heischt. Bürgermeister und iRatmannen verneigen sich demütig; auf ihr
Geheih wird Mauer und Lor niedergerissen und Platz gemacht für den
Koloß. Der Künstler läht fpöttifch durchblicken, wie sinnlos solch ein auf-
geblafener Götze Anbetung erzwingt, und wie verstandlos sichere Werte
der Schönheit unö des kostbaren Srbes dem Moloch geopfert werden.
Die Frage bleibt, ob der Verkehr kommt, ob der materielle Erfolg ficher
ist. Hundert Fälle wiffen wir, wo das Zerstören nutzlos war. Man hat
kostbare Werte zerstört, man hat gebaut um des Bauens willen, und
wir stehen mit leeren Händen verarmt vor dem Ergebnis.
Heute schon darf man sagen: eine Brücke, die mit ihrer steinernen
Wucht sich öem Strom entgegenstemmt, ihn in vorgeschriebene iRinnen
zwingt, die den Fluh zu leidenschaftlich wogendem Schuh und Fluh durch
ihre dunklen Bögen aufsteigert, was foll, was kann sie inmitten eines
fast stillstehenden Deiches? Bewegung und Widerstand, der Gegenfatz
des Änstürmens unö Aufhaltens — all das ist Maske und leere Gebärde
geworden, Pathos und Pofe ohne Sinn und Ernst. Das Brückenbild
ist gefälscht, die Landschast verwüstet.
Ein Teich, ein See, eine Föhrde haben ihre besonöere Schönheit.
Sie richtig zu umbauen, Kunst mit Kunst oder Aatur zu vereinen, sind
besondere Aufgaben der Bauleute. Wir nennen beispielshalber die neuen
Dheater in Stuttgart am Schlohgartenteich. Wir denken an Stadtbilder
wie das Alsterviertel in Hamburg, an Kiel, Schwerin, Stockholm. Aeber-
all ruhige Wasserflächen und fpiegelnde Bauten. Das Heidelberger
Stadtbild ist (war) eingestellt auf dramatifche Bewegung, hüpfend
schaukelnde Bergumrisse. Am Ende langer Talschlucht scheint alles der
Befreiung zuzustreben, zuzudrängen. Motive von Burgen, Dörfern,
Städtchen verstärken fich und wachfen zusammen; in unwiderstehlich
steigerndem Crescendo stürmen sie einem rauschenden Finale zu, sammeln
sich zu orchestraler Wucht in Schloh, vieltürmiger Stadt, Bergportal,
Ebene — und nun sind Pseudokünstler gekommen, die die Stimme des
Aeckars zum Verstummen gebracht, die Sehnen seiner Kraft durchge-
schnitten und den Äerv der Landschaft gelähmt haben. Man soll uns in
künftigen Tagen nicht vorwerfen können, dah wir dazu geschwiegen haben.
Das Obenstehende ist öie ausführliche unö erweiterte Behandlung von
Dingen, die ich kürzer, aber in einem hier nicht wiederhlvlten Zusammenhang schon
früher erlittener Schäden des Stadtbildes und kvmmender Möglichkeiten in einem
Heidelberger mündlichen Bvrtrag erörtert habe, von dem das „Heidelberger Tage-
blatt" am 24. Januar 1925 den ausführlichen Bericht gebracht hat. Noch möchte ich
auf meine Schrift „Heidelberg als Stadtbild", 1914, ULinters Verlag, und öen 2tuf-
satz „Stadtbild und Landfchaft in Heidelberg" in der Festschrift „Dem 33. Deutschen
Juristentag 1924", S. 26 ff., hiuweisen, dem öie hier wiederholte schematische -Zeich-
nung entnommen werden durfte. Für Einzelheiten öes Streites meine Aufsätze
im „Heidelberger Tageblatt" vom 26. Juni 1925, lNr. 146 „Lieckarfluß und Neckar-
teich" und vvm 18. Juli 1925, 2ir. 165 „Heidelberg am Aeckarteich".
