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Mannheimer Abendzeitung — 1846

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No. [298] - No. 326 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44008#1303

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Mittwoch, den 25. November _ U uus. .



Abonnement mit vierteljähriger Vorausbezahlung in Mannhei
. 14 - _ Varden halbiäyhrlich 4 fl. 15 kr., im Ausland e
Inserate die geſpaltene Zeile in Petitſchrift oder deren




Comumisſsionsbericht über Abf chaffung des. Mannheimer
. Mehl-Oetroi und Einführung einer Einkommenſteuer.
_ Der hohe Preis des Brodes, welcher voraussichtlich bis zur nächſten Ernte
keine bedeutende Minderung. ja möglich.rweiſe noch eine Steigerung erfahren
"könnle, hat nach vorgängiger öffen!licher Einlabung tine große Anzahl von



bes Meyl-Octrois erzielt werden könnte ? Daß hierdurch nicht allein der unbe-
nmnittelten Klaſſe, sondern auch dem Müitelſtande eine große Erleichterung gewährt
würde, leidet keinen Zweifel. Auch darin wird man einverſlanden ſein, daß
bieſe Avgabe nicht vem allein gerechtn Grundſaße: „Jeder steuere nach
seinen Mitteln., eutſpricht, weil durchgebends der ärmere Theil mehr Brod
verzehrt, als der reichere und darum auch mehr als vieſer an dieſer Steuer
bezahlt, während nach jenem Orundſatße das Verhältniß gerade umgekehrt



qein ſollte. Dagegen wird man auch zugesehen müſſen, daß der Gemeinde-
. haushalt den Ertrag des Mehl-Ociroi ~ welcher ſich im letzten Jahre auf

belief, wovon die Koflen des Erirags mit ki m :

oßtgeher. within verbleiſe.. 1- u und fk 24566. -.

nicht. entbehren kann, ohne die städtischen Finanzen in Verwirru

. Von dieſem Standpunkt aus wird man sich die Frage ſtellen, ob ber durch Auf-

hebung des Octroi eniſtehende Ausfall in anderer Weiſe gedeckt werden kann ?
. . „Das gewöhnliche Deckungsmittel für den Ausfall der Gemeindekaſse iſt die
Umlage auf das Grund-, Häuſer- und Gewerbecapital. Da dieses aber jeyt
ſthon außer der Staatsſteuer mit einer Umlage von 10 bis 12 Kreuzern, das








Häuſerſteuercapital außerdem noch mit der Kriegsſteuer belaſtet iſt, so iſt es

nicht räthlich, abermals 10 bis 12 Kreuzer darauf umzulegeen.

_. Es ſind in der betreffenden Verſammlung mehrere andere Vorschläge z. B.
der einer Verbrauchsſteuer auf Geflügel, Tabale tc. !)c, gemacht worden, welche
jedoch sogleich als unthunlich erkannt wurden. Dagegen hat ver Vorſchlag ,
mwittelſt einer Cinkommenſteuer ven Ausfall zu decken, den Beifall der Versamm-
lung erhalten; es wurde eine Commission zur näheren Prüfung
ren Namen ich nun bie Eyre habe, Ihnen Bericht zu erſtaten.
Unter allen Steuern eniſpricht bie Einkommenfteuer am Meiften dem oben
eftellen Grundſatze, daß jerer nach seinen Mitteln steuern soll; ſie erſchéint

nicht allgemein eingeführt, weil ſie in der erſten Ausſührung großen Schwierig-
keiten unterliegt. Dieſe ſind übrigens nicht unüberſteiglich, wie wir an dem
HVeiſpiel Englands schen. Dort iſt dieſe Steuer seit mehreren Jahren einge-

" en- Was dort möglich und ausführbar war, wicv wohl auch bei uns ausge-
führt werden können. Es kann eine Commißion beſt:[[lt werven, welche das
Einkommen jedes einzelnen Bürgers. abſchägt, wie das quch jetzt ſchon bei den

UVewerbfteuvercapitalien geschieht. Gegen die Abſchätung der Commission kaun

“dem Veiheiligten der Weg der Beſchwerde oder des Recurſes offen gelaſſen wer-

den. Hieraus ſchon geht die Möglichkeit der Einführung dieſer Steuer hervor.
_ Wird ste aber auch ohne zu große Belaſtung der Beſteuerten so viel ab-

