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Mannheimer Abendzeitung — 1846

DOI Kapitel:
No. 89 - No. 116 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44008#0393

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MA







Ub o nnemeut mit vierlelſähriger Vorausbezahlung in Mannheim 1 fl. 15 kr., durch die Poſl bezogen im ganzen OVroßherzogthum
: . Baden 2 fl. 8 kr., im Ausland erhöht ſich das Abonnement um den Poſtaufschlage. ,
“ Juſersate die geſpaltene Zeile in Petitschrift oder deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frel elnzufsndeu. :

. Na. 98.





usr Des Charfreitags wegen erſcheiut morgeu keine . .



, Die geheimen Wiener Conferenzbeſchlüſſe von 1834.
s (Gericht des Abgeordneten Schaffrath.)
. ; (D. Alg. Ztg.)
_ OHOredden, 1. April. Bei der 2. Kammer ging am 19. März folgender
y Bericht der vierten Deputation über mehrere die geheimen Beſchlüſse der
Wiener Conferenz vom 12. Jun. 1834 betriffende Petitionen-- ein: :
_ Okkanntlich fanden im Jahre 1834 wie es damals allgemein hichß
auf die von der ößterreichiſchen und preußiſchen Regierung bereits im Jahre
1833 an sämumiliche deutsche Höfe ergangene Einladung, nach Wien Gesandte
zu senden, um dort nach dem Modus der engeren Versammlung des deutſchen
Bundestags in Cabinetsconferenzen gemeinſchaftliche B:ſchlüſſe zu faſſen, zu
Wien Conferenzen der Gesandten der deutschen Regierungen ſtatt.
Schon damals hatte eine bange Ahnung und Unruhe vor dem Gegenſtand
und Reſultate dieſer Wiener Conferenz einen großen Theil des deutſchen Volks
wie der deutschen Zeitungspreſse ergriffen. .

Allein man beruhigte sich wieder, als ~ im Königreiche Sachsen durch

die Verordnungen vom 3. Dez. 1834 und vom 2. Jan. 1835 — die Bundes-
beſchlüſſe vom 30. Okt. und 12. Nov. 1834 wegen Errichtung eines Schieds-
gerichts zur Eniſcheidung der Streitigkeiten zwiſchen den Regierungen und den

_ Stltänden und über die Universitäten und andern Lehr- und Erziehungsanſtalten

öffentlich bekannt gemacht wurden, Beſchlüſſe, welche man als die einzigen Er-
gebnisse der Wiener Conferenz betrachtete. ;

_ lein plöglich erſchicnen im Jabre 1843 1]J ,„„Schlußprotokell der Wiener
Minifterialconferenz- aus der New- Yorker ,„Deutſchen Schnellpoſt für europäi- | §§
sche Zuſtände, öffentliches und sociales Leben Deutschlands-. besonders (in groß

Folio) abgedrucktz :

_ 2) »Die geheimen Beſchlüſſe der Wiener Conferenz vom 12. Juni 1834.
Ein authentisches Aktenſtück aus den Papieren eines jüngſt verſtorbenen Diplo-
maten; Deutschland 1843“ (eine Schrift, welche ſplendid in groß Octav ge-
druckt, 26 S.; auf S. 3 nämlich das Vorwort des unbekannten Herausgebers

mit dem Schluſſe: „Für die Cchtheit der hier mitgetheilten Aktenſtücke haſtet

ein deutſcher Mann mit ſeiuer Chre‘‘; S. 5: „Bruchſtück aus der Eröffnungs-
rede des Fürſten v. Meiternich“: S. 6 –24: „Das Schlußprotokoll der Wie-

_ ner Conferenz vom 12. Juni 1843, mit einem Eingange, 60 Artikeln oder |
îHDBeſchlüſsen, einem Schluß und den Unterschriften der Geſandtenz und S. 25:

ein Bruchftück aus der Schlußrede des Fürſten v. Metternich vom 12. Juni

1834/! enthält und auf Anordnung des ſächſischen Miniſteriums des Innern

von dem Rathe zu Leipzig im Januar 1844 mit Hinweisung auf die Verord-
nung vom 11. März 1841 g. 4, r.it B.ſchlag belegt worden iſt). .

