Zeit um Chr. Geb. aus Westfalen und vom Niederrhein. Urnen dieser Form sind z. B. aus
dem Dünengebiet des Kreises Rees mehrfach bekannt (R. STAMPFUSS 1931a, Taf. XII,
17.21.23). R. STAMPFUSS betont ihre formale Verwandtschaft mit der spätlatenezeitlichen
Keramik seines Untersuchungsgebietes. Parallelen zu dieser Urnenform finden sich auch auf
dem frühkaiserzeitlichen Brandgräberfeld von Rünthe, Kr. Unna (Ch. ALBRECHT 1936,
Abb. 2 od. 24 f.).~Auch aus dem nahen Haldern, Kr. Wesel, sind Gefäße dieser Art bekannt
(R. STAMPFUSS 1965, Taf. 9). In die gleiche Gruppe von Keramik ist auch die hohe, bau-
chige Urne aus Grab 3 (Abb. 4,12) zu stellen. Sie findet z. B. in Rünthe, Grab 10, eine Paral-
lele (Ch. ALBRECHT 1936, Abb. 19 f.) und ist auch sonst eine in Westfalen und am Nieder-
rhein weitverbreitete Form. Wiederum zeigen die vergesellschafteten Funde, vor allem der
provinzialrömische Import, daß Gefäße dieses Typs in die Zeit um Chr. Geb. zu datieren
sind. Die einheimische Keramik des Gräberfeldes von Mehrhoog zeigt ausschließlich Gefäße,
die einen schlichten, ebenen Boden aufweisen. Nirgends sind abgesetzte Böden oder schlanke
Gefäßfüße vorhanden, die einen Übergang der Gräber bis ins 1. Jahrh. n. Chr. Geb. andeu-
ten. Der frühkaiserzeitliche Horizont B 1 ist offenkundig in dem hier behandelten Ausschnitt
des Gräberfeldes noch nicht vertreten.
4. Historische Bezüge
Die Grabfunde von Mehrhoog gehören zu ganz wenigen Fundkomplexen vom Mittel- und
Niederrhein, in denen frührömisches Importgut, vor allem genau klassifizierbare Terra sigil-
lata, rechts des Rheins und außerhalb der frührömischen Militäreinrichtungen in Erscheinung
tritt. Die Gräber erweisen sehr deutlich einen beträchtlichen provinzialrömischen Einfluß
während der Frühphase der römischen Okkupation am Niederrhein und in Westfalen. Wenn
die chronologische Einordnung der kurzlebigen Altsachen richtig ist, so wurden die Toten
von Mehrhoog etwa in der Zeit der Operationen des Drusus am Niederrhein, also etwa zwi-
schen 12 und 9 v. Chr. beigesetzt. Diese sicher als germanisch anzusprechende Bevölkerung
dürfte somit Zeuge der römischen Ausdehnungsbestrebungen nach Osten gewesen sein. Die
starke Teilhabe römischer Produkte an den Grabbeigaben deutet auf entsprechend intensive
Berührung mit der römischen Zivilisation hin. Sie lebte im rechtsrheinischen Vorfeld des
linksrheinischen Bereitstellungsraumes für die große Offensive der Römer ins Freie Germa-
nien, die noch von Agrippa geplant, nach seinem Tode aber von Drusus und Tiberius durch-
geführt wurde (H. v. PETRIKOVITS 1978, bes. 53 ff., 97 ff.). Der nächstgelegene militäri-
sche Stützpunkt für diese Operationen war Vetera Castra I auf dem Fürstenberg bei Birten,
südlich von Xanten. Die Funde von Mehrhoog und andere, zeitlich ähnlich einzustufende
spätest-latenezeitliche und frühest-kaiserzeitliche Funde vom Niederrhein, die unlängst in ei-
ner Dissertation behandelt worden sind (Ch. REICHMANN 1977) spiegeln eine Besiedlungs-
schicht wider, die in augustischer Zeit, in der Zeit der römischen Expansion nach Westfalen
und an die Elbe, das rechte Ufer des Niederrheins bedeckte. Ob als Feinde oder als Freunde
müssen diese Bevölkerungsgruppen in intensivem Kontakt mit der römischen Militärmacht
am Niederrhein gestanden haben. Das jedenfalls ist aus der Ausstattung ihrer Gräber deutlich
zu entnehmen.
Danksagung
Meiner Kollegin Frau Dr. Dorothea HAUPT und meinen Kollegen Dr. Michael GECHTER
und Dr. Hans-Eckardt JOACHIM vom Rheinischen Landesmuseum Bonn bin ich für Hin-
weise und Hilfe bei der Bearbeitung der Funde von Mehrhoog zu Dank verbunden.
