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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 2.1926

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Feulner, Adolf: Ein Wittelsbacherporträt von Goudreaux
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https://doi.org/10.11588/diglit.30707#0171

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Lin Wittelsbacherporträt von Goudreaux

Von Adolf Zeulner-München

Das vorliegende Porirät verdient aus verschiedenen Gründen eine
Erwahnung i, bevor es endgültig in dec Versenkung ausländischen Kunst-
besitzes verschwindet. Zunächst weil die künstlerischen Qualitäten immer-
hin so bedeutend sind, dah sie die Publikation rechtfertigen. Dann weil
es eines der seltenen Bilder diesec Zeit ist, die unvollenöst und doch
intakt aus uns gekommen sind, die uns so Einblicke in die geistige Werk-
statr des Künstlers gewähren. Schließlich aus rein historischem Qnteresse,
weil die Persönlichkeit der Dargestellten Beachtung verdient. (Abb. 1.)

Es ift das Kniestück einer Fürstin. Die nicht mehr junge, dekolletierte
Dams sitzt bolzengerade im hohen Lehnstuhl, wenöet öen Kopf nach vorne
und blickt etwas hochmütig auf den Beschauer. Die linke Hand ist auf den
Herzogshut gelegt, die rechte deutet nichtssagend nach links. Ausgeführt
ist nur der Kopf mit dem weißgepuöecten Haar, der Perlenagraffe und
dem schwarzen iReiher (den man auf öer Abbilöung nicht sieht). Das
schmale, wirklich aristokratische Gesicht mit den übergroßen, blauen
Augen, öer markanten Aase und dem festen Kinn ist hell geschminkt, wie
es die Mode forderte, die Wangen sind leicht rötlich abgetönt und die
Lippen sind brennend rot.

Dieses brennende lRot spielt im farbigen Aufbau eine wichtige lRolle.
Es ist gleichsam die Spitze eines Dreiecks, dessen Dasis der helle Schar-
lach des Hermelinmantels und der Heczogskrone bilden. Es wird ge-
rahmt von dem kräftigen Blau des Kissens, auf dem die Krone liegt, des
Hintergrundes neben dem Kopf der Fürstin, und des Stuhlbezuges.
Diese ausgesprochenen Farben tragen den koloristischen Ausbau. Die
künstlerische lRechnung liegt klar vor Augen, weil die Töne noch unver-
arbeitet sind. Gebrochen und abgewandelt kehren diese Farben im
grünlich-braunen, silberig schimmernden Kleid und im Hintergrund wie-
der. Die skizzenhafte Technik des schnellen Auftrages mit weichen Stri-
chen und tupfigen Flecken verrät die sichere, routinierte Hand. Am roten
Mantel sind mit einigen braunen Klecksen Schatten angeöeutet, öie
„sitzen". Auch der Hintergrund ist unfertig. Es fehlt noch öer ganze
Apparat pompösen, repräsentativen Beiwerks. lRechts ist in der Llnter-
malung eine Säule angedeutet, links eine Draperie. (Die Photographie
hat in der Wiedergabe dieser Details wieder versagt.) Es sind die obli-
gatorischen Versatzstücke des absolutistischen Porträts.

Das Arbeiten aus dem Dunkeln ins Helle charakterisiert die barocke
Frühzeit des 18. Hahrhunderts. Das Stilistische zeigt sofort, öaß wir

^ Jch habe kurz auf das Porträt in der Zeitschrift „Kunstbuch unö Graphik",
1925, S. 65, hingewiesen. Die Erweiterung des Materials gibt Veranlassung, hier
ausführlich daraus zurückzukommen.

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