3) „Die geheimen Beschlüſſe der Wiener Cabinetsconferenzen vom Jahre

1834’ (mit dem Motto: Sed haee inter honos amieitia, inter malos fac-
tio est. Salluslius). Nebst Anhang der geheimen preußischen Denkſchrift vom
Jahr 1822‘’. Strasburg, gedruckt bei G. Silbermann, Thomasplatß 1844
lebenfalls in groß Octav).
_ H „,, Wöidchtige Urkunden sür den Rechtszuſtand der deutſchen Nation, mit
eigenhändigen Anmerkungen von Johann Ludwig Klüber. Aus deſſen Papie-
ren mitgetheilt und erläutert von C. Welcker. Mannheim, Verlag von Fried-
rich Baſſermann, 1844'’ (ein Werk , welches von S. 370 bis S. 395 einen
vollſtändigen Abdruck der hier unter 2 aufgeführten Schriſt und von S. 398
an bis S. 444 eine kritische Prüfung und ſtaatsrechtliche und politiſche Beur-
. tt:1!vvs jener geheimen Beſchlüſſe der Wiener Conferenz im Jahr 1834 ent-
hält).

5) „„Die Politik der deuischen Miniſter im Widerſpruche mit den Interessen
der deuiſchen Fürflen und des deutschen Volks. Ein urkundlicher Beitrag zur
Beurtheilung der deutſchen Zuſtänre aus ten hinterlaſſenen Papieren eines be-
rühmten Publiciften und Staatsmannes. Glarus, Verlag von Fridolin Schmidt,
1844" (eine Schrift, welche den Text nur einiger ſener Beſchlüſſe von 1834 und
nur auszugsweise und nebenbei eine politiſche Würdigung derselben enthält).
_ ß) „Schlußprotokoll der Wiener Miniſterialconferenz vom 12. Juni 1834
mit dem Einleitungs- und Schlußvortrage des Füiſten v. Metternich-r, S. 126
fag. der Deutſchen franzöſiſchen Jahrbücher, herausgegeben von Arnold Ruge
und Karl Marx. Paris 1844. 1. und 2. Lieferung. : j
Deutſchland, sondern auch außerhalb deſſelben in ganz Europa, besonders auch
in England, wo bald in der Times eine ſcharfe Beurtheilung derselben in ~
hier nicht wiederzugebenden ~ Ausdrücken gegen deutſche Fürſten und Minißier

erſchien, die größte Aufmerksamkeit und Unruhe; im deutschen Volke aber, be-

sonders in conſtitutionellen Staaten Unmuth und Furcht vor Gefährdung der
beschworenen Verfaſſungen und der verfaſſungsmäßigen Volksrechte durch ſie, und
führten in mehren Ständeversammlun;en, vorzüglich in der badischen zweitea
Kammer , zu energischen Interpellationen , Beschwerden und Proteftationen.

Auch aus dem ſächſiſchen Volke sind eine Menge vorzüglich auf die Erklä-
rung der Ungültigkeit und Nichterbindließkeit ſener Beſchlüſſe gerichteter Peti-

tionen bei der zweiten Kammer eingegangen, und von dieser an die vierte De-
fegt z Ferihtertatung verwiesen worden. Es sind 28 Petitionen mit

! Nach B-ſtellung des Unterzeichnelen zum Berichterſtatier , verfaſſungömäßi-
ft: Lrtefrrs ter Petitionen in der Deputation, auch Verhandlung mit einem [
nigl. Commiſſär erftaitet nun die vierte Deputation folgendcn gutachtlichen

î Vericht,
ftr U Art. 3 bis mit 14 wörtlich und von Amts wegen als Bundes-

<hluß vom 30. Okt. 1834 durch die Verordnung vom 3. Dec. 1834; 2) Ari.





32 (die Abonnements auf in fremden Sprachen erſcheinende Zeitungen aur nach.

einem, von der Regierung genehmigten Berzeichniſſe betr.) in Maurenbrecheren.