167
dem Dünengebiet des Kreises Rees mehrfach bekannt (R. STAMPFUSS 1931a, Taf. XII,
17.21.23). R. STAMPFUSS betont ihre formale Verwandtschaft mit der spätlatenezeitlichen
Keramik seines Untersuchungsgebietes. Parallelen zu dieser Urnenform finden sich auch auf
dem frühkaiserzeitlichen Brandgräberfeld von Rünthe, Kr. Unna (Ch. ALBRECHT 1936,
Abb. 2 od. 24 f.).~Auch aus dem nahen Haldern, Kr. Wesel, sind Gefäße dieser Art bekannt
(R. STAMPFUSS 1965, Taf. 9). In die gleiche Gruppe von Keramik ist auch die hohe, bau-
chige Urne aus Grab 3 (Abb. 4,12) zu stellen. Sie findet z. B. in Rünthe, Grab 10, eine Paral-
lele (Ch. ALBRECHT 1936, Abb. 19 f.) und ist auch sonst eine in Westfalen und am Nieder-
rhein weitverbreitete Form. Wiederum zeigen die vergesellschafteten Funde, vor allem der
provinzialrömische Import, daß Gefäße dieses Typs in die Zeit um Chr. Geb. zu datieren
sind. Die einheimische Keramik des Gräberfeldes von Mehrhoog zeigt ausschließlich Gefäße,
die einen schlichten, ebenen Boden aufweisen. Nirgends sind abgesetzte Böden oder schlanke
Gefäßfüße vorhanden, die einen Übergang der Gräber bis ins 1. Jahrh. n. Chr. Geb. andeu-
ten. Der frühkaiserzeitliche Horizont B 1 ist offenkundig in dem hier behandelten Ausschnitt
des Gräberfeldes noch nicht vertreten.
4. Historische Bezüge
Die Grabfunde von Mehrhoog gehören zu ganz wenigen Fundkomplexen vom Mittel- und
Niederrhein, in denen frührömisches Importgut, vor allem genau klassifizierbare Terra sigil-
lata, rechts des Rheins und außerhalb der frührömischen Militäreinrichtungen in Erscheinung
tritt. Die Gräber erweisen sehr deutlich einen beträchtlichen provinzialrömischen Einfluß
während der Frühphase der römischen Okkupation am Niederrhein und in Westfalen. Wenn
die chronologische Einordnung der kurzlebigen Altsachen richtig ist, so wurden die Toten
von Mehrhoog etwa in der Zeit der Operationen des Drusus am Niederrhein, also etwa zwi-
schen 12 und 9 v. Chr. beigesetzt. Diese sicher als germanisch anzusprechende Bevölkerung
dürfte somit Zeuge der römischen Ausdehnungsbestrebungen nach Osten gewesen sein. Die
starke Teilhabe römischer Produkte an den Grabbeigaben deutet auf entsprechend intensive
Berührung mit der römischen Zivilisation hin. Sie lebte im rechtsrheinischen Vorfeld des
linksrheinischen Bereitstellungsraumes für die große Offensive der Römer ins Freie Germa-
nien, die noch von Agrippa geplant, nach seinem Tode aber von Drusus und Tiberius durch-
geführt wurde (H. v. PETRIKOVITS 1978, bes. 53 ff., 97 ff.). Der nächstgelegene militäri-
sche Stützpunkt für diese Operationen war Vetera Castra I auf dem Fürstenberg bei Birten,
südlich von Xanten. Die Funde von Mehrhoog und andere, zeitlich ähnlich einzustufende
spätest-latenezeitliche und frühest-kaiserzeitliche Funde vom Niederrhein, die unlängst in ei-
ner Dissertation behandelt worden sind (Ch. REICHMANN 1977) spiegeln eine Besiedlungs-
schicht wider, die in augustischer Zeit, in der Zeit der römischen Expansion nach Westfalen
und an die Elbe, das rechte Ufer des Niederrheins bedeckte. Ob als Feinde oder als Freunde
müssen diese Bevölkerungsgruppen in intensivem Kontakt mit der römischen Militärmacht
am Niederrhein gestanden haben. Das jedenfalls ist aus der Ausstattung ihrer Gräber deutlich
zu entnehmen.
Danksagung
Meiner Kollegin Frau Dr. Dorothea HAUPT und meinen Kollegen Dr. Michael GECHTER
und Dr. Hans-Eckardt JOACHIM vom Rheinischen Landesmuseum Bonn bin ich für Hin-
weise und Hilfe bei der Bearbeitung der Funde von Mehrhoog zu Dank verbunden.
167