ſich nur annähernd beantworten, weil faſt alle Anhaltspunkte zu einer genauen

HVBerechnung fehlen. Wir haben, nach eingezogener Erkunbigung, eine Berech-




nung aufgeſtellt, welche von folgenden Borausſegungen ausgetnn.
. Das Einkommen ſoll mit 1%, beſteuert werden. -
. Einkommen unter fl. 500 ſoll frei seyn. : z:
_ gz. Es werden 12 Klaſſen mit einem Einkommen von fl. 500 bis
_ fl. 20,000 gebildet, und nach einer annähernden Schätzung be-
_ timmt, wie viele Persſonen in jede Klaſſe kommen. _ des L .
er-

Hÿùjierbei haben wir als Reſultat eine Einnahme von fl. 16,

halten. Die Berechnung iſt als Anlage diesem Berichte beigefügt.

_ Wenn wir nun weiter annehmen, daß die Position für Straßenpflaſter,
welche mit fl. 15,000 in das Gemeindebudget aufgenommen iſt, um fl. 5000 ge-

mindert werden könnte, weil die meiſten Straßen schon umgepflaftert ſind, so
wäre wohl der durch Aufhebung des Mehl-Octroi entstehende Ausfall vollftän-

~ dig gedeckt.

_ Ein gesegzliches Hinderniß, eine Einkommenfteuer an die Stelle des Mehl-
Vetroi zu ſetzen, iſt nicht vorhanden. Nur wird nach §. 28 des Gesetzes vom




ù128. Auguſt 1835 erfordert, daß ?, der Gemeindeverſammlung reſp. des großen
U W4gufes tien Leſchluf zuftimmen, und daß derselbe die Genehmigung der
Staalsbehörde erhalte. jr Hoſmuus: §
Etsatztzhe et Vorſtehendem die Möglichkeit nachgewiesen iſt, an die Stelle
des Mehl-Octroi eine Einkommenſteuer einzuführen, ſo erübrigt noch, die Vor-
theile und Nachtheile der beiden Abgaben zu vergleichen, um sich für die Eine
oder die Andere eniſcheiden zu können. Wir haben schon erwähnt, daß das
Mehl-Octroi keineswegs eine gerechte Steuer genannt werden kann, weil dabei nicht
die Mittel des Beitragenden, sondern allein das Bedürfniß des Brods und
Mehls über die Oröße des Beitrags entſcheidet. : u '
_ Wer tine große Familie hat, oder ein Giſchäft betreibt, bei dem er viele
. Perſonen verköſtigen muß , bezahlt eine große Steuer, während Andere, bei de-
uen dieſc Vorqusſetzungen nicht vorhanden sind, wenig bezahlen. Dagegen wird
bei der Cinkommenfteuer Jeder im Verhältniß zu seinen Mitteln beigezogen.
In dieſer Beziehung hat daher der neue Vorschlag einen großen, und wie Ihre

Commiſſion glaubt, einen entſchiedenen Vorzug vor der . beſtehenden. Einrichtung.

DVWird nun auch die Modification, daß bas Einkommen unter 500 fl. steuer-
frei bleibt, angenommen, so wird dadurch auch dem unbemittelteren Theil unserer
Miùitbürger eine namhafte Erleichterung gewährt, welcher jetzt bei dem hohen
Preis der erſten Lebensbedürfniſſe eine besondere Rückſicht verdient. Diejenigen,
welche ein Einkommen von 500-1000 fl. haben, sollen nach unserem Vor-
lage 5 fl. jährlich, mithin so viel zahlen, als ſie bei einem Bedarf von 6

Vaib Brod die Woche bisher zu zahlen hatten, Das Einkommen von 1000~



ng zu bringen.

desselben gewählt,
arum als die gerechteſte unter allen Steuern, und iſt vielleicht nur darum

t, und dagegen sind viele aubere 1heirs aufgehoben, theils vermindert wor- |

werfen, daß der entſtehende Ausfall dadurch gedeckt wird ? Dieſe Frage läßt

m 1 fl. 15 kr., durch die Poft bezogen im ganzen Großherzogthum Un. vaga
rhöht fich vas Abonnement um den Poftauſſchlag. i MV d .
Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzuſennſeen.