Deuischem Staatsrecht: „In Folge Beſchluſſes der Wiener Conferenz von 1834
iſt die Einführung der franzöſiſchen und engliſchen liberalen Oppoſitionsblätter
in Deutschland durch Geldauflagen erſchwert.-.); 3) Art. 34 als elwas verän-
derter Bundesbeſchluß vom 28. Ayril 1836, wegen Aufnahme von Berichten
und Nachrichten über Verhandlungen deutscher Ständeverſammlungen in Zeitun-
gen und periodiſchen Schriften, durch Verordnung vom 4. Jul. 1836; 4) Art.
30 (Verbot des Nachdrucks) als Bundesbeſchluß vom 2. April 1835 , in Alexz.
Mäüller's Archiv für die neuefte Gesetzgebung aller deuiſchzn Staaten, Bd. 8.;

5) Art. 37 (den Buchhandel betreffend) als Bundesbeſchluß vom A. Dec. 1834,

ebeudaſelbſt, Bd. 6; 6) Art. 42 ~ 56 (die Universitäten und Erziehungsanſtal-
ten beir.), wörtlich und offiziell als Buntesbeſchluß vom 13. Nov. 1834 durch
Verorbnung vom 2. Jan. 1835; 7) Art. 57 (das Verbot der Berſchickung von
Acien auf eine deuiſche Univerſität oder an einen Schöppenſtuhl in Polizei- uno
Kriminalſachen) als Bundesbeſchluß vom 13. Nov. 1834 in Alex. Müller's

Ur r. v e' U U U U
g t.

ordnung, die Ängelegenheiten der Preſſe betreffend, vom 5. Febr. 1844, g. 5;
9) der, die Errichtung von (Ober-) Censurcollegien und die Ertheilung be-
ftimmter Inſtruktionen an die Censoren anordnende Art. 28., Nr. 1, 2 und 4

| in der Verordnung über Verwaltung der Preßpolizei vom 13. Okt. 118G.
. 4, 5, 7 und 10, und Verordnung vom 5. Febr. 1844, g. 11 un 39;3.

10) Art. 30 (CErtheilung von Conceſſionen zu Zeitungen und nur mit dem Von.
beyalte des Widerrufs) in der Verorvnung vom 13. Okt. 1839, g. 566, uno

Verordnung vom 5. Febr. 1844, g. 22 und 25; 11) Art. 31 (Censur im Auss

lande oder in einem deutschen Bundesſtaate gedruckter Schriften) in der Ver-

ordnung vom 13. Okt. 1836, §. 36, und Verordnung vom 5. Febr. 1882en.
§§. 2, 3 und 27, wenigstens ihrem Inhalte nach, enthalten und eingefüünn.

Der Form nach ſind dieſe \definitiven Beſchlüſſe- oder „vertragsmäßigen

Verpflichtungen- weder Bundesbeſschlüſſe (der Bundesakte Art. 4 und 9, Wiee.

ner Schlußakte Art. 7), noch als ſolche, insofern ſie nicht hierzu, wie z. B. -
Art. 3 –~.14 und Art. 42 ~ 56 ausdrücklich von und an dem Bundestage
erhoben worden find, in Sach ſen von ver Regierung bekannt gemacht (Verfaſe

sungsurkunde vom 4. Sept. 1831, g. 89]), noch haben ſie vaher ſchon deßhal.

irgend welche gesegliche oder verbindliche Kraft für das sächſiſche Bolk sowohl :
( U für deen R gerun§. ide Verträge können ſie weder überhaupt angh

sehen noch als gültig betrachtet werden und die sächsische Regierung binden, wel

ihr Inhalt nicht völkerrechtliche, vielmehr innere ftaatsrechtliche Gegenſtände und
Verhältnisse der r-selbſtſtändigen und unabhängigen-- deutſchen Staaten, auch

§s Loue: mieze Art. 2, Schlußakte Art. 1 ~ 3, VerfaſſunggeaeeSn. -
kunde g. 4) betrifft.