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Geheih wird Mauer und Lor niedergerissen und Platz gemacht für den
Koloß. Der Künstler läht fpöttifch durchblicken, wie sinnlos solch ein auf-
geblafener Götze Anbetung erzwingt, und wie verstandlos sichere Werte
der Schönheit unö des kostbaren Srbes dem Moloch geopfert werden.
Die Frage bleibt, ob der Verkehr kommt, ob der materielle Erfolg ficher
ist. Hundert Fälle wiffen wir, wo das Zerstören nutzlos war. Man hat
kostbare Werte zerstört, man hat gebaut um des Bauens willen, und
wir stehen mit leeren Händen verarmt vor dem Ergebnis.
Heute schon darf man sagen: eine Brücke, die mit ihrer steinernen
Wucht sich öem Strom entgegenstemmt, ihn in vorgeschriebene iRinnen
zwingt, die den Fluh zu leidenschaftlich wogendem Schuh und Fluh durch
ihre dunklen Bögen aufsteigert, was foll, was kann sie inmitten eines
fast stillstehenden Deiches? Bewegung und Widerstand, der Gegenfatz
des Änstürmens unö Aufhaltens — all das ist Maske und leere Gebärde
geworden, Pathos und Pofe ohne Sinn und Ernst. Das Brückenbild
ist gefälscht, die Landschast verwüstet.
Ein Teich, ein See, eine Föhrde haben ihre besonöere Schönheit.
Sie richtig zu umbauen, Kunst mit Kunst oder Aatur zu vereinen, sind
besondere Aufgaben der Bauleute. Wir nennen beispielshalber die neuen
Dheater in Stuttgart am Schlohgartenteich. Wir denken an Stadtbilder
wie das Alsterviertel in Hamburg, an Kiel, Schwerin, Stockholm. Aeber-
all ruhige Wasserflächen und fpiegelnde Bauten. Das Heidelberger
Stadtbild ist (war) eingestellt auf dramatifche Bewegung, hüpfend
schaukelnde Bergumrisse. Am Ende langer Talschlucht scheint alles der
Befreiung zuzustreben, zuzudrängen. Motive von Burgen, Dörfern,
Städtchen verstärken fich und wachfen zusammen; in unwiderstehlich
steigerndem Crescendo stürmen sie einem rauschenden Finale zu, sammeln
sich zu orchestraler Wucht in Schloh, vieltürmiger Stadt, Bergportal,
Ebene — und nun sind Pseudokünstler gekommen, die die Stimme des
Aeckars zum Verstummen gebracht, die Sehnen seiner Kraft durchge-
schnitten und den Äerv der Landschaft gelähmt haben. Man soll uns in
künftigen Tagen nicht vorwerfen können, dah wir dazu geschwiegen haben.
Das Obenstehende ist öie ausführliche unö erweiterte Behandlung von
Dingen, die ich kürzer, aber in einem hier nicht wiederhlvlten Zusammenhang schon
früher erlittener Schäden des Stadtbildes und kvmmender Möglichkeiten in einem
Heidelberger mündlichen Bvrtrag erörtert habe, von dem das „Heidelberger Tage-
blatt" am 24. Januar 1925 den ausführlichen Bericht gebracht hat. Noch möchte ich
auf meine Schrift „Heidelberg als Stadtbild", 1914, ULinters Verlag, und öen 2tuf-
satz „Stadtbild und Landfchaft in Heidelberg" in der Festschrift „Dem 33. Deutschen
Juristentag 1924", S. 26 ff., hiuweisen, dem öie hier wiederholte schematische -Zeich-
nung entnommen werden durfte. Für Einzelheiten öes Streites meine Aufsätze
im „Heidelberger Tageblatt" vom 26. Juni 1925, lNr. 146 „Lieckarfluß und Neckar-
teich" und vvm 18. Juli 1925, 2ir. 165 „Heidelberg am Aeckarteich".
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