Uu



2000 fl. soll nach unſctem Vorschlaze mit 10 fl. 'beſteuert Herder . mithin in
dem Maße, wie bisher bei einem Bedarf von 12 Laib Brod die Woche. Für



| rvug nur in so ferne in Ausſicht, als sein Bedarf 6 und reſp. 12 Lait Brov
| in der Woche überſtiez, Dagegen fällt die Laſt der Beſteuerung hauvtsächlich

im Jahre hat, da dieſe mit 20 fl., 30 fl., 40 fl., bis 200 sl. beſieuert wer-
den ſoll. Der große Zweck der Erleichterung der Unbemittelten und Beſieuerung
der Brmiltelten wird alſo vollſtändig ereten...... .

_ Dagegen dürfen wir nicht verſchweigen, daß durch bieſe Veränderung alle
Nichibürger, voelche hier wohnen oder ſich einige Zeit hier aufhalten, wie z. B.

zur Steuer beigezogen wurden, gänzlich ſteuerfrei werden könnten und daß also
deren bisheriger Beitrag durch die Bürger gedeckt werden müßte.. .
Wir haben nun versucht, zu ermitteln, wie viel eiwa die nichthürgerlichen

| Bewohner unserer Stadt und die Fremden bisher zu dem Mehlociroi vigeira-
gen haben und find zu folgendem Reſultate glſann. .
Die Geſammtheit der Einwohner unserer Stadt berét... ,
näth. der letzten Zählung & . «e + ... + . + . . + 23,488 Perſonn
Rechnen wir für die vorübergehend ſich aufhaltenden Fremben. 512 & _
Y;n;u, ſo erhalten wir in runder zz. _ 24,000 Personen
1 welche zu dem Mehloctroi beitragen. Die Zahl der Bürger beträgt aber nur

| 2050. Rechnet man eine Familie zu 6 Perſonen, ſo würden 15,900 oder in
runder Summe 16,000 Personen zur Bürgerklaſse, dagegen 8000 Personen zu
den fiaalsbürgerlichen Einwohnern und zu deu Fremben zu rechnen ſein. Wenn



bieſer Berechnung ſich ergeben, daß die Nichtbürger bisher "/, des Mehloctro

be!ahlt haben. Die beabſichtigte Veränderung hat darum ven Natchtheil, dap

dieſer Theil der Steuer auf die Bürger übergewält wBxe......
Ihre Commission empfiehlt Ihnen gleichwohl die Annahme ves gemachten

telten Claſſen, nämlich diejenigen, deren Einkommen unter 500 fl. beträgt, gänzlich
fleuerfrei werden, die: Mittelclaſſen aber, nämlich diejenigen, deren Einkommen
zwiſchen 500 fl. und 2000 fl. beträgt, nur in der bisherigen Weiſe beigezogna
zu:: ganze Laft der neuen Steuer würde daher auf die wohlhabenderen
VBürgerklaſsen, deren Einkommen fl. 2000 überſteigt, fallen, gleichwohl kann es



| beſteuert werden, während vie Einkommenſteuer in England 3 pCt. beträsgn.
Es iſt im Schooße der Commiſſion noch die Frage erörtert worden, ob
die ſlaatsbürgerlichen Einwohner nicht zu der Einkommensteuer beigezogen wer-

| den könnten? Da dieſe an die Stelle des Méehl-Octroi treten soll, das Erträge -
niß bieſer Abgabe aber für das Theater beſtimmt iſt, an welchem jeder Einwoh-
ner, sei er Bürger oder nicht, gleichen Antheil nehmen kann, so müßen die da-
durch herbeigeführten Ausgaben auch von allen Einwohnern, seien ſie Bürger
„oder nicht, getragen werden. ! v. _..
Nach §. 30 des Gesetzes vom 28. Auguſt 1835 könnten nun die Ausga-

ben fürs Theater als Socialtaft betrachtet, und daher auf alle diejenigen um-
gelegt werden, welchen dieſe Anftalt zum Nuyen oder zum Vergnügen gereicht.
Es wäre hiernach die Möglichkeit gegeben, auch die ſtaatsbürgerlichen Einwoh-