. Auch ſchon ihrer äußern Form nach hätten jene geheimen Beſchlüſſe den
Wiener Conferenz von 1834 nur in einer Plenarverſammlung des Bundes und
auch in dieſer ſowohl als abgesehen hiervon auch wenn ſie im engern Rathe
gefaßt worden wären, jedenfalls nur mit Einwilligung aller Mitglieder deſ-
ſelben Cnicht durch Stimmenmehrheit) zu Stande kommen können, weil sie min-
deſtens besondere Sonderrechte ber einzelnen Staaten (jura singulorum) und
weil sie ſtaatsrechtliche Verfaſſungs - und Berwaltungsrechte der deutſchen ſelbfi-
ftändigen Staaten berühren, ganz neue Grundgesetze und organische Einrichtun-
gen des Bundes enthalten und die Grundgeſete des deutschen Bundes authen-
tiſch auslegen. (Bunbesacle Art. 6 und 7, und Wiener Schlußacte Art. 15.2)

Aber auch selbſt dann, auch als förmliche Bundesbeschlüſſke würden die ge-
heimen Beſchlüſſe der Wiener Conferenz rechtsungültig sein. ;

“ Zuvörderſt hon deßhalb, weil ſte (auch Art. 59, 60) die Selbſiſtändigken.

der deutschen Staaten sogar im Innern und nach Innen, die (innern) Verfaſ- -
ſungen derselben, wie die Verfaſſungsrechte der Landſtände und Staatsbürger

nicht vermehren und erweitern, sondern beschränken und beinträchtigen, ue zun
ohne alles Wiſſen und Einwilligen derselben. (Verfaſſungsurkunde, §§. 78, 79,
' : 83, £5, 86, 96, 97, 100, 101, 103, 104, 109, 135 und 136.)
_ Diese geheimen Beſchlüſſe der Wiener Conferenz erregten nicht nur in

Sodann verletzten die Conferenzbesſchlüſſe den Geiſt ſowohl als den Buch-
ftaben, die ausdrückliche Zweckbestimmung und Natur und die ausdrücklich feſien
geſtelle Gewalts- und Zuftändigkeitsgrenze der Versammlung des deutſchen,
einen völkerrechtlichen Bund ſelbſtsiäändiger, unter sich, zumal in ihrem Innern
unabkängiger Staaten, nicht einen ftaatsrechtlichen Bundesſtaat bildenden Bun-
hes. . [ Hzitesacte Art. 2, 3, 6 und 7, Schlußakte Art. 1 - 4, 13, 15,
26, 32, 56.) (

Die geheimen Conferenzbeschlüſse machen ferner gegen den Zweck und die Grune.

bedingung des deutschen Bundes, Erhaltung der Unabhängigkeit der einzelnen deut-
schen Staaten den innern Rechtszuſtand, alle wichtigeren innern Verwaltungsse, j!
Verfaſſungs- und Polizeimaßregeln, ferner wenn nicht das Nehmen, doch das

(in ihnen verbotene) Zugeſtehen von Rechten an Unterthanen, die Regierungs-
und Ünterthansrechie bei den Verhandlungen der Landstände und der Regierung
mit ihnen, bei der Gesetzgebung, Steuerbewilligung, den Gerichts- und Er-
ziehungseinrichtungen, die Erfüllung ſtändischer Anträge oder anderer Volks-
wünſche, - über welche 1.ur einer jeden einzelnen Regierung pflichtmäßige eigene
Ueberzeugung, des eignen Volkes Bedürfniß und bie Zeit eniſcheiden soll,



L.. : , mit von auswärtigen Regierungen abhängig und unabänderlich feſt oder ſtabile.
Von jenen geheimen Beſchlüſſen der Wiener Conferenz vom 12. Juni 134

Jene geheimen Beſchlüſſe der Wiener Conferenz kehren endlich den andern
Hauptzweck. des Bundes, die in Bezug auf die einzelnen, in ihm begriffenen,

' Staaten äußere oder völkerrechtliche Sicherung derselben oder der innern (völ-
 
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