turm", der „blaue Hut", der „Hexenturm" und verschiedene lReste der
alten Stadtmauer sagen uns, dah Weinheim einst eine starke Feste war.

Darüber hinaus zeigen sich unsern Blicken inmitten grüner Fluren
schmucke Ortschasten und stattliche Kirchdörfer. Weiter im Westen über
dem lRhein ragt der wuchtige Donnersberg, und die weingesegnetenHänge
der Haardt grühen zu uns herüber. Fern verblauen die Vogesen, und am
Horizonte heben sich deutlich die Dlmrisse dec romanischen Basiliken von
Speyer und Worms ab.

Es ist ein herrliches Bild, das wir hier schauen, und es ist zu begrei-
fen, wenn Iohanna Schopenhauer, die weitgereiste Schwester des Philo-
sophen, beim Anblick desselben in ihr 'Tagebuch schreibt: „Oetzt kenne
ich den Garten Deutschlands."

And wenn die alten Mauern reden könnten? Was würöen sie uns
nicht alles aus freudigen Lagen, aber wohl mehc noch aus schwerer,
harter Zeit erzählen?

Wo einst geschäftiges Lreiben frommer Mönche aus dem nahen
Kloster Lorsch, wo alsdann spätec cauhes Schelten roher Soldaten
herrschte, wo in den besten Oahren Minnesang unö Saitenspiel erklang,
durchzittert heute die stille Melodie der Vergangenheit die geborstenen
Mauern. Die Erinnerung webt ihren Zauber um die Trümmer, die so
viele Hahrhunderte gesehen und so viel Leid und Freud gemeinsam mit
dem alten Städtchen erlebt haben. Sehen wir zu, was uns die Geschichte
über die alte Burg berichtet. Das Wichtigste sei hier angeführt.

Bis in den Anfang des 12. Iahrhunderts reichen die Aachrichten
über die Durg zurück. Die Annahme, daß der Bergfried ein Mauerwerk
der IRömer sei, ist endgültig begraben. Sie stammten aus jener Zeit, in
der man nur zu sehr geneigt war, jeden einigermahen sorgfältig ge-

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