werden. Immerhin dürfte aber dieſcer Punkt der näheren. Erwägung der Ge-
meindeb.hörde empfohlen werveen. . . „...
. HSeollte es übrigens nicht gelingen, die staatsbürgerlichen Einwohner zu der
Einkommenfteuer beizuziehen, ſo wird der hierdurch entstehende Ausfall von cee
fl. 8000 zum Theil wenigſtens gedeckt durch das Wegfallen der durch die Er-

der. Betheiligten auf 8-9 kr. per Malter. Da die Einnahme der Stadikaſſe
aus. dem Octroi fl. 25,226 im Jahr 1845 betrug, dieses aber 30 kr. per Mal-
ter ausmacht, so folgt daraus ein Verbrauch von 50,452 Malter Mehl per
Jahr. Die tyrch bie Echebung veranlaßten Nebenkoſten zu 9 kr. betragen da-
her fl. 7567 AS kr. L: M (' q
f E. Bäcker, welche außer vem Oktroi auch dieſe Nebenkoſten zahlen, müſ-
sen dieſe durch eine entsprechende Erhöhung des Brodpreiſes wieber zu gewin-
nen suchen. Das Publikum zahlt daher außer dem Oktrenun. '
mit z i [k . e . . © EE . . . ; fl. 25,226. S.
noch weiter

fl. . 7,667. 48. -
alſo. im Ganzen . 11 4F . . . . . . fl. 32,794. 2A.
Das reine Einkommen ver Stadikaſſe beträgt aber nur . fl. 24,666, .
Die Gesauzmterhebungskoſten betragen daher ... . fl. 8,229. 24,
welche bei der Aufhebung des Mehl-Oktroi geſpart werden. Wenn nun einer-
ſeits richtig iſt, daß durch Freilaſſung der staatsbürgerlichen Einwohner und der
üremden, welche /; der Gesammteinwohnerſchaft betragen, den bürgerlichen
Einwohnern eine Laſt von . tu o L s. .. fi. 80002..
zuwächſt, so werden ſie auch erleichtert, durch Wegf
Erhebungskoſten, wovon ſie bisher /, mit "
beitragen mußten , der wirkliche Mehraufwand, den ſie über-
nehmen, beträgt daher nr . . . .. U fle 2514.
Dieser Mehraufwand mag aber größtentheils dadurch ausgeglichen werden,
daß ein großer Theil der nichtbürgerlichen Einwohner wie z. B. der Geſellen,
Dienſltboien, Arbeiter von den Bürgern bisher die Koſt erhielten, und vaher
das Mehl- Octroi, inso
bezahlt würde.

.



; allen dee. .
: , 1 | 3ss86. 1 :

>





weit es solche Perſonen treffen würbe, von den Bürgern

ben Mittelſtand unserer Bürger ſtellt vemnach unser Vorſchlag eine Erleichte-

DHBürgern veranlaßt, darüber in Berathung zu treten, ob uicht die Aufhebung | auf die wohlhabendere Claſſe welche ein Einkommen vou mehr als 2000 fl.

die Staatsdiener, die Fremden, welche bisher, weil ſie Brod verbrauchten, aueh

nun alle Einwohner im Durchſchnitie gleich viel Brod verzehren, ſo würde aus -

îVorſchlags, und zwar darum, weil, wie wir oben gezeigt haben, die unbemtie. |

für diese nicht drückend genannt werden, wenn fie mit 1 pCt. ihres Einkfommeeaen.

ner zu der an die Stelle des Mehl-Octroi tretenden Einkommenſieuer beizuziehen.
| Jedoch müßten wir darauf gefaßt sein,, vaß wir bei der Ausführung auf den

| Wiverſtand der ſtaatsbürgerlichen Einwohner stoßen würdenz auch iſt es zwenn.
felhaft, ob die Staatsbehörden, von deren Anſicht. im Fall einer Meinungs-
verſchiedenheit die Entſcheidung abhängt, die eben entwickelte Meinung theilen -

hebung. des Octroi entſtehenden Nebenkosten. Diese belaufen ſich nach Angaln
 
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