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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 2.1926

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Schmidt, Werner: Das Kurpfälzische Museum in Heidelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.30707#0143

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die Stadt verblieben. Allmählich aber erwiesen sich die lRäume des
Friedrichsbaus als zu klein und zu ungeeignet. Da kam im Iahre 1906
die Stadtgemeinde durch Schenkung in den Besitz des sogenannten
Chelius'schen Hauses in der Hauptstrahe. Es war ein altes Äristokraten-
domizil und zudem eines der schönsten Barockhäuser Heidelbergs, in dem
die Sammlungen nunmehr einem ihren Wert entsprechenden lRahmen
sinden konnten. Adam Breunig, dem wir u. a. die architektonisch so
wundervolle Raumwirkung des Snneren der Sesuitenkirche verdanken,
hatte es 1712 für den kurpfälzischen lRegierungsrat I. P. Moras erbaut.
1733 kam es in die Hände der Familie von Bettendorf und wurde später
von Iuliane von Zyllnhardt, einer natürlichen Tochter des Landgrafen
von Hessen, erworben. Seit 1831 gehörte es der Familie des berühmten
Heidelberger Chirurgen M. 2. von Chelius, dessen Aachkommen es 1906 der
Stadt schenkten. Aus rotem Sandstein errichtet, bildet es mit seiner schön-
gegliederten, reichen Barockfassade eine Zierde der Hauptstraße. Vier
lebhaft vorspringende Säulen umschließen das breite und hohe Portal
und tragen den zierlich vergitterten Balkon, während die acht Fenster
des Erdgeschosses von bauchigem Gitterwerk geschützt sind.

Hierhin kamen nun, nachdem Professor Hoffacker das Haus im
Aeußeren und Inneren erneuert hatte, die Sammlungsgegenstände, deren
erste Anordnung der Verfasser des grundlegenden Hmdelberger Buches
Karl Psaff leitete. Heute freilich erweisen fich die zur Derfügung ftehen-
den iRäume als viel zu klein, zumal ein Teil des Erögeschoffes anderen
Zwecken überlasfen bleiben mußte. Es ist dringend zu wünfchen, daß auch
diefe dem Museum dienstbar gemacht werden können. Wertvolle Be-
stände lagern noch in Magazinen, die für die Erhaltung befonders der
Gemälde eine unmittelbare Gefahr bedeuten.

Die barocke Architektonik liebt den Durchblick. Darum entspricht dem
Eingangsportal das gleichgroße Hoftor, durch das man über den ge-
pflasterten Hos hinweg mit seinem abschließenden, von Steinpostamenten
gehaltenen Gitter in einen echten Barockgarten blickt, wo alte Bäume sich
um einen leise plätscherndenSpringbrunnen scharen. Dahinter aber, heute
leider etwas verbaut, spannt sich in weichen Linien der Heiligenberg aus.

Ein breites Treppenhaus mit steinernem Geländer geleitet zu den
eigentlichen Sammlungsräumen. Seine Wände schlagen sogleich das
Thema „Kurpfalz" an in den Bildnifsen kurpfälzischer Herrscher. G. Des-
marees, 2. H. Brandt, 2. G. Ziesenis und andere namhafte Künstler find
ihre Schöpfer. 2nteresfant ist der Vergleich zwischen dem von Desmarees
gemalten Bildnis Karl Philipps, das echte lRepräsentationsstück eines
kleinen Sonnenkönigs mit Lockengeriesel, Hermelinwurf und pomphafter
Pofe, und dem fchlichten, fast fpießigen Porträt Karl Theodors, der nur
noch mit einem lRest von imperatorenhafter Geste auf seine Schöpfung,
das Mannheimer Schloß, weist. Sein Maler ist Ziefenis, defsen menfch-
lich feine Charakterisiecungskunst uns noch öfters im Mufeum erfreut.
Von den weitverzweigten Derknüpfungen des pfälzifchen Herrfcherhaufes
fprechen die Bilder des Winterkönigs Friedrich V., feiner Gemahlin
Elisabeth von England und ihrer Kinder Karl Ludwig und Liselotte, der
Herzogin von Orleans, unferec Lifelott'.

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